Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

12 Monate und noch soooo viel an der Brust

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: 12 Monate und noch soooo viel an der Brust

Nisika

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Liebes Team der Stillberatung, ich habe einige Fragen zu meinem 12 Monate alten Sohn, der noch recht viel Muttermilch verlangt und nur wenig andere Speisen isst. Kurz zum Hintergrund: wir hatten einen sehr schwierigen Stillstart...schwere Erkrankungen meinerseits, die meine Milch haben komplett ausbleiben lassen, nur mit viiiel Geduld haben wir dann zueinander gefunden und mein Sohn ist ein echter Stillprofi und Milchfan geworden:-) mit ca. 5 1/2 Monaten haben wir mit Brei begonnen, was er nie so gerne gemocht hat und nie größerer Mengen oder gar ganze Mahlzeiten geschafft hat. Auch Fingerfood kam nicht besser an. Er wollte immer seine Milch. Heute ist es nun so, dass ich am Tag noch etwa 3 mal und nachts noch 2-3 mal stille. Dazu kommen etwa 3 kleinere Snackmahlzeiten (Brot, Zwieback, Obst...) und eine größere Mahlzeit (Reis, Nudeln, Griesbrei,...). Zwar isst mein Sohn (4 ganze und 2 teilweise vorhandene Zähne) inzwischen also auch mal etwas Brot usw. aber er tut sich mit kauen und schlucken noch etwa schwer. Brei mag er gar nicht mehr gerne und spuckt ihn oft aus...nun meine eigentliche Frage. Bei der letzten U war mein Sohn auf der Gewichtskurve von der 50. auf die 20. Perzentile gerutscht. Der KiA hat das Stillen dafür verantwortlich gemacht und meinte, ich solle medikamentös abstillen, damit der kleine Mann auch nicht mehr in Versuchung kommt. Ich möchte ihm seine Milch aber nicht einfach weg nehmen. Er liebt es zu stillen und ich mag es auch noch gerne. Aber ich will natürlich auch nicht schuld sein, wenn er schlecht gedeiht. Wieviel Stillen ist in dem Alter denn noch ok? Und ist es wirklich so schlimm, dass mein Sohn noch so viel Milch möchte. Muss ich „hart“ bleiben und ihn Hunger bekommen lassen, damit er mehr andere Speisen isst? Ich dachte immer, das Interesse kommt sicher von alleine und dann wird die Brust irgendwann uninteressanter...eines vielleicht noch: mein Sohn ist insgesamt noch recht „babyhaft“. Er läuft und krabbelt noch nicht, Fontanelle ist noch recht weit offen, wacht nachts noch häufig auf. Alles, laut KiA, im Rahmen aber eben kein „Überflieger“ in Sachen schnelle Entwicklung:-) Vielen Dank für Ihre Antwort und Hilfe. Nisika


