Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

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Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

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Frage: Ideen

LV87

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Hallo! Mein Sohn ist 12 Monate alt, isst jedoch sehr wenig und nicht alles. Er mag es selber mit den Händen zu probieren und nicht mit dem Löffel gefüttert zu werden. Was ich ihm meistens anbiete ist Käse , Pommes, Nudeln, Banane, Karotten, Brot, Frischkäse, Kiwi , Avocado , Brokkoli , Joghurt mit püriertem Obst (vom Glas), Hähnchen. Das sind manche Beispiele. Also vieles davon landet im Mund und vieles auf dem Boden. Er scheint satt zu sein , auch wenn er nur eine halbe Scheibe Käse zum Beispiel isst . Zum Schluss gebe ich ihm seine Nachspeise bzw. Joghurt mit Obst. Ich weiß nicht wie ich den Teller noch attraktiver machen soll... Was könnte ich noch kochen? Was ist das meist beliebte Gericht in diesem Alter laut ihrer Erfahrungen? Nudeln mit Tomatensoße wollte er gar nicht probieren ... Manchmal bin ich verzweifelt.. oder glauben Sie ich übertreibe? Hmmm.. bitte um Ihren Rat :)


Birgit Neumann

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Hallo LV87 welche Milch und wie viel Milch bekommt und trinkt dein Sohn aktuell denn noch? Stillst du? Für den Fall dass dein Sohn noch viel Milch trinkt, könnte es sein dass er einfach keinen rechten Hunger bei den Tisch-/Familienmahlzeiten hat und er darum einfach nicht mehr essen kann. Falls das so wäre, dann wäre es vermutlich sinnvoll hier über neue Gewohnheiten nachzudenken. Unabhängig davon kann ich dir trotzdem ein paar Zeilen schreiben. Dein Kind kennt und isst bereits ein paar Speisen vom Familientisch und er mag einige Lebensmittel. Er isst gerne selbständig und mag nicht gerne gefüttert werden. Er isst nicht viel, aber er greift zu, probiert und isst. Das ist alles super. Darauf kannst du aufbauen. Es gibt Speisen (Aromen, Texturen, ..), welche alle Kinder auf Anhieb mögen. Sie mögen beispielsweise lauwarm und süß. Sie mögen eine weiche, samtige Textur. Sie mögen es gerne weich, mit klarer Form, bunt, süß und fettig, süß, fettig, mild im Geschmack und kohlenhydratreich. Kinder mögen gerne ihnen bereits bekannte Aromen und Geschmackscharakteristika aus der Zeit in Mamas Bauch (vorgeburtliche Prägung durch Schlucken von Fruchtwasser), sowie das, was sie bereits via Muttermilch schmecken konnten. Sie mögen auch die landestypische bzw kulturspezifische Kost. Und es gibt wiederum typische Geschmackseindrücke, welche eher keinen Zuspruch finden. (Fast) alle Kinder dieser Welt lehnen bitter schmeckende Speisen ab. Viele bitter schmeckende Speisen sind ungenießbar/giftig. Kinder lehnen diese Speisen darum instinktiv ab. Sie nehmen die bitter schmeckenden Nuancen auch sehr viel intensiver wahr. Erwachsene schmecken häufig nicht in dieser Feinheit und Intensivität. Auch sauer schmeckende Speisen werden häufig zunächst eher abgelehnt. Stark salzig schmeckende Speisen finden ebenfalls nicht sofort Zuspruch. Lebensmittel welche sich im Mund komisch anfühlen, bspw pelzig, rauh, schleimig, gummiartig, zäh, etc werden ebenfalls häufig eher abgelehnt. Man bezeichnet diese Präferenzen und Abneigungen als sog. Sicherheitsgeschmack. Diese angeborenen Reaktionsmechanismen sind sinnvoll, denn sie sichern das Überleben unserer Spezies, um es aus Sicht der Evolutionsbiologie zu beschreiben. Damit Kinder jedoch nicht in diesen Verhaltensmustern stecken bleiben, müssen und können und sollen sie stetig dazu lernen. Sie müssen und sollen lernen, auch andere Eigenschaften/ Geschmack/Textur bei Lebensmitteln zu mögen. Kinder sind lernfähig und wollen ihre eigenen und verschiedensten Erfahrungen machen. Biete deinem Kind darum immer und immer wieder die Gelegenheit aus einem großen Angebot zu wählen. Gib deinem Kind einfach die Chance Neues zu probieren. Freiwillig, durch Neugier. Richte ihm zu den Mahlzeiten einen bunten Mix an essbaren Möglichkeiten. Esst zusammen. Dein Kind muss sehen, wie andere Personen ringsum essen, damit er imitieren und ebenso beherzt zugreifen kann. Koche und esse das, was dir/euch als Familie gut schmeckt und gib deinem Sohn die Möglichkeit geeignete Speisen mitzuessen. Freiwillig. Zunächst sollten die Hände das Lebensmittel spüren dürfen - bspw wie ist die Temperatur, ist es hart oder weich, ist es fettig, glitschig oder hart und trocken ? Was sich in den Händen gut anfühlt, das hat nämlich gute Chancen um zum Mund befördert zu werden. Anschließend erfolgt diese Prüfung nochmals mit den Lippen und der Zunge. Dann erst wandert es in den Mund. Wenn diese Prüfwerkzeuge wegfallen, weil man den Kindern etwas in den Mund legt, ist die Wahrscheinlichkeit des Ausspuckens sehr viel höher. Eine langsame Gewöhnung an das Neue klappt viel besser, wenn es freiwillig geschieht. Mit Zeit. Probiere das häufiger aus. Wiederhole auch stetig das Speisenangebot. Je häufiger dein Kind etwas sieht und wiedererkennt, desto eher wird er zugreifen. Und die Essmengen werden sich bei Gefallen ebenfalls