Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Gelenkschmerzen/Voltaren

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Gelenkschmerzen/Voltaren

Mitglied inaktiv

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Hallo, Biggi! Heute habe ich mich wieder mal über stillunfreundliche Ärzte geärgert. Anfang und Ende Dezember und noch mal Silvester habe ich mir das Knie "vertreten" und in der Folge heftige Schmerzen gehabt, so daß ich nicht laufen konnte und Neujahr zur Notfallambulanz gefahren bin. Dort war kein Orthopäde greifbar; die Ärztin verwies mich daher an einen O. und hat mir einen Salbenverband mit Voltaren angelegt sowie Diclofenac als Schmerz- und entzündungshemmendes Mittel verschrieben. Ich hatte sie auf das Stillen hingewiesen und sie hatte extra nachgeschaut und meinte, ich könnte das nehmen. Heute habe ich einen Orthopäden aufgesucht. Es handelt sich scheinbar nur um eine Sehnenzerrung (aber wohl die dritte innerhalb von wenigen Wochen). Ich bekam einen Teersalbenverband und sollte eine Salbe verschrieben bekommen. (Mein Baby hatte ich dabei.) Der Arzt wollte schon wieder zur Tür raus, als ich ihn fragte, ob das Stillen mit den häufigen Knieproblemen zu tun haben könnte und ob ich irgendetwas vorbeugend / zur Stützung tun könnte. Er meinte nur "Sie stillen noch? Dann können Sie die Salbe nicht nehmen." Ich fragte nach Alternativen und er meinte, wenn es wirkt, geht es auch in die Muttermilch über, wenn es nicht wirkt/übergeht, bräuchte ich es nicht zu nehmen. In der Stillzeit würde er keine antirheumatischen, entzündungshemmenden Mittel anwenden. Ich hätte auch Voltaren nicht bekommen dürfen, weil das bei Patienten unter 16 Jahren (damit auch bei stillenden Müttern) nicht angewendet werden dürfe. Teersalbe sei wiederum "ein reines Naturprodukt" und daher unbedenklich (?!)- Und weg war er. Natürlich hat mich das verunsichert. Sind seine Aussagen so richtig? Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine einmalige Anwendung der Salbe Voltaren am Knie schon schädlich für mein Kind gewesen sein kann - oder vielleicht doch? Darf ich tatsächlich keine Medikamente aus der Gruppe der Antirheumatika etc. nehmen, solange ich stille? (Das erste Kind habe ich ja dreieinhalb Jahre gestillt.) Kann es sein, daß das Stillen mitverantwortlich für die "schwächliche" Situation meines Knies ist? (Hormonelle Lage, Schwächung der Bänder/Sehnen?) Ich bedanke mich im voraus für Deine Antwort! Herzliche Grüße und ein gesundes, glückliches neues Jahr für Dich und Deine Familie Oda


