Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nervlich am Ende

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Nervlich am Ende

Mitglied inaktiv

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Hallo Biggi, ich lese schon seit Tagen die Berichte der Mütter denen es ähnlich geht wie mir, aber leider kann mich das absolut nicht aufbauen. Auch ich habe neben meiner jetzt 8 Wochen alten Tochter, die wahnsinnig unruhig ist, noch einen 3 jährigen zu versorgen und im Moment denke ich, es wächst mir alles über den Kopf. Ich könnte nur noch heulen. Mit meinem Mann zoffe ich mich auch andauernd, aber wirklich nur weil meine Nerven total blank liegen. Ich überlege ob ich abstille und stattdessen lieber die Flasche geben soll, weil zum einen mein Streß ja mit Sicherheit auch auf die Kleine übergeht und zum anderen vermute ich, daß das Stillen auch eine zusätzliche nervliche Belastung ist. Kann das sein? Liebe Grüße Gaby


Biggi Welter

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? Liebe Gaby, also schon rein vom Biologischen her gesehen ist Stillen keine zusätzliche nervliche Belastung, sondern durch den erhöhten Prolaktinspiegel ist die Mutter gelassener, denn Prolaktin wirkt wie ein natürliches Beruhigungsmittel. Das merken viele Frauen nach dem Abstillen, dass sie plötzlich durch die sprichwörtliche „Mücke an der Wand" genervt sind und viel schneller die Geduld verlieren, was sich wiederum mit dem abgesunkenen Prolaktinspiegel erklären lässt. Ich denke auch nicht, dass es wirklich das Stillen ist, was dich stresst, sondern vielmehr die Tatsache, dass Du als Mutter von zwei kleinen Kindern Schwerstarbeit leistest, die noch dazu kaum jemand als solche anerkennt. Du fühlst dich erschöpft und müde und erhoffst dir vom Abstillen eine Erleichterung. Dieser Gedanke liegt bei einer stillenden Frau oft nahe, wird ihr doch von der Gesellschaft ohnehin meist eingeredet, dass das Stillen und vor allem das längere Stillen, eine Frau auslaugt. Doch in Wirklichkeit ist es nicht das Stillen, das die Frau erschöpft, es ist schlicht und ergreifend die Tatsache, dass Du einen der härtesten Berufe der Welt gewählt hast. Mutter sein ist ein 24 Stunden Job, sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr, ohne Urlaubsanspruch. Diese Arbeit ist anstrengend, auch wenn nicht gestillt wird. Im Gegenteil, durch das Stillen bekommt die Frau oft die Gelegenheit, sich auch am Tage einmal hinzulegen oder zumindest sich hinzusetzen, die Füße hoch zu legen und ein paar ruhige Minuten mit dem Kind zu verbringen. Wenn Du für dich davon überzeugt bist, dass Abstillen dein Leben erleichtern wird, dann steh zu dieser Entscheidung und stille ab, doch sei nicht enttäuscht, wenn Du anschließend feststellen musst, dass dein Leben keinen Deut stressfreier geworden ist. Statt nun das Stillen einzuschränken oder gar abzustillen, kannst Du es ja vielleicht mit einem anderen Ansatz versuchen: • nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ... • Vielleicht findest einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinen Kinder zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun. • Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss. • Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. • Eine Möglichkeit für die Nacht ist es, dass statt dir dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedesmal dem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Das Verändern von Ritualen kann helfen. • Schau nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch dein Kind wird älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese „gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken und auch zu einem ruhigen Gespräch und Nähe mit deinem Mann. Vergiss dich selbst nicht: Gönne dir etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Hallo Gabi, nicht das Stillen ist anstrengend sondern das Muttersein. Mein kleiner hatte in den ersten Wochen starke Koliken. Ich war in nur am umhertragen, Wärmeflasche machen und Bäuchlein massieren. Für meine große und den Haushalt hatte ich gar keine Zeit. Das übernahm zum Glück mein Freund. Für die große war es auch eine schwere Zeit. Ich war froh, das sie im Kiga weiterhin ihren normalen Alltag hatte. Geht dein großer schon in den Kiga? Hast du vielleicht nicht jemanden (Papa, Oma, Freunden) der sich um den großen und den Haushalt kümmern können? Es wird besser, glaube mir. Ich habe jetzt sogar wieder Zeit, mir meiner Tochter jeden Abend 1 Std. zu spielen, lesen,... Ich stille den kleinen so zwischen 6 und 7 und dann lege ich ihn ihn sein Bettchen (Babybalkon). Dann gehe ich mit der großen ins Bett. Wir spielen und ich lese was vor. Der kleine sieht und hört mich und schläft dabei ein. Wenn ich mit der großen ausgiebig gekuschelt habe, geht sie in ihr Bett schlafen. Das klappt ganz gut. In dieser anstrengenden Zeit ist stillen eher eine Erleichterung. Nachts hast du mehr Schlaf, da du die kleine im Halbschlaf stillen kannst. Ansonsten müßtest du das Fläschen fertig machen. Bist dann schon ganz wach. Die kleine schreit. Der große wird davon warscheinlich wach.... Tagsüber geht das "füttern" auch viel schneller. Vor allem, wenn sie älter ist. Mein kleiner trinkt z.B. nur 5- 10 Min.. So hast du mehr Zeit für den großen und den Haushalt. Ich hoffe , dass dich das jetzt mehr aufgebaut hat.


Mitglied inaktiv

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Gabi, es ist die Aufgabe als Mutter, die so an einem zehrt, einen streitlustig, müde und erschöpft macht, nicht das Stillen. Auch wenn es jeder auf das Stillen schiebt. Natürlich kannst du abstillen, aber das wird nicht die Lösung Deiner Probleme sein. Das Kind wird deswegen nicht ruhiger, Dein Mann wird deswegen nicht friedfertiger, Du auch nicht, und Du hast zusätzlich zu all dem, was Dich erschöpft, auch noch Flaschennahrung zu kaufen, heimzutragen, zuzubereiten, Flasche zu geben, zu sterilisieren. Da ist Stillen einfacher, billiger und praktischer. Denk mal drüber nach, was wirklich anstrengend für Dich ist: das Stillen? Oder das Muttersein? Ich persönlich arbeite und hab ein Baby, und einen Mann, der auch oft müde ist, und bei all dem und all der Erschöpfung, die ich kenne und dir KOMPLETT nachfühlen kann, finde ich das Stillen immer noch zeitsparend und eher energie-spendend. Deine Tochter ist noch so klein... vielleicht hilft Dir das, herauszufinden, wo wirklich die Ursache ist. Wir sind immr geneigt, alles aufs Stillen zu schieben, aber nochmal: das Abstillen wird Deine Probleme nicht lösen... halt durch, Deine Kleine ist bald aus dem Wachstumsschub raus und aus den schwierigen 3 Anfangsmonaten, und dann wirst Du sehen, wieviel Vorteile Dir das Stillen bietet. Und die 80 Euro im Monat und ca. 1000 Euro im Jahr, die könnt Ihr sichelich auch besser brauchen... aufmunternde Grüße von Doro


Mitglied inaktiv

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Hallo, nachdem ich Eure Meinungen gelesen habe, werde ich nun doch weiter durchhalten. Vielen Dank. Alles Gute für Euch. Tschüss Gaby


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