Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Elternzeit vorzeitig beenden zur Inanspruchnahme eines Beschäftigungsverbotes

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

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Frage: Elternzeit vorzeitig beenden zur Inanspruchnahme eines Beschäftigungsverbotes

Dojii

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Ich habe heute dienstlich mit dem Fachreferent für Elternzeit und Elterngeld des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zu tun gehabt und ihn interessehalber gefragt, was er von dem oben genannten Thema hält bzw. wie die Ansicht des BMFSFJ dazu sei. Überraschender Weise hat er mir folgendes (inhaltlich) gesagt: Das BMFSFJ sieht es NICHT als Rechtsmissbrauch an, wenn Mütter eine laufende Elternzeit vorzeitig beenden, um ein neu ausgestelltes BV in Anspruch nehmen zu können. Die vorzeitige Beendigung einer laufenden Elternzeit richtet sich rein nach dem § 16 Abs. 3 BEEG. Dieser Absatz sieht insbesondere keine Einschränkung aufgrund eines potentiell greifenden (rechtmäßigen!) BVs nach Beendigung der Elternzeit vor. Soll die vorzeitige Beendigung innerhalb der ersten 24 Monate nach Beginn der Elternzeit (Bindungszeitraum) erfolgen, dann benötigt sie ausschließlich die Zustimmung des Arbeitgebers. Diese kann wie wir wissen grundlos verweigert werden. Natürlich hat man auch nach Ansicht des BMFSFJ kein Recht darauf, die Elternzeit in den ersten 24 Monaten nach Beginn vorzeitig zu beenden, um ein BV nutzen zu können. Sollte der Arbeitgeber der vorzeitigen Beendigung allerdings - warum auch immer - zustimmen, dann sieht das BMFSFJ keine rechtlichen Hürden, um dadurch ein rechtmäßig erlassenes Beschäftigungsverbot zu nutzen und so einen Anspruch auf Entgeltzahlung zu generieren. Es gelten wie gesagt nur die Hürden des § 16 Abs. 3 BEEG und dort gibt es nichts, was dagegen sprechen würde. Eine aktuell gültige Rechtssprechung, die dem Gesagten des BMFSFJ entgegenstehen könnte, war ihm so spontan nicht bekannt. Er hat aber auch (lächelnd) darauf hingewiesen, dass Krankenkassen und besonders die "Mitglieder" der U2-Umlage das Ganze anders sehen und gerne behaupten, dass eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit für ein BV gar nicht möglich wäre.


Nicola Bader, Rechtsanwältin

Nicola Bader, Rechtsanwältin

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Hallo, vielen Dank. Das ist ja mal eine interessante Ansicht. So richtig wohl ist mir damit aber nicht, denn es bleibt ja immer noch die strafrechtlich relevante Sache, die jetzt erst mal mit dem BEEG nichts zu tun hat. Wenn jemand in dem Wissen, dass er ein Beschäftigungsverbot bekommen wird, die Elternzeit vorzeitig beendet, käme immer noch eine Täuschung in Betracht, die zu Betrug führt. Da ist aber die Frage, ob es eine Täuschungshandlung ist, denn der Arbeitgeber wird ja nicht getäuscht, wenn er selber das Beschäftigungsverbot ausspricht. Bei Beamten gibt es Urteile, dass es möglich ist. Bei normalen Arbeitnehmern habe ich aber noch von keinem gehört. Ich würde es weiterhin keinem raten. Liebe Grüße NB


Mitglied inaktiv

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Welcher Arbeitgeber sollte dieser Idee zustimmen? Der AG hätte doch nur Nachteile und Unkosten, wenn er sich auf diesen Deal einlassen würde. Insofern ist die "Info" gar nicht praxisrelevant.


HeyDu!

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Die Info ist sehr relevant und ob es uns schmeckt oder nicht: es ist Praxis! Es gibt erstens nette AG's und zweitens intelligente Schwangere. Die bitten den Chef erst wieder arbeiten zu dürfen und rücken dann mit der Sprache heraus :-) Clever sein wird nicht bestraft und das Risiko trägt ja dennoch die Frau... ggf. gibt es das erhoffte BV nicht. Herzlichen Dank Dojii :-)


Felica

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Du sagst es. Aber wie du auch sagten, ohne Zustimmung des AG geht es eben nicht. Im Gegensatz zu dem Mutterschutz wo der AG eben kein Mitspracherecht hat. Die allerwenigsten AG dürften aber begeistert sein wenn das auffliegt. Entsprechend dürfte die Konsequenz daraus spätestens nach der EZ kommen. Da die Aufsichtsbehörden und Krankenkassen zudem immer genauer hinschauen, dürften die da auch einen genaueren Blick drauf werfen. Und auch nachfragen warum und weshalb der AG den der Beendigung zugestimmt hat. Nur damit die Schwangere dann direkt ins BV geht.