langsam bei wiederholten Malen steigern, sofern Hunger da ist. In einer netten Atmosphäre probieren Kinder neue Speisen besonders gerne. Bspw bei oft bei Oma oder im Kaffeehaus. Bringe Neues in kleinen Mengen, zum selbständigen Essen und wiederhole das Angebot häufiger. Zusammenfassung: Kinder haben ein sensibles Geschmacksempfinden. Entscheidend ob es gefällt oder ob es nicht schmeckt, ist das Mundgefühl. Während beim Breiessen das Mundgefühl meist gleich ist - breiig - ist Familienkost verschieden. Hier muss gekaut werden. Mal ist das Essen zäher, mal weicher, mal kalt, mal warm. Ein sehr schreckliches Mundgefühl kann sogar Würgereiz auslösen. Es ist nicht immer der Geschmack, der als unangenehm empfunden wird, sondern das Gefühl, das die Konsistenz im Mund erzeugt. Das Essen im Mund muss so zermalmt und bearbeitet werden, dass es problemfrei geschluckt werden kann. Damit dein Sohn nicht nur an seine bisher gemochten Speisen gewohnt bleibt, solltet ihr eurem Kind neue Konsistenzen anbieten. Nur durch das Probieren und sich Gewöhnen kann er neue Speisen kennen - und lieben lernen. Auch das Aussehen ist von besonderer Bedeutung. Klare Formen sind der Hit für Kinder, auch leuchtende Farben (rot, orange), auf hübschen Tellern. Wähle jeweils die gleiche Form - bspw Würfelchen oder Stangen. Das hilft dabei, sich anzunähern. Deine Aufgabe ist es momentan darauf zu achten und zu sorgen, dass dein Kind aus einer großen Angebotspalette mit möglichst vielen naturbelassenen, einfachen, "gesunden", sprich vollwertigen Speisen wählen kann. Hier sollten alle Lebensmittelgruppen enthalten sein und ein rhythmisierter Tagesablauf mit sich auch wiederholenden Angeboten die tägliche Basis bilden. Biete ihm immer die Speisen an, welche er gut und verlässlich ist. Damit kann er sich satt essen. Zusätzlich kann er langsam Neues kennenlernen und integrieren . In seinem Tempo, durch seine Erfahrungen. Nudeln mit Tomatensosse kannst du anbieten, indem du die Nudeln und die Sosse getrennt voneinander anrichtest. Isst du selbst mit Genuss das Gericht. Vielleicht wird er davon in der nächsten Zeit probieren. Manche Kinder mögen gerne Teller mit verschiedenen Kammern, so dass sich die verschiedenen Komponenten nicht berühren. Manche Kinder mögen es gerne übersichtlich - nur mit ein ganz bisschen Essen bestückte Teller oder Essmatten. Finde heraus, wie es dein Kind am liebsten mag. Also dann Grüße Birgit N. P.S. typische Speisen, die die meisten Kinder mögen: Grießschnitten: 200ml Kuhmilch oder Pflanzendrink ca 35g-40g (*/-) Grieß Grieß mit der Milch in einem geeigneten Topf aufkochen, rühren, rühren, rühren und kurz quellen lassen, danach auf einen Teller streichen, stehen lassen, bis es gut fest ist. Das geht schnell. Den festen Brei in Stücke schneiden, dazu etwas flüssige Butter oder Öl, ggf nochmals erwärmen und Obstmus, geriebene Äpfel, Banane,... zugeben. Natürlich alles nur als Wahlmöglichkeit bzw zum selbständigen Probieren kleinster Mengen, um neue Geschmackserfahrungen machen zu können - freiwillig, aus Neugier. Frischkäse als Brotbelag selbst gemacht 500 ml Kuhmilch aufkochen und Zitronensaft zugeben, ca 1-2 EL. Rühren und zuschauen, wie die Milch ausflockt. Es trennt sich Flüssigkeit ab. Die Masse in ein Sieb geben. Das Sieb vorher einfach mit Küchenkrepp/Küchentuch auslegen. Das Sieb in ein ausreichend großes Gefäß stellen. Die Flüssigkeit tropft hier hinein. Der Frischkäse bleibt oben im Tuch. Stehen lassen, bis sich ein Klumpen gebildet hat, (ggf über Nacht) im Kühlschrank. Den Klumpen entnehmen, in eine Schüssel geben und ggf etwas Salz zugeben, Gewürze, Kräuter nach Belieben. Die Masse nochmals durchmischen. Fertig. Falls sie Masse du fest oder krümelig ist, kannst du Sahne zugeben für eine bessere Cremigkeit. Tipp: Die Flüssigkeit in der Schüssel (Molke) kannst du zum Backen (Brötchen) verwenden. Nussmus-Bananenkekse: 1 reife Banane bzw püriertes Obst ca 75g Haferflocken 1 EL Nussmus (= 100 % Mus, ganz fein, ohne Zusätze oder Stückchen) Banane zerdrücken und alle Zutaten vermischen, kleine Kekse formen und aufs Backblech geben, bei Umluft 180° C ca 15 min backen bis fertig. das kannst du geschmacklich abwandeln durch Apfelmus und verschiedenen Nussmusen Mandelmuswaffeln 50 ml Öl 125 g Mehl (Dinkelmehl 1050) 10g +++ Zucker (kannst du auch ganz weglassen, die kleine Menge stört allerdings nicht, Zucker gibt Crunch) Prise Vanillezucker 1 Prise Salz 2 Eier 125 ml Wasser oder Pflanzendrink 1 gehäufter EL Mandelmus Eier schaumig rühren, Zucker zugeben, Öl dazu. Drink dazu, restliche Zutaten und zum Schluss das Mehl darunter rühren. Teig quellen lassen und Waffeln backen. Die Waffeln haben eine sehr gute Konsistenz. Herzoginkartoffeln 750g geschälte Kartoffeln in Salzwasser kochen. Wasser abschütten, Kartoffeln stampfen, zu Kartoffelbrei. Etwas auskühlen lassen. mit 1 Ei, 1 Eigelb, Salz, 1 EL Butter vermengen, Hauch Muskat nach Belieben. Alles gut vermischen und den Teig auch mit Hilfe von zwei TL als Nocken auf ein Backblech setzen. Die Dinger mit etwas Milch oder Sahne bepinseln und ca 15 min im Ofen bei 190° gebacken.


