Hauptmahlzeit .. am liebsten nur Nudeln plus Tomaten(sauce)

Dipl.-oec.-troph. Birgit Neumann Frage an Dipl.-oec.-troph. Birgit Neumann Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

Frage: Hauptmahlzeit .. am liebsten nur Nudeln plus Tomaten(sauce)

Hallo, unsere kleine Maus (jetzt 17 Monate) liebt Nudeln mit Tomaten(sauce) über alles... und rührt Kartoffeln/Reis plus anderes Gemüse zu den Hauptmahlzeiten so gut wie nicht an (vielleicht mal 1-2 Löffel ... alles andere wird wieder heraustransportiert). Ich möchte aber auch, dass sie Reis/Kartoffel+Gemüse ist. Wie kann ich da wieder hinkommen ("wieder" deshalb, weil sie vor einer Magen-Darm-Erkrankung vor 2-3 Monaten das alles gegessen hat). Ansonsten ist sie gut und gerne Obst (verschiedene Sorten), Brot+Belag, Joghurt, Müsli, an Gemüse mag sie Salatgurke, Gewürzgurken. Ach ja, Tzatziki mag sie auch gerne ;-) Danke im voraus von der KleineMaus12

von KleineMaus12 am 19.06.2013, 12:58



Antwort auf: Hauptmahlzeit .. am liebsten nur Nudeln plus Tomaten(sauce)

