Einschlafstillen, schlechtes einschlafen abends

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Einschlafstillen, schlechtes einschlafen abends

Hallo, meine Tochte ist 12 Monate alt. Seit einiger Zeit schläft sie trotz des abendlichen Einschlafstillens nicht ein. Sie scheint aber hundemüde. Woran kann das Liegen? Manchmal lege ich sie drei mal im Zeitraum von 1,5 Stunden an, bis sie endlich einschläft. Außerdem stille ich nachts noch 6 - 7 mal. Ich möchte es aber jetzt aufgeben, weil das Stillen für mich sehr unangenehm ist. Ich wollte es meiner Tochter zuliebe noch weitermachen, aber ich empfinde es als so unangenehm und es macht mich total nervös. Vor allem nuckelt sie nur noch und trinkt gar nicht mehr. Bis vor einer Woche hat sie immer 5 Min. getrunken und dann weitergeschlafen. Jetzt ist sie nach 10 minuten nuckeln noch nicht zufrieden. Was würden sie mir raten? Vielen Dank schonmal.

von firley am 11.05.2011, 11:46



Antwort auf: Einschlafstillen, schlechtes einschlafen abends

Liebe firley, zunächst einmal möchte ich dich beruhigen: Es ist nicht schlimm, und schon gar nicht ein "Versagen" deinerseits, dass deine Tochter noch nicht alleine ein- und durchschlafen mag. Ganz im Gegenteil: DIESES Verhalten ist das normale, will heißen, so hat die Natur es vorgesehen, so entspricht es der Natur eines Menschenjungen. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann wissen wir, dass es sich ein Urmensch und auch heute noch Menschen, die nicht so komfortabel wie wir in einem fest gemauerten Haus in "zivilisierter" Umgebung wohnen, nie leisten konnten und könnten, ihr Kind einfach "wach" irgendwo hinzulegen, damit es alleine schläft. Das Risiko, dann innerhalb von kürzester Zeit den Verlust eines Kindes betrauern zu müssen ist da viel zu groß. Der Punkt ist der, dass Babys und Kleinkinder ganz gleich was alle diesen Bücher und Hochglanzbroschüren sagen nicht dazu gedacht sind, alleine (ein)zuschlafen. Für ein Baby ist es absolut normal, dass es in den Armen und an der Brust der Mutter einschläft. "Emanzipierte" Babys sind in der Evolution noch nicht vorgesehen und da unsere Kinder mit der gleichen genetischen Ausstattung auf die Welt kommen, wie in grauer Vorzeit, funktioniert nicht alles sofort so, wie es in unsere moderne Welt passen würde. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Alleine sein bedeutet für ein Baby oder Kleinkind aus seiner Sicht Lebensgefahr. Sie wissen nicht, dass es heute und in unserer Gesellschaft unwahrscheinlich ist, dass sie von einem wilden Tier gefressen werden, wenn sie alleine sind. Wir können einfach nicht erwarten, dass unsere Babys "begreifen" dass ihnen doch alleine nichts passieren kann und wir können sie auch nicht dazu bringen, dass sie in diesem jungen Alter ein Gefühl dafür entwickeln, dass es doch "nur fünf Minuten" oder welche Zeitspanne auch immer ist, die sie warten müssen bis wieder jemand kommt. Also: Das Einschlafen an der Brust ist nicht wirklich ein Problem, denn es entspricht der Natur der Kinder, die genau dort die Ruhe, Geborgenheit und Zuversicht finden (mal ganz abgesehen von der wertvollen Muttermilch), die es ihnen ermöglicht, sich dem Schlaf hinzugeben. Kleine Kinder haben es sehr schwer, einzuschlafen, das hängt mit ihrem unreifen Nervensystem zusammen und wird ganz von allein, sobald sie reif genug dafür sind, sich auflösen! Dein Kind muss in diesem Alter einfach auch viel verarbeiten und schläft deshalb jetzt noch schlechter als zuvor. Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin erhältlich ist. Dr. Sears ist nicht nur Kinderarzt, sondern auch achtfacher Vater und aus seinen Büchern spricht nicht die graue Theorie, sondern auch eine ganze Menge Lebenserfahrung im Zusammenleben mit Kindern. Sollte es nun für dich trotzdem wichtig sein, dass dein Kind ohne dich in den Schlaf finden kann, dann ist es selbstverständlich akzeptabel, nach Alternativen zu schauen. Papa kann eine solche Alternative sein, denn vermutlich ist er nach dir die Hauptbindungsperson für dein Kind und somit gut geeignet, es zu beruhigen. In diesem Fall kann ich dir als Buch empfehlen Elizabeth Pantley: "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das im Herbst auf Deutsch erschienen ist. Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht. Vielleicht ist es auch wirklich ein guter Anfang, wenn Du mit deinem Kind einfach kuschelst, auch wenn es noch nicht dabei einschläft. Wichtig ist, deine Kleine spürt, dass Du ihr zwar die Brust entziehst, nicht aber deine Liebe. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb halte ich auch nicht viel von der Lösung, dass die Mutter einige Tage alleine verreist. Diese plötzliche Trennung kann das Kind in tiefe Trauer und Verzweiflung stürzen. Ich hoffe, die Antwort hilft dir ein wenig weiter. Wenn dein Kind dich zur Seite hat, wird es keinen "Knacks" bekommen. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 11.05.2011



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Einschlafstillen, schlechtes einschlafen abends, NACHTRAG

Ich wollte noch fragen, ob meine Tochter das Abstillen emotional verkraften wird? Ich möchte nicht, dass sie einen "psychischen Schaden" bekommt. Sie hängt auch im Moment sehr an mir, wird es für sie trotzdem OK sein, wenn mein Mann sie dann mal tröstet? Nicht, dass sie denkt, ich hab sie nicht mehr lieb. Mein Mann ist übrigens viel zu Hause, se...