Dojii

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Ich will damit jetzt auch keinen Ansturm auf die Arbeitgeber auslösen sondern nur zeigen, dass das, was hier so oft als "Fakt" dargestellt wird, vom zuständigen Ministerium nicht mitgetragen wird. Einschränkend dazu muss man aber auch sehen, dass das Ministerium natürlich kein Recht spricht, sondern nur eine Einschätzung der rechtlichen Lage gibt. Erst wenn das Ganze mal vor Gericht landet und dort ein Urteil gefällt wird, hat man tatsächlich Klarheit. Vorher nicht. Wobei ich das Argument, dass eine vorzeitige Beendigung der EZ nur vom § 16 Abs. 3 BEEG abhängt und dort eben keine Einschränkungen aufgrund eines BV angegeben sind, rechtlich nachvollziehbar finde. Ob es mir jetzt gefällt oder nicht, ist eine andere Baustelle.


KielSprotte

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Kommt wahrscheinlich häufiger vor als man denkt. Wir hatten diesen Fall vor ca. 3 Jahren: MA hatte 2 Jahre EZ beantragt, stand nach gut einem Jahr auf der Matte, dass sie die Nase voll davon hätte nur für volle Windeln und Babygeschrei zuständig zu sein und sie wolle doch sooooo gerne schon wieder arbeiten. Gesagt, getan wir haben der Beendigung der EZ zugestimmt und am Ende des ersten Beschäftigungstages stand sie abends grinsend im Büro mit der Info, dass sie in der 11. SSW wäre, jetzt einen Termin bei ihren Arzt hätte, der ihr ein BV ausstellen würde, da Schwangerschaft, ein Kleinkind daheim und arbeiten einfach zu viel für sie wäre………………..ohne Worte.


Mitglied inaktiv

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Es ist doch sehr fraglich, ob der betreffende "Fachreferent" überhaupt befugt gewesen war, eine arbeitsrechtliche Auskunft darüber zu geben. Ob das mit dem Leiter des Ressorts so abgesprochen war, ob diese Auskunft überhaupt irgendwelche Relevanz hat. Ob das BMFSFJ eine solche Info auch schriftlich veröffentlichen würden bezweifele ich sehr. Die vermeintliche Auskunft war die Einschätzung eines einzelnen Sachbearbeiters allein in Bezug auf das BEEG. Die anderen arbeitsrechtlichen Aspekte (Arbeitgeberrechte, Lohnfortzahlungsansprüche aus der U2) sind da doch noch gar nicht berücksichtigt worden. Und wir wissen nicht mal den Namen des Auskunftgebenden. Damit ist das ganze eigentlich nicht mehr als ein Gerücht.


Dojii

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Ob ich einen Fachreferent jetzt als einfachen Sachbearbeiter betiteln muss, nur weil er nicht meine eigene private Meinung teilt, sei jetzt mal dahingestellt. Ich werde jetzt mit Sicherheit keinen Namen ins Netz stellen. Aber wenn man es unbedingt wissen will, kann man es innerhalb weniger Sekunden durch Google herausfinden, der Name ist öffentlich einsehbar und nicht geheim. Wie ich schon sagte, ist es nur eine rechtliche Einschätzung, keine rechtsverbindliche Aussage. Und ohne rechtskräftiges Gerichtsurteil zu diesem Thema ist alles, was irgendwer irgendwo sagt, nur Spekulation, da bis zu diesem Zeitpunkt alle nur das Gesetz interpretieren, ohne zu wissen, wer im Recht ist. Das Ministerium unterhält zum Thema Elternzeit (und Elterngeld) übrigens sein Servicetelefon, bei dem man zu solchen Themen Fragen stellen kann. Und laut der Aussage des Fachreferenten ist das die aktuelle Antwort, die die Anrufer/innen zu dem Thema vom Ministerium erhalten.


Mitglied inaktiv

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Doji, ich muss ja nicht Gerüchten hinterher recherchieren. Wenn es eine offizielle Auskunft war, hättest du den Namen des Mitarbeiters gleich angeben können. Es ist aber doch bezeichnend, dass in den Veröffentlichungen des BMFSFJ (Leitfaden zum Mutterschutz und Arbeitgeberleitfaden zum Mutterschutz) diese Möglichkeit gar nicht erwähnt wird. Anscheinend ist es doch ein zu heißes Eisen.


Dojii

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Wieso sollte man sowas erwähnen? Es ist ja kein Rechtsanspruch, wie bspw. die Beendigung zwecks neuem Mutterschutz. In den Texten des BMFSFJ werden doch nicht ALLE Optionen abgedruckt, wieso man eine Elternzeit potentiell mit Zustimmung des Arbeitgebers beenden könnte. Es werden eben Möglichkeiten erwähnt, auf die man einen Rechtsanspruch hat. Er sagte eben, dass es nirgendwo verboten wird, also ist es solange erlaubt, bis es richterlich unterbunden wird.


HeyDu!

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Es steht nirgendwo, daher ist es nicht verboten. Kein Handeln ohne Gesetz, kein Handeln gegen ein Gesetz :-D . Urteil gibt es keines, sonst hätte Uriah es schon längst verlinkt :-D. Es ist kein Gerücht, es ist eine Tatsache der Rechtslage... bis ggf. ein Gericht mal etwas anderes dazu sagt :-)


Felica

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Doch es gibt ein Urteil. Da hat eine Frau gewonnen welche die EZ vorzeitig beendet hat in dem Wissen nie zu arbeiten wegen BV. Frag mich aber nicht wo ich da mal drüber gestolpert bin.


HeyDu!

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Danke für die Antwort :-) Unterstreicht ja Dojii's Info. Ich höre mich mal um.


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