Frage im Expertenforum Ergotherapie bei Kindern an Kristin Windisch:

Ergotherapie und Lernschwäche

Kristin Windisch

 Kristin Windisch
Staatlich anerkannte Ergotherapeutin
Zertifizierte Fachergotherapeutin für Pädiatrie GfpF

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Frage: Ergotherapie und Lernschwäche

SunnyGirl!75

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Hallo, zur Vorgeschichte: (versuche mich kurz zu fassen): - meine Tochter hatte in der Kita und später in der 1. Klasse Förderung, die aber für die 2. Klasse nicht mehr gewährt wurde, weil sie eine Aufwärtstrend bei ihr gesehen haben. (es war keine 1 zu 1 Förderung sondern es gab eine weitere pädagogische Fachkraft in der Kita bzw Schule) Da keine weitere Förderung bewilligt wurde, hat uns die päd. Fachkraft empfohlen eine Ergotherapie zu beantragen. Der Kinderarzt hat uns aber zuerst zum Kinder- und Jugendpsychiater geschickt, wo sie seit dem Sommer Therapie-Sitzungen hatte. Früher haben wir leider keinen Termin dort gekriegt. - Jetzt haben wir "endlich" von dort die Überweisung zur Ergotherapie gekiegt, meines Erachtens viel zu spät. Denn wir sind dort nur auf Wartelisten geschrieben worden und wissen noch nicht wann es überhaupt damit losgehen kann. Mittlerweile ist unsere Tochter bereits in der 3. Klasse. Dem Kinder - und Jugendpsychiater war es auch wichtig das die Ergotherapie auch Lernförderung beinhaltet. Da wir wer weiß wie lange noch auf den 1. Termin warten, wollte ich fragen wie es denn damit bei der Ergotherapie aussehen könnte... Sie hat vor allem Probleme beim Rechnen und es gibt den Verdacht das sie eine Dyskalkulie hat. Sie hatte in der 1. Mathearbeit direkt eine 5, weil sie da weniger als die Hälfte der Aufgaben geschafft hat weil sie zu lange daran "rumrechnet". Die 2. Mathearbeit hat sie noch nicht zurück bekommen. Im schriftlichen Bereich ist sie deutlich besser und hat eine 2 und 3 geschrieben. (Noten gibt es erst ab diesem Schuljahr) Ein weiteres Problem ist die falsche Stifthaltung, die wir einfach nicht von ihr weg bekommen! (Sie legt dabei ihren Daumen immer über den Zeigefinger.) Da habe ich ja auch oft gehört das Ergotherapie dabei helfen könnte.


Kristin Windisch

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Hallo, zunächst einmal sollte auf entsprechende Weiterbildungen durch behandelnde Ergotherapeuten geachtet werden (schon vor dem 1.Behandlungstermin!), also die Zusatzqualifikation auf Dyskalkulie (Rechenstörung) oder als Lerntherapeuten, um die Therapie effektiv zu gestalten. Die visuelle Wahrnehmung und (aufgrund der Stifthaltung) die Körperspannung (Muskeltonus) sollten dort befundet werden. Auch kann der Lerntyp ihres Kindes bestimmt werden (ob sich Lerninhalte eher über den visuellen Kanal oder den auditiven, etc.gemerkt werden können und darauf das Lernen abstimmen). Mehrkanaliges Lernen unterstützen, also z.B. Zahlen/ Rechenaufgaben mit Hüpfen/Bewegung verbinden, zuerst Aufgaben vorlesen und sehen (aufschreiben, also visueller und auditiver Kanal), bevor es diese als Kopfrechnen (nur auditiver Kanal) gibt, oder Zahlen mit Hilfe von kleinen Steinchen visualisieren (z.B. gut möglich mit dem Spiel "was ist unter meiner Hand?" zur Zahlzerlegung). Eigentlich würde die Diagnose Dyskalkulie durch den KJP gestellt, falls dort keine erfolgt, handelt es sich vermutlich eher um eine Rechenschwäche, die didaktisch beeinflusst werden kann, also durch das Erklären der Rechenwege und -strategien, sowie Materialarbeit, also Veranschaulichung von Zahlen und Rechenaufgaben durch Material. Es sollte ein (ab)zählendes Rechnen vermieden werden, Arbeit mit Material ist hilfreich, z.B. nach "Rechnen durch Handeln" nach Herrn Rödler. Wichtig ist die Automatisierung der "verliebten Zahlen" (also 7 und 3 gehören zusammen = 10, alle Zahlen die 10 ergeben), sowie der Zahlzerlegung im Bereich bis 10 (also z.B.die Zerlegung der 9 sollte sicher in 6 und 3, 7 und 2, 8 und 1, etc....gekonnt werden), das wirkt einem abzählen entgegen. Das zählende Rechnen dauert wesentlich länger und ist durch höhere Fehlerquote (plus/minus um 1oder 2) gekennzeichnet. Hilfreich wäre dann auch eine schriftliche Empfehlung vom KJP für mehr Zeit zur Bearbeitung der Matheaufgaben, ggf.Notenbefreiung, um den Druck fürs Kind rauszunehmen. Unterstützung durch Nachhilfe durch Lehramtsstudenten oder falls bei erfolgter Dyskalkulie-Diagnose eine Lerntherapie (z.B.über Zentrum für Therapie der Rechenschwäche ZTR oder andere Lerninstitute). Eine interdiszilinäre Zusammenarbeit zwischen Eltern-Lehrkraft-KJ-Ergotherapie sollte dem Kind ebenfalls nutzen, um Strategien und Ziele abzustimmen. Alles Gute und eine kurze Wartezeit für den ersten Behandlungstermin, Kristin Windisch


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