Liebe Stillberaterinnen,
mein Sohn ist 11 Wochen alt, wird voll gestillt und hat seit ein paar Tagen einen sehr dünnen Stuhl. Der Stuhl ist senffarben und ist fast so dünn wie Wasser. Vorher war sein Stuhl zwar auch dünn, allerdings war er etwas flockig. Dazu kommt, dass er jetzt häufiger Stuhlgang hat, etwa viermal täglich, vorher nur etwa einmal täglich. Ist das normal? Oder kann das auch Durchfall sein?
Ich habe noch eine weitere Frage:
Mein Sohn ist eher groß und dünn. Ich habe deshalb meine Hebamme gefragt, ob er wohl genug Milch bekommt, wobei ich eigentlich schon das Gefühl habe, genug Milch zu haben.
Sie hat mir empfohlen, langsam mit Schmelzflocken anzufangen. Auf der Packung steht allerdings als Altersempfehlung "nach dem 4. Monat". Meine Hebamme meinte, ich könne die Schmelzflocken trotzdem geben, allerdings eine kleine Menge. Ich habe es bis jetzt noch nicht ausprobiert. Was halten Sie davon?
Ich bedanke mich bereits jetzt für die Antwort!
Liebe Grüße
Josi
von
Josi115
am 29.07.2013, 11:31
Antwort auf:
sehr dünner, häufiger Stuhl
Liebe Josi,
der Muttermilchstuhl kann richtig flüssig sein, das bedeutet noch lange keinen Durchfall. Der Stuhlgang eines voll gestillten Kindes kann in der Farbe von gelb über gelblich grün bist hin zu bräunlich variieren und auch die Konsistenz kann unterschiedlich sein, meist eher flüssig als fest. Sehr oft sieht Muttermilchstuhl aus wie gelber Hüttenkäse. Gelegentliche Schleimbeimengungen können vorkommen und von der Häufigkeit ist alles normal von neun Mal pro Tag bis (nach den ersten Wochen) hin zu alle neun Tage (oder noch länger) einmal. Die Häufigkeit kann sich auch jederzeit und immer wieder verändern.
Durchfall bei einem voll gestillten Kind erkennt man e an den folgenden Anzeichen: mindestens zwölf Stuhlentleerungen innerhalb von 24 Stunden, die deutlich unangenehm riechen und manchmal auch mit Blutspuren durchsetzt sind. Die Stühle sind dann meist sehr wässrig und substanzlos und das Allgemeinbefinden des Kindes ist deutlich beeinträchtigt.
Wenn Ihnen die Gesundheit Ihres Kindes am Herzen liegt, dann lassen Sie die Finger von selbstgekochten Mischungen und vor allem von normaler Kuhmilch, ehe Ihr Kind ein Jahr alt ist.
Als noch keine der heute verfügbaren Muttermilchersatzprodukte erhältlich waren, wurden viele Kinder mit Mischungen aus Schmelzflocken, Tiermilch usw. ernährt, doch das Risiko einer Fehl und Mangelernährung ist bei dieser Ernährungsform sehr hoch und auch das Risiko für die Entwicklung von Allergien und anderen gesundheitlichen Problemen ist deutlich erhöht.
Wenn Ihre Milch für Ihr Kind nicht ausreicht, sollten Sie sich an eine Stillberaterin vor Ort wenden, die mit Ihnen daran arbeitet, Ihre Milchmenge wieder an den Bedarf Ihres Kindes anzupassen.
Ich suche Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus, wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben.
Falls es nicht möglich sein sollte, Ihre Milchmenge entsprechend zu steigern, bleibt als Alternative industriell hergestellte künstliche Säuglingsnahrung Mittel der Wahl, wie es auch von WHO und anerkannten Ernährungsexperten empfohlen wird.
Ich hänge Ihnen noch einen Artikel einer Kollegin an, der sich mit dem Thema eingehend beschäftigt.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
Wenn keine oder nicht genügend Muttermilch zur Verfügung steht
Denise Both, IBCLC
Als Stillberaterinnen ist es unser Ziel, Müttern und Kindern zu einer befriedigenden Stillbeziehung zu verhelfen. Selbstverständlich ist es wünschenswert, dass dabei das volle Stillen des jungen Säuglings erreicht wird, doch nicht immer ist dies möglich und (auch das müssen wir akzeptieren) nicht immer will eine Frau ihr Baby in den ersten sechs Monaten ausschließlich mit Muttermilch ernähren.