Biggi Welter

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Liebe Nisika, wenn es erst einmal so ist, dass das Essen Machtkampf bedeutet, dann sind wir Eltern sehr schnell die Verlierer und viele Essstörungen haben ihre Ursache in einem krampfhaften Machtkampf ums Essen im Baby und Kleinkindalter. Im ersten Lebensjahr IST Milch die Hauptnahrungsquelle und viele Babys essen noch nicht viel feste Kost. Der beste Weg, ein Kind zu einem "schwierigen Esser" zu machen besteht darin, es zum Essen zu zwingen! Ein Kind darf essen, aber es muss nicht essen und eine sehr bewährte Methode lautet "Die Mutter bietet an, was es gibt, das Kind entscheidet wie viel oder wenig es davon isst". Ganz sicher ist auch für dich das Buch "Mein Kind will nicht essen" von dem spanischen Kinderarzt Dr. Carlos Gonzales eine interessante (und beruhigende) Lektüre. Das Buch ist im Buchhandel (ISBN 3 932022 12 2) bei der La Leche Liga oder auch im Stillshop hier auf der Seite erhältlich. Dr. Gonzales hat eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ich zitiere dir noch aus einem Artikel, den Denise Both IBCLC geschrieben hat: "Das am heißesten gehandelte Thema, wenn es um Mangelerscheinungen bei gestillten Kindern ist das Eisen. Stillende Frauen dürfen sich immer wieder anhören, dass Muttermilch ja nur wenig Eisen enthält und dass die Eisenspeicher des Kindes nur bis etwa sechs Monate ausreichen und dann sei es unabdingbar Beikost einzuführen, um einen Eisenmangel abzuwenden. Es stimmt, dass Muttermilch im Verhältnis zu Kuhmilch oder künstlicher Säuglingsnahrung nur wenig Eisen enthält, demgegenüber steht jedoch die bessere Bioverfügbarkeit des Muttermilcheisens für das Kind. Dennoch kann es zu einem Eisenmangel bei gestillten Kindern kommen. Besonders gefährdet dafür sind Frühgeborene, Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft einen Eisenmangel hatten und Kinder, deutlich länger als sechs Monate jegliche feste Nahrung ablehnen. Man muss zwischen Eisenmangel und einer Eisenmangelanämie unterscheiden. Eisenmangel lässt sich nicht unbedingt an einem niedrigen Hämoglobinwert (Hb) erkennen. Es reicht also nicht, beim Kind regelmäßig den Hb zu bestimmen, um einen Eisenmangel auszuschließen, sondern es muss zusätzlich auch noch der Serum Ferritin Wert bestimmt werden. Ein Eisenmangel im Kindesalter kann wirklich schwer wiegende und vor allem nicht immer wieder behebbare Folgen für die geistige und körperliche Entwicklung haben und sollte deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dazu kommt, dass sich ein unguter Kreislauf entwickeln kann, wenn das Kind erst mal in eine Mangelsituation geraten ist: Der Eisenmangel macht das Kind appetitlos, das Kind mag erst recht keine Beikost essen, der Eisenmangel verschärft sich. Deshalb ist es sinnvoll, dass bei einem Kind, das lange jegliche Beikost verweigert, Hämoglobin und Ferritin bestimmt werden, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls sich ein Mangel bestätigt. Der Pieks für die Blutuntersuchung ist weniger traumatisch für das Kind, als ein unentdeckter Eisenmangel. Eine vegetarische Ernährung ist übrigens nicht gleichzusetzen mit einer zu geringen Eisenzufuhr. Vegetarisch lebende Familien sollten jedoch unbedingt auf eine bewusste Zusammenstellung ihrer Ernährung achten, denn das Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln wird nur zu 3 bis 8 Prozent verwertet, also deutlich weniger als das hämgebundene Eisen aus Fleisch, dessen Verwertbarkeit bei etwa 23 % liegt.“ Bitte nicht einfach Eisen zuführen, wenn ein Mangel nicht gesichert ist. Lass die Zink- und Eisenwerte kontrollieren, denn es kann gut sein, dass dein Baby einen Mangel hat und deshalb so appetitlos ist. Es steht Dir auch zu, eine zweite Arztmeinung einzuholen. Es gibt Babys, die es geradezu hassen und hysterisch reagieren, wenn man ihnen etwas in den Mund stecken will. Diese Kinder essen aber recht gut, wenn sie selber essen dürfen. Das Geschmiere, das es dabei gibt, ist weniger schlimm, als das Theater mit einem Kind, das sich mit allen Kräften wehrt und außerdem lernen die Kinder recht schnell gut zu essen. