Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Baby 10 Monate isst nicht gerne stückige Dinge

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

zur Vita

Frage: Baby 10 Monate isst nicht gerne stückige Dinge

KUSCHELKATZE

Beitrag melden

Hallo Birgit, mein Söhnchen wird in 2 Wochen 11 Monate sein. Ich denke in seinem Alter sollte man ja eigentlich schon ziemlich feste Sachen akzeptieren können, bspw. Kartoffeln, Karotte, Pasta usw.. Aber er probiert immer nur ein bisschen und verweigert dann fortzumachen. Brei isst er schon ziemlich gut. Aber zu dicker und klebriger Brei ist auch nicht sein Ding. Auf jeden Fall muss man Dinge so weich kochen dass man mit einer Gabel sie sehr leicht zerdrückt. Kauen kann er zwar, aber immer nur halt aus Neugier und nicht so, um das Essen im Mund zu zerkleinern. Zähne hat er vier. Er isst manchmal auch Stückchen Kartoffel, Brötchen oder Erbsen, doch so ungeduldig dass nach vier fünf schon aufhört und vom Stuhl weg will. Löffel kann er noch nicht benutzen. Mit dem Finger klappt es mit etwas größeren Dingen wie Erdbeeren oder Reiscracker. Ich hab den Eindruck, dass er sich fürs Essen nicht so interessiert und sehr leicht ablenkbar ist. Wie soll ich ihn schrittweise an feste Nahrung gewöhnen und ihm selbstständiges Essen beibringen? Vor allem, wie kann ich sein Interesse am Essen dauerhaft wecken? Übrigens isst er gerne weiches Butterbrot, aber natürlich wenn ich ihm das in den Mund stecke... Danke für Ihre Hilfe!


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Beitrag melden

Hallo Kuschelkatze jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Das alleine wird dir als Antwort vermutlich nicht ausreichen. Und ja, es ist auch nur die halbe Wahrheit. Irgendwann beginnen alle gesunden Kinder sich für das Essen für die Familienkost zu interessieren und wollen selbständig essen. Sie wollen all das nachmachen was die anderen tun. Sie wollen alles essen, probieren bzw anfassen und in den Mund nehmen was auch die anderen sich in den Mund befördern. Das ist der Nachahmungs"trieb". Sie machen viele Entdeckungen und sie sammeln Geschmackserfahrungen. Sie erleben das Essen mit allen Sinnen. Ist also alles gut, oder nicht?**** Kinder sehen oder erleben dabei erst einmal nicht das Essen als ein Essen, das sie satt macht. Sie wissen es nicht, dass das Essen sie satt machen wird. Sie entdecken das erst nach und nach. Es ist darum zunächst völlig normal, dass sie neu entdeckte Speisen in den Mund nehmen, darauf herumkauen und ggf wieder ausspucken oder dass das Interesse nach 3-4 Häppchen wieder nachlässt. Es ist für die Kinder zunächst alles neu und fremd. Alle Geschmacks- und Sinneseindrücke müssen im doppelten Wortsinn zunächst verdaut, d.h. verarbeitet werden. All die Sinneseindrücke müssen sich einprägen und bewertet werden, im Körper-Sinnessystem miteinander verknüpft werden. Babys entdecken ihre gesamte Mitwelt und Umwelt vorwiegend und auch mit dem Tastsinn im Mundraum. Sie nehmen alles in den Mund. Und weil Essen eben schmeckt, ist Geschmack wahrnehmbar. Das Ding im Mund löst sich ggf im Mund sogar auf. Oder es stört im Mund, weil es zu hart oder zu sperrig ist und dein Kind noch nicht recht weiß, was es damit anstellen soll. Verstehst du? Es braucht eine sanfte, langsame Annäherung an all das Neue. Das beste was du derzeit tun kannst ist, deinem Kind eine große Vielfalt anzubieten, damit dein Sohn vieles zwanglos, spielerisch und mit Freude entdecken kann. Und dabei wird er viele Speisen mögen - akzeptieren - und vielleicht lieben lernen. Auch Wiederholungen sind dafür genau richtig. Macht jede Mahlzeit zu einem (gemeinsamen) Esserlebnis für euer Kind. Jeden Tag, bei jeder Mahlzeit. Esst gemeinsam leckere Sachen und gebt eurem Sohn die Möglichkeit, sich mit den bewährten Speisen, also den Speisen die er meistens gut und verlässlich isst, satt zu essen. Das gemeinsame Essen am hübsch gedeckten Tisch ist sehr hilfreich. Dein Kind sollte immer wieder euch Eltern beim Essen zusehen können (beobachten), damit er euch nachahmen kann. Biete ihm alle geeigneten Speisen vom Tisch an - solche Speisen, welche euer Kind gefahrenfrei kauen, schlucken und verdauen kann. Schau, dass dein Kind am Tisch gut sitzt und alles sieht. Er sollte sicher im Stuhl sitzen, nicht herumwackeln, die Füße aufstehen, damit er seine beiden Hände gut bewegen und benutzen kann. Somit kann er alle Speisen in die Hände nehmen und befühlen. Denn auch der Tastsinn in den Händen gibt deinem Kind die nötigen Reize zum weiteren Handeln. Was sich in seiner Hand gut anfühlt, das wird er zum Mund führen. Das Essen darf ruhig noch weich sein. Gut wäre, wenn er noch häufiger die Gelegenheit erhält, um auch selbständig zu essen. Versuche deinen Sohn so gut es geht, in diesem Prozess zu begleiten. Hast du noch Fargen? Grüße Birgit Neumann P.S. schau auch mal hier: https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Ernaehrung-Kleinkind-15-Monate_51221.htm ***wie viel Milch bekommt dein Kind derzeit noch?


