Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Handlutschen - Hunger o. Saugbedürfnis u. a. ? (lang)

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Frage: Handlutschen - Hunger o. Saugbedürfnis u. a. ? (lang)

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Hallo, ich habe mal ein paar Fragen: 1. Unser Sohn (6 Wochen) lutscht manchmal nach dem Stillen an den Fingern. Hat er dann noch Hunger oder nur das Saugbedürfnis? Ich weiß nicht so recht, wie ich das interpretieren soll und ob ich ihm weiterhin die (ausgetrunkene) Brust oder den Schnuller geben soll. 2. Ich würde auch gerne meine Milchproduktion steigern, da ich für den Fall, daß ich mal einen Termin habe und ihn nicht stillen kann, abpumpen. Nun habe ich vor ein paar Tagen bereits abgepumpt mit dem Ergebnis, daß die Brustwarzen weh taten. Als ich gepumpt habe, habe ich nicht (!!!) über den Schmerz gepumpt. Durch das Pumpen wird ja auch die Milchproduktion angeregt. Nach ungefähr wieviel Tagen kann ich damit rechnen, daß ich neben dem Stillen genug Milch zum Abpumpen haben werde? Zur Zeit pumpe ich nicht ab, weil die Brustwarzen weh taten. Und wann ist der beste Zeitpunkt zum Abpumpen? Vor, nach oder zwischen den Stillmahlzeiten? Was kann ich außer öfter anlegen und Milchbildungstee trinken für die Milchproduktion noch tun? 3. Irgendwie weiß ich manchmal nicht, wenn er schreit, ob er Hunger hat oder einfach nur weinen möchte, um Erlebtes zu verarbeiten. Kann das irgendwie festgestellt werden? 4. Kann mein Sohn sich "übertrinken"? Heute abend hat er geschrien, wie er nicht immer schreit, wenn er weinen will. Sein Stuhl war flüssig braun, und nicht goldgelb wie sonst. Dann habe ich ihm 150 ml Fencheltee gegeben - ca. 1 Stunde, nachdem ich ihn gestillt habe. Dann ist er eingeschlafen. Nun ist er wieder aufgewacht und hat geschrien (ca. 1 Stunde später). Ich habe ihn angelegt. Eine Brust hat ihm nicht gereicht (er ist eingeschlafen, nach dem Aufwachen hat er an der Hand gelutscht). Dann habe ich ihm die zweite Brust gegeben (dort ist er auch wieder eingeschlafen), die er auch gierig leer getrunken hat. Meine eigentliche Frage ist, ob ich ihm noch einmal hätte Tee machen sollen, da er alles ausgetrunken und es ihm offenbar nicht gereicht hat. Andersrum möchte ich auch nicht, daß er evtl. spuckt. Oder soll ganz und gar auf Tee, auch bei Durchfall, verzichtet und nur gestillt werden? 5. Was kann ich machen, wenn ich das Gefühl habe, daß ihm die Milchmenge beider Seiten nicht reichen? An der einen Brust nuckeln lassen, bis er einschläft oder etwas (Tee) dazu geben? Vielleicht könnten Sie mir diese Fragen beantworten? Gruss Tina