Einschlafen nach dem Abstillen (Einschlafstillen)

Hallo, Meine Tochter (knapp 19 Monate) wurde bisher nachmittags und vor allem nachts (so ungefähr aller 2-3 Stunden) gestillt. Seit 5 Tagen möchte sie nicht mehr an die Brust. Sie fragt ab und zu danach, möchte aber anscheinend nur sehen, ob sie noch "da" ist. Trinken möchte sie nicht mehr. Erklären kann ich es mir nicht. Es fällt mir auch etwa...


probleme beim einschlafen - einschlafstillen

hallo liebe stillprofis, meine tochter ist nun 5 monate und wird von mir noch voll gestillt. brei ist noch so gar nicht ihrs, was aber auch kein problem für uns ist. meine tochter hat schon ganz früh durchgeschlafen, was für mich natürlich eine sehr angenehme situation war/ist :D als sie noch ganz klein war, habe ich sie bei mir im wohnzimme...


frage zu einschlafen bzw. einschlafstillen

hallo biggi, ich habe eine frage zum einschlafen bzw. einschlafstillen. meine tochter ist fast 8 monate und wird weitestgehend noch voll gestillt. bisher war es so, dass sie ausschließlich an der brust eingeschlafen ist... ich habe mich zu ihr gelegt, sie im liegen gestillt, bis sie eingeschlafen ist und mich dann zur seite wegbewegt. teilweise...


Übergang Einschlafstillen-Alleine Einschlafen Kleinkind...wie?

Hallo liebes Team! Vielleich könnt ihr mir weiterhelfen, ich bin für jeden Tipp dankbar! Also: Mein 2-jähriger Sohn schläft abends (ca. 19:30 Uhr) ausschließlich an der Brust ein, was mich an sich nicht weiter stört. In der Kita schläft er mittags so gut wie immer problemlos, genau wie die anderen Kinder. Einen Schnuller hat er noch nie gebra...


Einschlafstillen abgewöhnen bzw. einschlafen unterstützen

Hallo liebe Stillberaterinnen, ich bin etwas verzweifelt und brauche Ihren Rat. Vorab ein paar Infos zu unserer jetzigen Situation. Meine Tochter ist 9 1/2 Monate alt, ist ein Stillkind und nimmt keine Schnuller. Sie hatte von Anfang an große Probleme mit dem Ein- und "Durchschlafen". Mit 5 Monaten fing es an, dass wir gerade abends fast 3-4 s...


Einschlafstillen funktioniert nicht/ immer Geschrei beim Einschlafen

Liebe Biggi, Mein Sohn ist nun fast 4 Monate alt. Leider schläft er seit geraumer Zeit nur sehr selten beim Stillen ein. Meistens fängt er während des Trinkens wieder wild an zu strampeln. Er hat denke ich wohl immer noch Probleme mit Blähungen, nachts ist er auch sehr unruhig und ab 4 verlässlich wach. Er beginnt dann auch sehr schnell zu schrei...


Einschlafen ohne Einschlafstillen

Hallo Biggi, mein Sohn ist 14 Monate alt und bisher ist er immer beim Stillen eingeschlafen. Über Weihnachten hatte er einen Magen Darm Infekt und musste sich nach dem Stillen oft übergeben. Seit dem klappt das Einschlafstillen nicht mehr. Prinzipiell bin ich froh, wenn wir einen Weg finden ohne stillen einzuschlafen. Als er krank war, hat er beim ...


Einschlafstillen re-etablieren

Hallo, habe mal Fragen zum Einschlafstillen. Unsere Kleine ist jetzt 4 Monate, die Trage und Schunkeln wird lästig. Würde das gerne als alternative Einschlafbrücke etablieren. Nachts als "Weiterschlafstillen" funktioniert's momentan. Vorher auch tagsüber bis Monat 2 o.ä. .   Kann das jetzt noch klappen oder ist die schon zu "alt"dafür? ...


Hilfe ,möchte doch nicht wieder mit dem einschlafen stillen anfangen ! Was soll ich tun ?

Guten morgen Frau Welter  Meine Tochter wird jetzt 10 Monate alt , und ihr schlaf war die letzte Zeit echt katastrophal, schnuller nimmt sie gerade irgendwie auch nicht mehr an 😔  Ich stille sie abends zum einschlafen ,und wen sie aufwacht auch ! Eigentlich wollte ich es jetzt anders als bei kind 1 machen ,aber tja 🙈 !  Kann ich noch i...