KUSCHELKATZE

Beitrag melden

Zunächst mal danke für deine ausführliche und hilfreiche Antwort :-)Er bekommt tagsüber noch 700 bis 800 ml Pre, ist das etwa zu viel? Soll ich die Milchmenge allmählich reduzieren damit er einen größeren Appetit an Beikost hat? Danke nochmals!


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Beitrag melden

Hallo Kuschelkatze ja, es ist noch viel Milch. Ob es zu viel ist, das kann ich nicht beurteilen. Du kannst es auf jeden Fall allerdings so sehen, dass solange dein Kind noch (so) viel Milch trinkt, der Appetit und das Interesse sowie die tatsächlichen Essmengen deswegen entsprechend kleiner ausfallen. Du kannst dir in diesem Fall vielleicht die Frage danach stellen, was ist Ursache und was ist Wirkung. Wenn dein gesundes Kind ein noch starkes Verlangen nach Pre-Milchfläschchen hat und auch bescheidene Mengen an Beikost/Familienkost isst, dadurch einiges kennenlernen kann, sowie fit und agil ist, meistens gut schläft, sich gerne bewegt und neugierig die Welt erkundet, Größe und Gewicht stimmen usw, dann ist vermutlich alles in bester Ordnung. Grüße Birgit Neumann P.S. Die allgemeinen Empfehlungen sind in diesem Alter: etwa 400-500 ml Säuglingsmilch plus Beikost, und Pre-Milch ggf mehr - eben ganz nach Bedarf, sowie auch Muttermilch nach Bedarf. Schau, dass dein Kind immer die Möglichkeit hat, um ausreichend satt und zufrieden zu sein. Wenn du jetzt ein prinzipielles und lustvolles Zugreifen zur Familienkost bei deinem Kind erkennen kannst, dann ist das wunderbar. Jetzt sättigt er sich noch hauptsächlich und auch mit Milch und zusätzlich durch ein wenig Beikost/Familienkost. Und er trainiert beim Essen von stückiger Nahrung seine Muskeln. Du brauchst die Pre-Milchfläschchen (vermutlich) nicht zu reduzieren. Möglicherweise passiert das bald von ganz alleine, in den nächsten Tagen und Wochen. Du kannst vielleicht mal drauf achten, wie du einen neuen Rhythmus im Einklang mit den Bedürfnissen deines (gesunden) Babys etablieren könntest, so dass alle Bedürfnisse bestmöglich gestillt werden können, ohne die deinem Baby ureigene Entwicklung zu behindern, sondern - im Gegenteil - zu unterstützen, zu begleiten. Ganz allgemein noch das: ab etwa dem 10.Lm beginnt eine Phase, in der die meisten Babys ihre Essgewohnheiten verändern und der Fokus von der Milch stärker zu stückigem Essen, zu selbständigem Essen und das Interesse an Beikost/Familienkost zunimmt. Dies ist ein Entwicklungsschritt, der sich normalerweise (bei gesund und reif geborenen Babys) im Zeitfenster zwischen etwa dem 10. -12./13. Lm abspielt. Es ist also noch Zeit. Manchmal passieren Veränderungen über Nacht und plötzlich anstatt allmählich. Babys wachsen in den ersten Monaten sehr schnell. Nicht nur das Längenwachstum geht sehr schnell, sondern die gesamte Entwicklung, wozu auch das Anlegen von "Fettreserven" zählt . Das erfordert die Aufnahme großer Kalorienmengen. Babys brauchen und trinken viel Milch. Mit etwa 10 Lm ist diese sehr schnelle Wachstumsphase in der Regel vorbei, das Saugbedürfnis lässt nach, das Gebiss will benutzt werden. Es reichen ihnen aufgrund des weniger schnellen Körperwachstums jetzt kleinere Nahrungsmengen und auch weniger Milch. Trotzdem brauchen und verlangen manche Kinder (vorübergehend) noch mehr Milch und verlangen noch häufiger nach Brust oder Flasche, neben Beikost/Familienkost. Das ist insoweit auch immer okay, wie die normale Entwicklung dadurch nicht verzögert oder gehemmt würde, vielleicht weil man aus Gewohnheit an Ritualen festhalten möchte. Versuche einfach zu unterscheiden wann es Gewohnheit oder Bequemlichkeit ist und wann echte Bedürfnisse dahinter stehen. Und in manchen Fällen kann ein stark vergrößertes Verlangen nach Milch und Brust/Flasche zumal in Verbindung mit einem geringen Interesse an Beikost/Familienkost oder sonstigen Auffälligkeiten oder Besonderheiten im Verhalten oder Gewicht/Größe/Sonstigem auch Anlass sein, dass der KiA nochmal genauer hinsieht, ob wirklich alles soweit (auch individuell) altersentsprechend und in Ordnung ist.


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.