Biggi Welter

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? Liebe Tina, das sind ja sehr viele Fragen und ich habe den Eindruck, dass sich dahinter noch eine ganze Reihe weiterer Fragen und Verunsicherungen verbergen. Zunächst einmal braucht Ihr Kind keinen Tee, auch nicht wenn es heiß ist und auch nicht wenn es Durchfall hat (dann ist Stillen im Allgemeinen Mittel der ersten Wahl und nur in Absprache mit der Kinderärztin/arzt kann bei Bedarf zusätzlich eine Elektrolytlösung gegeben werden). Muttermilch enthält alles, was ein Baby in den ersten sechs Monaten braucht und Flüssigkeitsmangel bei einem voll gestillten Baby entsteht allenfalls, wenn das Kind krank ist (Erbrechen/Durchfall) oder wenn es nicht nach Bedarf gestillt wird und damit zu selten an der Brust trinken darf. Die Gabe von Tee ist auch mehr als überflüssig. Alle Flüssigkeit, die ein voll gestilltes Baby braucht, bekommt es an der Brust (auch bei heißem Wetter, Beduinenfrauen geben auch weder Tee noch Wasser). Eine Studie in den Tropen ergab sogar, dass vollgestillte Kinder mehr Flüssigkeit aufnahmen als die Kinder, die zusätzliche Flüssigkeit bekamen (Sachdev, Krishna, Puri et al., 1991). Ein gesundes, voll gestilltes Kind braucht keinen Tee (und wenn es welchen bekommt, dann ist es nicht mehr voll gestillt). Tee ist ein Arzneimittel und ein gesundes Kind braucht keine Medikamente. Tee kann nicht nur unerwartete Nebenwirkungen mit sich bringen. Da Tees nun einmal eine Arzneiwirkung haben, haben sie auch Nebenwirkungen (der bei uns für Babys so beliebte Fenchel kann bei manchen Kinder Bauchprobleme sogar verstärken). Dazu kommt, dass die Gabe von zu Problemen wie Gedeihstörungen (das Baby erhält eine kalorienarme oder kalorienfreie Flüssigkeit, die den Magen füllt und so verhindern kann, dass es oft genug an der Brust trinkt) oder auch Saugverwirrung (wenn der Tee mit der Flasche gegeben wird) führen und sogar das Abstillen einleiten kann. Auch bei Durchfall oder Erbrechen sollte bei gestillten Kindern nicht die berühmte Teepause eingehalten werden, sondern weiterhin (ausschließlich) gestillt werden. Gelegentlich kann es notwendig sein zusätzlich eine orale Rehydrationslösung zu geben, um zu verhindern, dass die Kinder austrocknen, das muss aber eine Ärztin/Arzt entscheiden. Es ist daher sinnvoll, dass Sie auf den Tee verzichten. Auch wenn ein Baby an seinen Fingern saugt, heißt das nicht zwingend das es Hunger hat. Anhaltspunkte dafür, wann ein Kind das Bedürfnis nach der Brust hat, sind die Hungerzeichen. Weinen ist das letzte einer ganzen Reihe von Hungerzeichen und es sollte nicht so lange gewartet werden, bis das Baby weint. Sinnvoll ist es bereits auf die frühen Hungerzeichen zu reagieren, damit das Kind gar nicht erst so aufgewühlt ist. Hungerzeichen sind: • saugende Bewegungen • Sauggeräusche • Lecken an den Lippen • die Zunge herausstrecken • Schnelle Bewegungen der Augen • Hin- und Herdrehen des Kopfes (Suchbewegungen) • Ruhelosigkeit Nach den ersten vier Wochen ist es kein verlässliches Hungerzeichen mehr, wenn das Kind seine Finger oder Hand in den Mund zu stecken. Es beginnt dann sich selbst und seine Umgebung wahrzunehmen und zu erforschen und der Mund ist ein ganz wichtiges Organ, wenn es um das Erforschen und Begreifen geht. Es ist auch nicht ungewöhnlich, wenn ein Baby mindestens alle zwei Stunden gestillt werden will. So kleine Babys wollen im Schnitt mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an die Brust. Ehe Sie sich jetzt also zu große Gedanken machen, schauen Sie sich Ihr Kind einmal in Hinblick auf die Anzeichen für ein gut gedeihendes Baby an: • mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, können Sie sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). • in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) • eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht (mit zunehmendem Alter verringert sich die durchschnittliche Gewichtszunahme), • eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, • Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs • ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Sind diese Punkte alle erfüllt? Dann gedeiht Ihr Baby gut und bekommt auch die Milch. Sollten diese Punkte wider Erwarten nicht erfüllt sein, dann wenden Sie sich bitte an eine Stillberaterin in Ihrer Nähe und an Ihre Kinderärztin/arzt. Die Stillberaterin kann Ihnen gezielte Tipps geben, wie Sie Ihr Baby zu besserem Trinken an der Brust anregen können, falls dies notwendig sein sollte. Bedenken Sie jedoch immer, dass Stillen auch weit mehr als nur Ernährung ist. Generell sollte keine Frau eine Pumpe in die Hand nehmen, ohne dass sie eine ausführliche Pumpberatung erhalten hat. Pumpen muss gelernt und geübt werden und dann kommt es auch noch auf die verwendete Pumpe an, denn da gibt es sehr große Unterschiede. Wenn beim Pumpen oder danach Schmerzen auftreten, dann läuft etwas falsch! Auch hier kann ich Ihnen nur dringend raten, sich an eine Kollegin vor Ort zu wenden, die mit Ihnen bespricht, welche Pumpe für Sie sinnvoll ist und wie Sie damit umgehen. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Seien Sie bitte vorsichtig mit dem Schnuller. Es ist nicht das Baby, das den Schnuller braucht, sondern es sind die Eltern und das sollte sich jede Mutter und jeder Vater bewusst machen. Beim Schnuller handelt es sich um nichts anderes als um eine Brustattrappe, eine Kopie. Und nun ist es eben so, dass eine Kopie nie wirklich das Original vollständig erreicht und das gilt auch und besonders für den Schnuller. Diese Attrappe kann manchmal sinnvoll und hilfreich sein, wenn sie überlegt und wohl dosiert eingesetzt wird. Aber Eltern sollten sich auch der Nebenwirkungen des Schnullers bewusst sein: • Schnuller sind künstliche Sauger und können beim Baby zum falschen Saugen an der Brust führen. Diese sogenannte Saugverwirrung kann ernsthafte Stillprobleme nach sich ziehen. • Durch Schnuller wird die Zeit, die das Baby an der Brust der Mutter verbringt eingeschränkt, was die Milchbildung der Mutter negativ beeinflussen kann. • Kinder ohne Schnuller erkranken seltener an Mittelohrentzündungen. • Schnullergebrauch kann Kieferfehlstellungen begünstigen. • Schnullergebrauch kann zu einer ungünstigen Mundatmung führen. Eine offene Mundatmung führt zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und kann Haltungsprobleme begünstigen. • Kinder, die einen Schnuller hatten, brauchen häufiger eine logopädische Behandlung Ein Aspekt, der auch nicht zu vernachlässigen ist, ist, dass Eltern dem Kind den Schnuller zunächst angewöhnen und dann (nach einer mehr oder weniger langen Zeit) wieder abgewöhnen. Das Abgewöhnen des Schnullers kann sehr nervenaufreibend für alle Beteiligten sein. Ein „schnullerabhängiges" Kind kann in der Nacht sehr oft die Eltern aus dem Bett springen lassen, weil es zum Wiedereinschlafen oder Weiterschlafen den Schnuller braucht und ihn alleine nicht findet. Saugen kann ein Kind an der Brust, am Finger (entweder der eigene oder der von Mutter oder Vater), an einem Kuscheltuch oder auch an einem Schmusetier. Nun hoffe ich, dass Sie der lange Text nicht erschlagen hat und kann Ihnen wirklich nur wärmstens ans Herz legen, sich zu trauen und eine Stillberaterin in Ihrer Nähe zu kontaktieren und auch Stillgruppentreffen zu besuchen. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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