Wenn keine oder nicht genügend Muttermilch zur Verfügung steht, welche Nahrung sollte dann für das Kind verwendet werden?
Die WHO und UNICEF listen eine klare Rangfolge der verschiedenen Ernährungsformen für Säuglinge auf:
1. direktes Stillen des Kindes durch die Mutter
2. abgepumpte Milch der eigenen Mutter
3. abgepumpte Milch einer Spenderin
4. künstliche Säuglingsnahrung
Über die ersten beiden Punkte dürfte es keine Diskussionen geben und die an Nummer drei gesetzte Möglichkeit stößt, insbesondere in Deutschland, an Grenzen, da es nur wenige Milchbanken und sicher nicht genügend Spendermilch für alle nicht oder nicht voll gestillten Babys gibt.
Debatten ergeben sich über die vierte Möglichkeit.
Immer wieder wird die Frage gestellt, ob künstliche Säuglingsnahrung nicht durch die Milch anderer Säugelebewesen (Kuh, Schaf, Stute, Ziege) oder sogenannte „Pflanzenmilch" ersetzt werden könne. Weltanschauliche oder finanzielle Gründe oder das diffuse Gefühl dem Kind „keine Chemie" zumuten zu wollen, können hinter dieser Frage stecken. Manche Eltern mit einem Kind mit hoher allergischer Disposition oder bereits nachgewiesener Kuhmilchallergie hoffen auch, auf diese Weise das Allergieproblem umgehen zu können.
Es muss jedoch ganz klar gesagt werden, dass jede Milch einer anderen Art artfremdes Eiweiß enthält und deshalb Allergien hervorrufen kann. Dazu kommt, dass abgesehen davon, dass die Selbstherstellung von Säuglingsmilch generell nicht empfehlenswert ist, gravierende ernährungsphysiologische Argumente gegen die Verwendung dieser Milcharten für Säuglinge sprechen.
Kuhvollmilch
Kuhvollmilch als Alternative zur künstlichen Säuglingsnahrung ist während des gesamten ersten Lebensjahres nicht empfehlenswert. Der hohe Eiweiß und Mineralstoffgehalt führt zu einer erhöhten Belastung der kindlichen Nieren und es fehlen die der künstlichen Säuglingsnahrung zugesetzten Nährstoffe wie z.B. Eisen, Jod und Vitamine. Erhält ein Baby Kuhmilch statt künstlicher Säuglingsnahrung besteht ein erhöhtes Risiko für Eisenmangel und einige Babys haben zudem einen erhöhten Blutverlust über den Darm. Bei Kleinkindern besteht dieses Risiko in der Regel nicht mehr.
Pasteurisierte oder ultrahocherhitzte Kuhvollmilch ist deshalb erst nach dem ersten Geburtstag zu empfehlen. Milch mit verringertem Fettgehalt (fettarme, teilentrahmte oder Magermilch) hat für Säuglinge einen zu geringen Fettgehalt, Rohmilch ist aufgrund der hygienischen Risiken für Säuglinge und Kleinkinder nicht empfehlenswert.
Ziegenmilch
Ziegenmilch ist in Hinblick auf die meisten Nährstoffe der Kuhmilch recht ähnlich. Ein großes Problem besteht jedoch in dem Mangel an Folsäure und Vitamin B12 . Deshalb birgt die Verwendung von Ziegenmilch oder selbst hergestellter Säuglingsnahrung auf der Basis von Ziegenmilch die Gefahr einer Folsäuremangelanämie. Bei einer lakto ovo vegetarischen Ernährung ist Ziegenmilch ebenfalls aufgrund des geringen B12–Gehaltes nicht zu empfehlen.
Zur Vorbeugung oder Behandlung einer Kuhmilchallergie ist Ziegenmilch nicht geeignet, da die Proteinbestandteile von Kuhmilch und Ziegenmilch einander sehr ähnlich sind. Menschen mit einer Kuhmilchallergie reagieren in sehr vielen Fällen auch auf Ziegenmilch mit einer Allergie.