Hallo KleineMaus12 Eine Krankheit bringt häufig zuvor lieb gewonnene Gewohnheiten durcheinander. Aber nicht nur das alleine sollte man bei deiner Tochter für die Vorlieben für bestimmte Speisen und die neuen Abneigungen gegen ehemals gemochte Speisen verantwortlich machen. Mit etwa 18 Lm (+/- 1-2 M) machen die Kleinen einen großen Entwicklungsschub. Daraus resultiert häufig eine neue Essweise. Vieles wollen die Kleinen plötzlich nicht mehr essen, was sie vorher mochten, viel Dinge gar nicht erst probieren, vieles ist bäh und Grünes wollen sie schon gar nicht. Evolutionsbiologisch macht das alles Sinn, denn "grün" bedeutet in der Natur häufig "unreif, bitter". Zudem sind die Kleinen schon recht groß und können ihre Umwelt gut selbst erkunden, sie wollen selbst bestimmen. Sie lernen in der kommenden Zeit wahnsinnig viele neue spannende Sachen kennen, wobei Essen in diesem Alter ganz weit unten auf der Erlebnisliste steht. Sie wollen am liebsten immer das gleiche in den Magen kriegen oder oft nur ganz wenig und schon gar nichts Neues. Von Kind zu Kind ist das natürlich verschieden. Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben eine mehr oder weniger stark ausgeprägte sog. Neophobie. Das ist eine Art Angst vor dem "neuen" Essen. Ursprünglich eine gute Schutzfunktion, denn gegessen wird nur das, was man kennt, denn Unbekanntes könnte giftig sein. Dieses Phänomen ist sogar in der Tierwelt vorzufinden - neue Dinge werden auch hier nur zögerlich von Jung und Alt gekostet. Und am besten wird das gegessen, was immer und immer wieder von allen nebenstehenden Personen auch verzehrt wird. Darum ist der gedeckte Familientisch so wichtig. Hier stehen immer wieder die gleichen Dinge und ab und zu etwas Neues. Aber auch das Neue wird wieder irgendwann angeboten werden und irgendwann frohlockt es doch, zuzugreifen. Je jünger die Kleinen sind, desto aufgeschlossener sind sie diesen neuen Angeboten. Mit etwa 18 Lm schränkt sich der Erfahrungshorizont in Essensfragen immer weiter ein, die Auswahl der gemochten Speisen meist (noch) kleiner. Erst mit 6-8 Jahren und später ab etwa 12 Jahren werden wieder gerne neue Essabenteuer angegangen. Um Essen zu lernen, d.h. Essbares von nicht Essbarem zu unterscheiden, hilft das sog. soziale Lernen. So kann die Neophobie am besten überwunden werden. Kinder lernen durch Nachahmung und Wiederholung. Sie suchen sich hierzu Vorbilder. Das kann Mama oder Papa sein. Aber auch ganz andere Weggefährten können als Vorbild dienen. Das kann Oma sein oder eine Freundin, auch Vorbilder aus den Medien. Langsam und unmerklich lässt sich die Palette der Gerichte erweitern. Den Zeitpunkt dafür bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht der Esstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant etc Die Zeit um den 18. Lm herum ist ein wichtiger Schritt in die Selbständigkeit. Die Kleinen entwickeln sich weiter und sagen plötzlich zu vormals gerne gegessenen Speisen "nein". Jetzt schränkt sich der Ess-Erlebnishorizont oft drastisch ein. Das Essen scheint eintönig zu werden, s.o.. Lass dein Kind, versuche ihr hin und wieder Neues schmackhaft zu machen und kontrolliere nichts. Bei guter Entwicklung hilft nur Geduld auf dass euer Kind den anderen Mitessenden nacheifert und wenn auch zögerlich, aber immerhin langsam und stetig ihren Esshorizont dadurch erweitert. Dies geschieht nicht durch Drängen, sondern durch echtes, adäquates Vorleben (selbst gerne essen) und eine entspannte und freudige Atmosphäre bei Tisch. Mit Geduld und Einfühlungsvermögen kannst du es schaffen, dass deine Kleine neue Essabenteuer wagt und Neues für sich entdeckt. Hilfreich kann sein, wenn du Regeln aufstellst, die euch dahingehend leiten. Welche Regeln sind für alle Beteiligten sinnvoll? Überlege einmal. Besonders wichtig sind auch Leitbilder: Mama und Papa, Geschwister, Oma und Opa. Kinder orientieren sich gerne an Vorbildern beim Thema Essen. Finde ein paar Sachen, die dein Kind verlässlich isst. Biete ein umfassendes Nahrungsangebot, aus dem dein Kind wählen kann. Extrawürste sollten nach Möglichkeit nur ganz selten gegeben werden, aber eine Auswahl bei Tisch ermöglicht es jedem, sein Wunschmenü zusammenzustellen. Da können Reste vom Vortag erlaubt sein, Brot oder Nudeln oder die gewohnte Salatgurke statt grünem Salat. Hilfreich ist es trotzdem, Regeln aufzustellen und immer mal wieder neues zum Kosten anzubieten. Die Kontinuität im Probieren kann irgendwann eine Veränderung bewirken - zuvor weniger beliebtes wird plötzlich zur Lieblingsspeise. Kinder fordern uns Eltern immer wieder. Um dabei die Oberhand zu behalten, hilft es, Regeln aufzustellen. Damit lernt auch dein Kind bald gut umzugehen. Weitere gute Erziehungstipps gibt dir bestimmt Frau Schuster in ihrem Forum, hier bei rub. Pflanzt auf der Fensterbank eine Bohnenpflanze*. Die darf dein Kind hegen und pflegen, schliesslich ernten, kochen (!!) und essen. Ladet zu diesem Schmaus das Kuscheltierchen ein... Presse frischen Saft - besser noch - lass sie selbst einmal eine