Kaedder84
Hallo Frau Neumann, meine Tochter ist 5,5 Monate alt und ich habe mit 4 Monaten mit der Beikost entsprechend dem klassischen Plan mit dem Mittagsbrei begonnen. Tatsächlich hätte ich auch länger gewartet, aber sie hat sehr deutlich gezeigt, dass sie auch etwas haben möchte. Wir haben auch seit ca. 2 Wochen den Abendbrei eingeführt. Mittlerweile isst sie immer schlechter und ist zusehends frustriert, dass sie nicht auch unser Essen haben darf. Sie greift mir in den Teller oder versucht es mir aus der Hand zu nehmen und in den Mund zu stecken. Dasselbe macht sie auch beim trinken, da gebe ich ihr dann meist einige Schluck stilles Wasser aus meinem Glas. Ansonsten stille ich. Ich habe schon einiges über Baby Led Weaning gelesen, bin aber zum einen unsicher wegen einer Verlegung der Atemwege und zum anderen wegen eines Nährstoffmangels. Wenn sie mir andererseits den Brei nicht isst, kann er natürlich auch keine Nährstoffe liefern :-). Ich bin vor allem unsicher, da sie deutlich immer frustrierter wird. Was meinen sie? Könnte ich ihr schon Fingerfood anbieten oder ist das sehr risikobehaftet? Besten Dank im Voraus und viele Grüße
Hallo Kaedder84 Da du auch stillst, kannst du die Beikost ganz gelassen angehen und bräuchtest keine starren Pläne abzuarbeiten, du kannst ganz dynamisch auf die Bedürfnisse deines Babys reagieren und sie einfach mal ganz unkompliziert neue Geschmackserfahrungen machen lassen. Beginne einfach mit der Beikost in einer für euch sinnvollen Weise und mit der Zeit bekommst du immer mehr Routine und Wissen. Achte immer auf die Signale deines Babys. Dein Baby zeigt dir in seiner ganz eigenen Sprache, was es braucht. Darauf darfst und solltest du reagieren. Wichtig wäre die Sicherheit. deine Tochter bräuchte einen guten und stabilen Sitz. Sie sollte mit leichter Unterstützung im unteren Rücken sitzen (ausreichende Rumpfspannung haben, dadurch sich selbst aufrecht halten können) und das angebotene Essen gut sehen können, um gezielt danach zu greifen und zum Mund zu führen (Stichwort Motorik, Auge-Hand-Mund-Koordination = gezieltes Greifen und zum Mund führen). Das klappt doch alles eigentlich ganz gut, oder? Mach dir mal keine Sorgen über scheinbar fehlende Nährstoffe, wenn deinen Tochter keinen oder nur wenig Brei isst. Da du nach Bedarf stillst, ist deine Tochter bestens versorgt. Bei der Beikost via BLW geht es auch um Qualität und Vielfalt, um Geschmack und Konsistenz und auch um das eigenständige Zugreifen. Es geht - vor allem zu Beginn der Beikosteinführung- noch nicht um Mengen. Deine Tochter wäre mit der Beikost durch das babygeleite Beikostkonzept gefordert, was sie scheinbar gerne mag. Hierbei werden alle Sinne gleichermaßen angesprochen. BLW funktioniert durch ganzheitliches Begreifen und zwar im ganz wörtlichen Sinne. Ziel und Zweck des BLW ist das ganzheitliche Erleben. Es zählt die Vielfalt der Erlebnisse mit drum allem Drum und Dran und weniger die Essmenge. Beim BLW bekommt deine Tochter die Möglichkeit, das angebotene Essen selbständig kennenzulernen. Hierbei hat sie die Möglichkeit, sich spielerisch und aktiv mit der angebotenen (gefahrenfrei zubereiteten) Kost, auf langsame und spielerische Art und Weise, in ihrem individuellen und ureigenen Tempo auseinanderzusetzen und kennenzulernen. Als Stillmama brauchst du keine Mahlzeiten zu ersetzen. Als Stillmama kannst du deinem Baby Brei füttern oder Fingerkost anbieten oder Beides! und ergänzend weiterhin nach Bedarf stillen - so oft wie nötig. Als Stillmama kannst du die Beikost als Ergänzung zur Mumi sehen, die deinem Baby vor allem Abwechslung bringt. Anders als bei mit Säuglingsmilch ernährten Babys steht bei nach Bedarf gestillten Babys nicht das Ersetzen einer Milchmahlzeit im Vordergrund, sondern das Ergänzen. Beikost hat auch das Ziel, dass dein Baby neue