Biggi Welter

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? Liebe Oda, auch dir und deiner Familie ein zufriedenes Neues Jahr. Das Stillen ist sicher nicht für deine Zerrung verantwortlich zu machen, es ist schließlich auch nicht dafür verantwortlich, wenn Du beim Schlittschuhlaufen auf dem Eis ausrutschst, auch wenn es Menschen geben wird, die da einen Zusammenhang konstruieren würden. Die Behauptung, dass es keine stillverträglichen Antirheumatika gibt ist ebenso falsch, wie die pauschale Behauptung dass ein „Naturprodukt" bedenkenlos verwendet werden kann. Ich zitiere dir hierzu aus „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Spielmann, Schaefer, 6. Auflage, 2001: „Erfahrungen. Die Gruppe der Säureantiphlogistika weist aufgrund ihrer Azidität und ihrer hohen Plasmaeiweißbindung (bis 99 %) nur sehr niedrige M/P-Quotienten von deutlich unter 1 auf. ... DICLOFENAC (z.B. Diclo-Wolff, Voltaren) und Flufenaminsäure haben ebenfalls kurze Halbwertszeiten. Die in die Muttermilch übergehende Menge ist anscheinend minimal, bei Flufenamin sind es maximal 0,2 % (Buchanan 1969 A). Die Bedeutung aktiver Metaboliten des Diclofenac ungeklärt. IBUPROFEN hat eine Halbwertszeit von nur zwei Stunden. Bei therapeutischer Gabe von 800 bis 1600 mg/Tag konnte es in der Muttermilch nicht nachgewiesen werden. Über Nebenwirkungen wurde nichts berichtet. Empfehlung für die Praxis. Unter den nichtsteroidalen Antirheumatika sind in der Stillzeit die Säureanitphlogistika Ibuprofen und Flurbiprofen Mittel der Wahl. Bei gelegentlicher Einnahme zulässig erscheinen Azapropazon, Diclofenac und Flufenaminsäure." Vor der Verwendung von Steinkohlenteer wird in der Stillzeit hingegen abgeraten. Auch hier das Zitat aus o.g. Quelle: „eine systemische Therapie mit Retinoiden sollte während der Stillzeit aufgrund des toxischen Potentials und der langen Halbwertszeiten unterbleiben. Gleiches gilt aufgrund des mutagenen und und kanzerogenen Potential für die äußerliche Anwendung von Steinkohlenteerpräparaten. Einzelne Dosen erfordern keine Einschränkung des Stillens." Vielleicht suchst Du dir doch einen anderen Orthopäden, der genau nachliest oder sich erkundigt, wenn es um Medikamente in der Stillzeit geht. Gute Besserung und LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Liebe Oda, fachlich kann ich Dir keinerlei Auskunft geben... aber etwas psychologisches mit auf den Weg.... Für uns alle ist das Stillen leider (auch bei vielen Langzeitstillenden) nichts mehr absolut selbstverständliches und normales, so dass wir, wenn irgendetwas ist, dauernd an das Stillen als Ursache denken. Das geht mir auch so, und jedes Mal, wenn ich mich dabei ertappe, dann lese ich die Worte von Jack Newman (kanad. Kinderarzt und Stillspezialist), der das meiner Ansicht nach am treffendsten ausgedrückt hat: "Dem Stillen wird die Schuld an allem gegeben Richtig! Die Familienmitglieder, das Gesundheitspersonal, Nachbarn, Freunde und Taxifahrer werden dem Stillen die Schuld geben, wenn die Mutter muede, nervoes, weinerlich oder krank ist, wenn ihr die Knie wehtun, wenn sie schlecht schlaeft, wenn sie immer schlaefrig ist, wenn sie ein Schwindelgefuehl hat, blutarm ist, wenn sich ihre alte Gelenkentzuendung (Migraene oder irgendein anderes chronisches Problem) wieder bemerkbar macht, wenn sie sich ueber Haarausfall beschwert, ihre Sehfaehigkeit zurueckgeht, wenn sie Ohrensausen oder Hautjucken hat. Dem Stillen wird die Schuld gegeben, wenn es Eheprobleme gibt oder wenn die anderen Kinder sich nicht gut benehmen. Stillen ist Schuld daran, wenn die Hypothekenrate hinaufschnellt und die Oekonomie hinuntergeht. Und wenn auch immer etwas eintrifft, dass nicht in das Bilderbuchleben hineinpasst, dann wird der Mutter von jedermann geraten, dass es besser sei, mit dem Stillen aufzuhoeren." (Quelle: www.uebersstillen.org) Das zeigt mir persönlich dann immer, dass wir alle leider dazu neigen, eine Ursache immer im Stillen zu suchen. Die Natur hat das Stillen so unglaublich intelligent und sensibel angelegt, dass ich mir jedenfalls nicht vorstellen kann, dass es solche Auswirkungen auf die stillende Mutter haben kann - das wäre ein Widerspruch an sich. (Bis darauf, dass man natürlich auf sich achten, genügend trinken und vernünftig essen soll, aber das soll man auch als nichtstillender Mensch). Dies vielleicht als kleiner Gedanke von mir Liebe Grüße von Doro


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