LV87

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Ich bedanke mich herzlich an Sie für die ausführliche Information und für alle Tipps!! Vielen Dank!! Zur Ihrer Frage ob ich stille, nein ich stille nicht. Er trinkt Kuhmilch, aber Essenszeiten sind fest. Frühstück gibt's Müsli, Mittagessen habe ich schon in meinem ersten Beitrag beschrieben und abends Hafer- oder Grießbrei. Dazwischen gibt es 120 ml Milch noch wenn er unbedingt trinken will oder Obstriegeln. Also maximal zwei Mal Milch am Tag bzw. als zwischen Mahlzeit und bevor er ins Bett geht dann trinkt er 120-180 ml Milch. Ich arbeite daran noch die Milch zu reduzieren und ihm stattdessen Tee oder Wasser anzubieten. Das mit dem Tee läuft schon seit zwei Tage relativ gut :)


Birgit Neumann

Birgit Neumann

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Hallo LV87 ah, ja, dann kuck mal wie sich das in den nächsten Wochen entwickeln wird. Man rechnet etwa mit täglich 300 ml Kuhmilch, inklusive Kuhmilchprodukte. 100 ml Kuhmilch kannst du ersetzen durch jeweils ca 15 g Schnittkäse wie Gouda, Edamer (=ca 1/2 Scheibe) oder 30 g Weichkäse, bzw 100g Naturjoghurt oder durch ca.30-40g Frischkäse. Diese Mengen gelten als adäquater Ersatz in Bezug auf den Calcium - und Eiweißgehalt. Insofern kannst du jetzt einfach mal abwarten bzw deinem Kind einfach Essen anbieten und ihn sich, wie beschrieben, daran annähern lassen. Weniger Milch/Milchprodukte zu essen/trinken, wird dein Kind hungriger auf viele weitere und andere Speisen machen. Also dann Grüße


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