nina229
Hallo liebe Stillberaterinnen, ich habe eine 11 Monate alte Tochter und stille gerne, langsam mache ich mir aber Gedanken. Bisher habe ich darauf vertraut, dass die Natur die Dinge rund ums Baby schon regelt und meine Tochter weiß, was sie wann und wie braucht. Deshalb habe ich ca. 6 Monate voll gestillt und dann im Tempo meiner Tochter mit Baby led weaning weiter gemacht. Das hat prima geklappt und meine Tochter verlangte immer weniger nach der Brust: noch 1 Mal am Tag, abends zum einschlafen, nachts ein- oder zweimal und morgens. Dann laß ich bei Dr. Posth, den ich sehr schätze, dass LZS die Loslösung gefährdet. Zudem hatte ich grundlegend nie vor eine LZS-Mami zu werden, da mir die Vorstellung von einem Dreijährigen Kind an meiner Brust gar nicht gefällt. Also beschloss ich laaaangsam abzustillen. Ich habe die Mittagsmahlzeit ausgelassen, was mit wenig Quengeln und Ablenkung nach 3 Tagen von meiner Tochter akzeptiert wurde. Nun sollte ich abends und nachts sowie morgens angehen, aber irgendwie will ich meiner Tochter weder die MuMi noch das Kuscheln versagen und auch das Ein- und Weiterschlafen nicht zum Kampfgebiet erklären. Schade ich damit der Loslösung? Und wie gehe ich damit um, wenn ich nicht abstille, lasse ich auch hier wieder der Natur ihren Lauf? Auch wenn meine Tochter noch mit 3 Jahren die Brust will? Und zu guter Letzt: Ich würde gerne in ca. 1 Jahr erneut versuchen schwanger zu werden, habe meinen Zyklus bisher aber nicht. Inwiefern beeinträchtigt das Stillen, den Versuch schwanger zu werden? Irgendwie sitze ich zwischen den Stühlen und hoffe Sie können ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Herzliche Grüße Nina
Liebe Nina, der Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs bewiesen. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Diese Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase. Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden. Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit für alle Kinder und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen. Zu deiner zweiten Frage: Auch gelegentliches Stillen kann Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben. Eine Prozentangabe für die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schwangerschaft kann ich dir jedoch nicht geben. Zitat aus "The Breastfeeding Answer Book" Mohrbacher, Stock, revised edition 1997: "Selbst wenn es zu einem Eisprung kommt, bevor die erste Menstruation bei der stillenden Frau einsetzt, verursachen die Stillhormone in vielen Fällen fehlerhafte Eireifungs und Lutealphasen. Das bedeutet, dass die Hormonspiegel in der zweiten Hälfte des Zyklus zu niedrig sind, um eine Schwangerschaft zu erhalten (Campbell und Gray, 1993; Diaz, 1992; Lewis, 1991). In einigen Fällen kann es dazu während mehr als einem Zyklus kommen, was die natürliche Periode der Unfruchtbarkeit der Frau weiter verlängert. ... In einigen Fällen reicht selbst seltenes Stillen aus, um eine Schwangerschaft zu verhindern, wenn die Frau zuvor intensiver gestillt hat (Gray, 1990). Bei einem derartigen Fall berichtete die Frau, dass ihre Periode 18 Monate postpartum wieder eingesetzt habe. Ihr Sohn wurde noch ein weiteres Jahr lang gestillt, und obwohl es Anzeichen dafür gab, dass sie einen Eisprung hatte, konnte sie nicht schwanger werden. Sie wandte sich an einen Spezialisten für Fruchtbarkeitsmedizin, der auf Untersuchungen hinwies, die darauf hindeuten, dass manche stillenden Frauen trotz Eisprungs aufgrund subtiler Hormonveränderungen durch das Stillen noch für einige Zeit unfruchtbar bleiben. Sie wurde innerhalb weniger Wochen schwanger, nachdem sie ihren Sohn vollständig abgestillt hatte (Gotsch, 1991)." Aber das ist im Einzelfall nicht vorherzusagen und es gibt unzählige Frauen, die während der Stillzeit sofort bei ersten Versuch wieder schwanger wurden (oder auch ungewollt schwanger wurden). LLLiebe Grüße Biggi
nina229
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. Ich werde nach meinem Gefühl handeln und meine Tochter weiterstillen, solange wir beide es genießen. Viele Grüße Nina
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