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Liebe Nisika Wir hatten diese Diskussion auch mit unserer (Ex-)Kinderärztin, aus ähnlichen Gründen. Ich kann dir nur ganz fest ans Herz legen, ohne Einschränkung und ohne Stress weiter zu stillen wie bis anhin. Das Stillen einzuschränken oder gar abzustillen bringt bezüglich der Gewichtszunahme gar nichts. Sicher wird dein Sohn, solltest du jetzt abstillen, die Muttermilchkalorien (aus Verzweiflung) früher oder später mit fester Nahrung und Industriemilch (oder Kuhmilch) ersetzen. Aber er wird deshalb in der Gesamtbilanz nicht mehr Kalorien zu sich nehmen und wahrscheinlich aufgrund des Stresses erstmal eher abnehmen.... Ganz abgesehen von den negativen Auswirkungen eines forcierten Abstillens (gegen den Willen von Mutter und Kind) was Bindung, Vertrauen, etc. angeht. Viele Kinderärzte neigen reflexartig dazu, das (Langzeit-) Stillen dafür verantwortlich zu machen, wenn die Gewichtszunahme nicht passt. Und zwar ebenso, wenn ein Kind zu viel zunimmt. Einer Freundin von mir hat die Kinderärztin dazu geraten, ihren 13 Monate alten Sohn abzustillen, da er die Muttermilchkalorien nun nicht mehr brauche und sonst zu dick werde. Das kanns ja wirklich nicht sein... Langzeitstillen (spätestens nach12 Monaten) wird von den meisten Kinderärzten sehr ungern gesehen und sobald etwas nicht passt, wird dies verantwortlich gemacht. Die Ferritinwerte würde ich aber unbedingt überprüfen lassen, das ist wirklich sehr oft der Grund für wenig Appetit. Unser Sohn wirkt lebhafter und isst etwas mehr, seit wir Eisen supplementieren. Insgesamt hat es aber fast zwei Jahre gedauert, bis er wirklich ordentliche Mengen vom Tisch mitisst und das Stillen bezüglich Kalorienaufnahme nicht mehr wichtig ist. Ich würde mich eurem Kinderarzt gegenüber radikal abgrenzen was das Thema Stillen anbelangt. Sag, dass du über dieses Thema gar nicht mehr diskutieren möchtest und dass dies eure Privatentscheidung ist. Die WHO ist mit ihrer Stillempfehlung ganz auf eurer Seite. Und die WHO macht sehr viel Forschung zum Thema Stillen, wohingegen das Stillwissen vieler Kinderärzte sehr dürftig bis hin zu nicht korrekt (oder von ihrer persönlichen Meinung) geprägt ist. Und sonst wechsle den Kinderarzt, wenn er euch mit dem Thema nicht in Ruhe lässt. Sei aber offen für gegebenenfalls nötige gesundheitliche Abklärungen, um eine Erkrankung / Stoffwechselstörung auszuschliessen. Wenn ein Kind langfristig und stark von seiner Gewichtsperzentile abweicht, kann (muss aber nicht) dies schon ein Anzeichen sein für eine Erkrankung. Kürzlich hat hier eine andere Userin fast das Gleiche wie du geschildert und wir haben zu diesem Thema recht ausführlich hin und her geschrieben (wie das bei ihnen und bei uns abgelaufen ist). Falls es dich interessiert, kannst du dies gerne hier lesen: https://www.rund-ums-baby.de/stillberatung/Ich-soll-laut-Kinderarzt-weniger-stillen-einige-Fragen-dazu_177561.htm Du kannst mir auch gerne eine PN schicken, falls du möchtest. Das Buch "Mein Kind will nicht essen" kann ich dir auch sehr empfehlen. Liebe Grüsse und alles Gute Joyful


kathrinundclara

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Hallo, Ich schließe mich den anderen an! Meine Kleine wird bald zwei Jahre alt und LIEBT es noch immer zu stillen. Sie war nie eine große Esserin und lag immer auf der untersten Perzentile, aber das ist auch einfach ihre Veranlagung (ich war auch so). Ich habe auch öfters mit dem Gedanken gespielt, Clara mal das Stillen zu verweigern, DAMIT sie mehr isst. Resultat: sie verweigerte das Essen trotzdem; oft hat sie NACH dem Stillen dann sogar Appetit aufs Essen! Vertrau deinem Kind, dass es weiß, wieviel es braucht und bleibe entspannt!! Liebe Grüße Kathrin


Mitglied inaktiv

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Genau diese Erfahrung habe ich auch gemacht! Ich schliesse mich dem voll an.


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