Geschmackseindrücke, neue Esstechniken, Rituale, Konsistenzen und Nahrung i.A. kennen lernen kann, damit sich der Organismus langsam umstellen und umgewöhnen kann. Beikost ist viel mehr als nur das Ersetzen von Mumi oder Säuglingsmilch. Beikost ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung. Es geht auch um das spielerische Entdecken der verschiedenen sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln, um das Loslassen von Mama etc....Beikost schult alle Sinne und ergänzt (ergänzen - nicht ersetzen) die Muttermilch wunderbar. Grundsatz fürs BLW ist: BLW geeignete Lebensmittel sind weich und (weitestgehend) salzfrei. Sie sollten zwischen Gaumen und Zunge gut zerdrückbar sein, sowie zwischen den Kauleisten zermalmt werden können. BLW-geeignete Speisen sollten möglichst natürlich und einfach sein: Gekochte Gemüsesticks, gekochte Kartoffel, ggf weiches (rohes) Obst u.v.m. Zubereitungsinspiration für babygerechte Gemüsesticks: Schneide aus rohen Gemüsesorten (bspw Möhre, Pastinake, Kohlrabi, Zucchini, Kürbis, Süßkartoffel, Kartoffeln, auch: Brokkoliröschen, Blumenkohlröschen) oder Obstsorten wie Apfel, Birne fingerdicke ca 8-10cm lange Stücke. Gare sie (dampfgaren oder in wenig Wasser dünsten) ohne Zusätze in einem Topf mit etwas Wasser einfach sehr weich. Fertig ist das Fingerfood. Als Stäbchen/Stick lässt sich das weiche Gemüse (Kartoffel oder Obst) gut mit der Faust umschliessen und festhalten. Die Kleinsten lutschen das Stückchen vorsichtig ab und erspüren und erschmecken das "Ding". Bleibe beim Essen immer dabei. Wichtig ist jetzt erst einmal, dass deine Tochter beim Essen richtig, d.h. aufrecht sitzt und die angebotenen Speisen sämtlich gefahrenfrei essbar sind Also dann Grüße Birgit N. P.S. Um nun noch deine eigentliche Frage zu beantworten: Babys erleben im Mundraum sehr viele Sinnesempfindungseindrücke. Sie erleben nicht nur den Geschmack, sondern auch die Konsistenz. Was sich im Mundraum nicht gut anfühlt, was zu groß ist um geschluckt zu werden, was nicht gut im Mund bearbeitet werden kann, das spucken sie i.d.R. wieder aus. Und das ist gut so, das hat die Natur vorsorglich so eingerichtet. Es gibt aber auch noch den sog. Würgereflex. Dieser Reflex sitzt bei Babys noch sehr viel weiter vorne als bei Erwachsenen - kennst du sicher selbst, die Sache mit dem Stäbchen im Rachen beim Arzt.... und weil er bei Babys noch nicht so weit hinten ist, wird er sehr viel häufiger und schneller ausgelöst. Und dann wird gehustet und oder gewürgt. Das ist nicht dramatisch. Würgen und Husten passiert, wenn eben dieser Würgereflex ausgelöst wird. Das ist eine Schutzfunktion. Das ist sinnvoll, denn das verhindert und schützt vor dem echten Verschlucken. Beim Verschlucken nämlich gerät Essen in die Luftröhre anstatt in die Speiseröhre. Das sollte natürlich vermieden werden. Das Verschlucken bzw Würgen und Husten passiert auch, wenn die Nahrung versehentlich (zu weit) in den Rachenraum, zu weit nach hinten in den Mundraum rutscht. Das kann passieren, bspw bei nicht angemessener Sitzhaltung, bei Müdigkeit oder Ablenkung, und weil das Kauen (Kaubewegungen machen) und Zerdrücken der Nahrung und das Schlucken kleiner Partikel bspw noch besser gelernt (koordiniert) werden muss. Wenn Nahrung versehentlich in den Rachen rutscht, wird der Hust- und/oder Würgereiz ausgelöst, um die Nahrung wieder hochzuwürgen. Beobachte dein Kind und schau, wie gut alles funktioniert. Wenn BLW noch nicht klappt, kannst du auch Vielfalt via Brei anbieten. 1 TL Brei ist bereits ein Geschmacks- und Sinneserlebnis!, das deinem Baby Beikost schmackhaft macht. Mit der Zeit werdet ihr herausfinden, wie euer Beikostweg gut beschritten werden kann. Schau einfach was und wie deine Tochter Beikost am besten kennen - und lieben lernen kann, indem du angemessen auf die Bedürfnisse deiner Tochter reagierst.