Mandarine auspressen und trinken. Macht zusammen Smoothies,die ihr vielleicht wegen der Konsistenz besser zusagen als Obst in Stückchen. Richte einmal Obstspießchen, die ihr in Schokolade taucht. Wenn ihr das gefällt, wird er bestimmt die Obstsorten auch ohne Schokolade essen -sie dient zunächst nur als Anreiz und Lockmittel. Oder macht Eis am Stiel aus Obstpüree, Über Umwege kann man langfristig manchmal viel erreichen. Spielerisch erlebt, immer wieder die gleichen Dinge präsentiert, mit vielen Sinnen erfahren, das prägt nachhaltig. Ermuntere dein Kind immer wieder dazu, mal etwas Neues zu probieren. Denn nur darüber können neue Esserfahrung gesammelt werden und neue Dinge akzeptiert werden. Das kann die Auswahlpalette vergrößern und Appetit auf Neues bilden. Schaue auch, dass du adäquates Esseverhalten vorlebst. Iss selbst das, was du gerne magst, Iss auch immer wieder die gleichen Sachen, im Wechsel. Routine, Rituale. Geht zusammen einkaufen, erfreut auch an der Farbenpracht der Obsttheke, esst daheim zusammen etwas, das ihr gerade gekauft habt. Kocht zusammen frische Marmelade und lass dein Kind direkt aus dem abgekühlten Topf probieren. Rede dabei ganz viel mit ihr und erkläre, was du tust. Kinder wollen alles BE-GREIFEN. Es heisst, dass möglichst viele Sinne beteiligt sein sollten, damit etwas nachhaltig prägt. Riechen, Sehen, Fühlen, Schmecken... Nicht nur die Konsistenz (Stückchen), sondern auch die Vielfalt charakterisiert die Familienkost. Und neue Geschmackserlebnisse, spielerisch erlebt, sind in diesem Alter sehr wichtig für die spätere Akzeptanz von Essen. Es müssen niemals Riesenmengen von Neuem gegessen werden. Oft reicht es auch, wenn das Kind überhaupt nur probiert. Auch wenn es nur bspw eine einzige Nudel ist oder ein Bissen Bratwurst - von Mamas Teller. Beim nächsten Mal sinds zwei und so weiter. Je weniger Sorgen du dir machst, desto besser klappt es künftig. Da kann ich dich hoffentlich beruhigen. Auf Basis bekannter Sepisen (es gibt Brot, es gibt Nudeln) könnte deine Kleine neue Essabenteuer wagen. Probiere das ruhig einmal aus. Spielerisch mit viel Liebe und Geduld sowie selbst als Vorbild agierend, wirst du das Speisenangebot für euren Kleinen stetig erweitern können. setzt euch nicht zu erwartungsvoll zu Tisch und fordert nicht zu viel von ihm, sondern ladet ihn ein, Neues zu probieren und gib ihr gewohnte Sachen. Eine gute Methode, in Kinder Obst und Gemüse hinein zu bekommen, ist neben dem Gewöhungseffekt und dem Nachahmungsinstinkt, Gemüse und Obst in Gerichten zu verstecken. Gekochtes Gemüse wird oft eher akzeptiert, wenn es in Gerichte eingebettet ist. Pizza ist ein gutes Beispiel. Die Tomaten gehören da einfach dazu und werden kommentarlos mitgegessen. Gemüse darf ruhig ordentlich weich gekocht sein und mit viel Fett zubereitet sein. Hier zeigt das Beispiel mit dem Rahmspinat (mit dem Extrablubb .-)), wie der Siegeszug angetreten werden konnte. Und den isst dein Kind sogar auch. Auch Kartoffeln oder Obstsaft zählen als Gemüse bzw Obstportion - und Obst isst dein Kleiner ohnehin. Auch in Fleischsossen (Gulasch/Braten) ist Gemüse im weitesten Sinne enthalten. So ist es gar nicht mehr sichtbar, Nährstoffe dennoch in die Sosse übergegangen.* Es ist nicht schlimm, wenn dein Kind nicht alle Gemüsesorten so gerne mag. Es macht das Kochen für dich allerdings leichter. Gemüse muss nicht jeden Tag als Beilage auf den Teller kommen. So viel mal vorneweg. Auch Obst schafft Ausgleich, saure Gurke zum Abendbrot, das summiert sich. Und einiges muss dein Kind einfach noch kennenlernen. Viele Kinder verschmähen Gemüse und Co, wenn es pur vor ihnen auf dem Teller liegt. Sie schieben es vom einen Tellerrand zum andern, um es schliesslich, wenn überhaupt erst wenn Mama droht - zu essen... Wird das Gemüse in Speisen verpackt, Cremesuppen, Sossen und andere Gerichte, wird auch verhasstes Gemüse meist kommentarlos gegessen. Inzwischen raten sogar Kinderärzte zu diesen einfachen Massnahmen, damit Gemüse und Co in Kindermägen wandert. Also dann Grüße B.Neumann *Säe in einem Blumentopf drei Samen grüne Bohnen (Stangenbohnen). Gießt die zusammen immer gut, sie wachsen sehr schnell. Und alsbald, nach 4-6 Wochen, könnt ihr die Ernte kochen. Achtung! grüne Bohnen immer vor Verzehr kochen, die sind roh giftig). Diese 3 geernteten Bohnen werden vorne und hinten jeweils ein paar mm gestutzt und schliesslich ca 10 min in Salzwasser gegart. Wasser abschütten, Butter zu, fertig ist euer Festschmaus. Da wird, trotz grün, dein Kind begeistert probieren.

von Birgit Neumann am 20.06.2013



Antwort auf: Hauptmahlzeit .. am liebsten nur Nudeln plus Tomaten(sauce)

Hallo Frau Neumann, ich bin begeistert von Ihrer ausführlichen und vor allem "begeisternden" Schreibweise und den Tipps. Besten Dank KleineMaus

von KleineMaus12 am 20.06.2013, 15:42



Antwort auf: Hauptmahlzeit .. am liebsten nur Nudeln plus Tomaten(sauce)

danke für dein nettes feedback Grüße

von Birgit Neumann am 21.06.2013



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