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Nächtliches Stillen und das schwierige Einschlafen danach

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Nächtliches Stillen und das schwierige Einschlafen danach

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Hallo, mein Sohn ist 8 Wochen alt (geboren 27.03.), allerdings 4 Wochen (in der 36. SSW) zu früh geboren. Ich stille ihn voll und es klappt auch sehr gut ... Milch ist genug da und der kleine Mann nimmt gut zu. Tagsüber ist er nach dem Stillen (pro Seite ca. 15-20 Minuten, ich wickle ihn dazwischen) auch mehr oder minder ruhig und schläft zwischen den Mahlzeiten 3-4 Stunden. Die erste Nachthälfte hat er auch schon mal 5 bis 5 1/2 Std. durchgehalten. Aber dann ... nach dem Stillen nachts ist er hellwach (man hört und liest immer, daß besonders die ganz Kleinen beim Stillen in Mutters Arm einschlafen ...) und will partout nicht von der Brust. Ich bin dann meistens schon eine knappe Stunde (OHNE Wickeln) mit ihm beschäftigt und er will nicht wieder einschlafen. Das Schlimmste, er schreit wie am Spieß, bekommt ein regelrechten Tobsuchtsanfall (wenn so Kleine das schon können?) und es läßt oft nur nach, wenn mein Mann ihn nimmt (weil er dann die Brust nicht mehr direkt vor der Nase hat??). Letztendlich wollen wir es so aber gar nicht. Mein Mann muß um 6.00 Uhr früh aufstehen und sollte sich eigentlich nachts nicht um Tim kümmern müßen. Außerdem möchten wir ihn auch gerne an sein eigenes Bett gewöhnen, was aber überhaupt nicht klappt. Gestern Nacht haben wir es mal ausgetestet, wer den längeren Atem hat: ich stillte zwischen zwöf und eins, legte ihn dann in sein Bett (in unserem Zimmer) und er brüllte los. Ich dachte, er weint sich in den Schlaf, aber so ging es -mit Unterbrechungen- 2 Stunden, bis ich ihn um 3 Uhr wieder stillte. Danach ein zweiter Versuch, wieder nichts. Er schlief dann bei uns weiter, damit wir überhaupt etwas Schlaf bekamen. Was ist das Problem?? Was ist Ihr Tipp?? Ist er noch zu klein, um zu Lernen, daß er in seinem eigenen Bett schlafen soll? Warum ist er nachts so hellwach nach dem Stillen? Vielen Dank für die Hilfe, Dörte


Biggi Welter

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? Liebe Dörte, Ihr Baby bekommt keinen Tobsuchtsanfall, es ist verzweifelt. Es ist auch sinnlos zu testen, „wer den längeren Atem hat", denn Ihr Kind ist noch viel zu klein um logisch oder gar vorausschauend zu denken. Es hat auch noch keinerlei Zeitgefühl. Wenn Sie es weinen lassen, dann empfindet es lediglich: ich bin allein - Hilfe - ich bin alleine komplett hilflos - ich habe Angst - HILFE. Es weint, weil dies die einzige Möglichkeit ist, sich bemerkbar zu machen und damit sein Überleben zu sichern. Ihr Baby weiß nicht, dass ihm alleine in seinem Bett keine Gefahr durch wilde Tiere droht, doch genau dieses „Programm" ist in seinem Gehirn abgespeichert, wie dies seit Urzeiten bei Babys der Fall ist: alleine sein bedeutet Lebensgefahr. Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ein Baby weint, wenn es abgelegt wird. Je nach Temperament wird das Kind, das alleine liegen muss, früher oder später resignieren und erschöpft aufhören zu weinen, wahrscheinlich auch vor Erschöpfung einschlafen. Doch dieses Einschlafen bedeutet nicht, dass das Kind „einsichtig" geworden ist, sondern lediglich, dass es nicht mehr konnte. Versuchen Sie einmal Ihr Kind nach dem Einschlafen nicht mehr umzubetten. Das bedeutet, dass Sie sich mit ihm hinlegen, so dass es nach dem Einschlafen liegen bleiben kann. Es kann sein, dass Ihr Baby einfach deshalb wach wird, weil es durch die Lageveränderung von senkrecht zu waagerecht geweckt wird. Eine solche Lageveränderung reizt das Gleichgewichtsorgan im Ohr und kann dazu führen, dass das Baby aufwacht. Wenn es also liegend (an der Brust) einschläft, fällt die Lageveränderung weg. Möglicherweise wird es auch wach, weil das Bett kälter ist als der Körper von Mutter oder Vater. Diese Temperaturunterschiede können ebenfalls zum Aufwachen führen. Hier hilft es, sie in eine Decke zu wickeln und in die Decke eingewickelt hinzulegen. Dass sich Ihr Baby bei Ihrem Mann beruhigt hat, liegt höchstwahrscheinlich daran, dass der Wechsel in die Arme des nicht ganz so aufgeregten Vaters dem Kind Ruhe vermittelt hat. Wenn ein Baby lange und anhaltend weint, ist die Mutter oft selbst am Rande der Verzweiflung und unruhig. Diese Unruhe überträgt sich auf das Kind und so entsteht ein Kreislauf der Unruhe, aus dem beide nicht mehr ausbrechen können. Eine andere Person, die noch nicht so unruhig ist, kann in diesem Moment extrem hilfreich sein, um den Kreislauf zu durchbrechen und das Kind zu beruhigen. Es dauert auch eine ganze Weile, bis ein Baby den Unterschied zwischen Tag und Nacht erkannt hat. Sie können Ihr Kind unterstützen, indem Sie für es klare Unterschiede zwischen Tag und Nacht machen. Dazu gehört, dass die nächtlichen Stillzeiten ganz ruhig verlaufen, nicht gespielt sondern nur beruhigend und leise gesprochen wird, kein Licht oder allenfalls eine kleine Nachtlampe, Wickeln nur, wenn es absolut nicht zu umgehen ist. Am Tag dagegen ist alles „aktiver" und allmählich wird sich auch Ihr Baby daran gewöhnen, dass die Nacht der ruhigere Teil des Tages sein sollte. So kleine Babys wollen durchschnittlich zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an die Brust. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Dabei ist es nun nicht unbedingt immer so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys und vor allem am späten Nachmittag und abend kommt es verstärkt zu solchen Cluster-Phasen. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Der Alltag und die Nächte mit kleinen Babys können sehr anstrengend sein, doch beide - Eltern und Baby - brauchen einfach Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen. Lassen Sie sich diese Zeit. In einem amerikanischen Buch über die Entwicklung von Kindern (Aldrich: „Babys are Human Beeings"‘) habe ich einmal den wichtigen Satz gefunden „Damit Kinder sich gut entwickeln können, sind liebevolle Fürsorge und ein beständiges, direktes Eingehen auf ihre Bedürfnisse so ausgesprochen wichtig". Das steht zwar manchmal im Widerspruch zu unserem „modernen, westlichen" Lebensstil, aber es zahlt sich langfristig aus. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens „Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga, jeder LLL-Stillberaterin und im Stillshop auf dieser Seite bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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