Schafmilch
Schafmilch hat im Verhältnis zum Muttermilch einen deutlich höheren Energie , Eiweiß , Fett und Mineralstoffgehalt. Die Eiweißbestandteile ähneln der von Kuh und Ziegenmilch, so dass Schafmilch nicht zur Allergievorbeugung geeignet ist.
Stutenmilch
Auch wenn Stutenmilch aus ernährungsphysiologischer Sicht der Muttermilch von allen anderen Tiermilchen am ähnlichsten ist, so ist ihre allgemeine Verwendung als Muttermilchersatzprodukt nicht empfehlenswert.
Der niedrige Energiegehalt müsste ausgeglichen werden, der Mineralgehalt ist nicht den Bedürfnissen des Säuglings angepasst und auch hier besteht das Risiko einer schnellen Allergieentwicklung.
„Pflanzenmilch"
Da etwa ein Viertel aller Menschen mit einer Kuhmilchallergie auch auf Sojaeiweiß reagieren, sind Sojanahrungen ebenfalls nur eingeschränkt verwendbar. Die gelegentlich empfohlenen pflanzlichen Zubereitungen wie Mandelmilch, Reismilch, Sesammilch usw. sind genau wie „normale", nicht speziell für Säuglinge hergestellte Sojanahrungen, für Säuglinge nicht geeignet. Ihr Nährstoffgehalt ist nicht auf die Bedürfnisse des Säuglings abgestimmt und aufgrund der geringen biologischen Wertigkeit der Pflanzenproteine sowie des Mangels an bestimmten Mineralien und Vitaminen, kann es zu Wachstums und Entwicklungsstörungen und zum Teil nicht wieder reparablen Mangelerscheinungen kommen.
Grundsätzlich ist industriell hergestellt Säuglingsmilch, HA Nahrung zur Allergieprävention bei entsprechend disponierten Babys oder eine stark hydrolisierte Spezialnahrung bei bereits nachgewiesener Kuhmilcheiweißallergie der Milch anderer Säugelebewesen vorzuziehen.
Zitat aus Manz, F., Kersting, M.: „Die richtige Milch für nicht gestillte Säuglinge", Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund an der Universität Witten/Herdecke:
• „Industrielle Säuglingsmilchnahrung ist während des gesamten ersten Lebensjahres für nicht gestillte Säuglingen zu empfehlen.
• Ein Übergang auf eine Folgenahrung ist nicht zwingend.
• Selbsthergestellte Säuglingsmilch ist heute qualitativ unbefriedigend.
• Jede Art von Tiermilch weist gravierende spezifische Probleme auf
• Milchartige Pflanzennahrungen sind mit Ausnahme spezieller Sojanahrungen für Säuglinge ungeeignet."
Quellen:
• Alexy, U. u. M. Kersting: Ernährung mit Ziegenmilch beim Säugling und Kleinkind. Pädiat. Prax. 55, 227 228(1998/99)
• Elmadfa, I. Aign, W., Muskat, E.,Fritzsche, D.: Die große GU Nährwert Tabelle Neuausgabe 2002/2003
• EU Infobrief Gesundheit 5 (2000) 8 9
• European Society for Paediatric Allergology and Clinical Immunology and the European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition: Dietary products used in infants for treatment and prevention of food allergy. Arch Dis Child 81, 80 84(1999)
• Forschungsinstitut für Kinderernährung: Empfehlungen für die Ernährung von Säuglingen. AID, Bonn, und DGE, Frankfurt (Hrsg.), 2000.
• Forschungsinstitut für Kinderernährung: Empfehlungen für die Ernährung bei Kuhmilcheiweißallergie. Förderergesellschaft Kinderernährung Dortmund 1994
• Lawrence, R.A., Lawrence, R.M.: Breastfeeding: a Guide for the Medical
Profession, 5th ed. 1999
• Madeleyn, R.: Alternative Säuglingsernährung. Monatsschr Kinderheilkd 144, 239 244(1996)
• Manz, F., Kersting, M.: Die richtige Milch für nicht gestillte Säuglinge, Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund an der Universität Witten/Herdecke
• Kinderärztliche Praxis, Sonderheft Säuglingsernährung (2000) 25 29
• Souci, S.W., W. Fachmann u. H. Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Nährwerttabellen, 5. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1994.
UNICEF, Facts for Life – Breastfeeding, 1993
von
Biggi Welter
am 29.07.2013