Everest
Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, ich habe eine Frage zur Bindungsentwicklung meiner Tochter, 11,5 Monate. Mein Mann und ich wollten immer möglichst gleichberechtigte Eltern sein, weshalb er sich auch jetzt schon im ersten Lebensjahr viel Zeit genommen hat. Ich habe ein Jahr Elternzeit und er hat 50% gearbeitet, war jeden Nachmittag zuhause. Seit Mai ist er komplett in Elternzeit und wird erst ab Mai 2020 wieder in Teilzeit arbeiten. Ich steige im September mit 75% wieder ein. Ab Mai 2020 würde sie dann in Kita bzw zur Tagesmutter gehen. Unsere Tochter hat auch anfangs kaum einen Unterschied zwischen uns gemacht; in meinem Arm schlief sie nur schneller ein. Seit sie krabbeln kann, bevorzugt sie zwar spürbar die Mama, aber im Vergleich zu allen anderen Babys im Bekanntenkreis ist sie viel weniger auf mich fixiert + akzeptiert ihren Papa viel selbstverständlicher. Das freut uns natürlich. Andererseits liest/hört man so oft v. d. 'primären Bezugsperson', und meist klingt es, als sei es wichtig, dass diese Beziehung viel "Exklusivität" beinhaltet. Haben wir unserer Tochter eventuell Sicherheit genommen, indem sie schon früh zwei wichtige Bezugspersonen hatte und die Hierarchie der Eltern wenig ausgeprägt ist? Sie entwickelt sich bisher sehr gut, ist aber sehr vorsichtig anderen gegenüber. Ein Trennungstest würde nicht gut ausgehen, fürchte ich. Ist das ein Bindungsproblem? Vielen Dank.
Dr. med. Ludger Nohr
Hallo, es kann kein Nachteil sein, wenn ein Kind zwei gute primäre Bezugspersonen hat. Ein "aber" käme, wenn dies nicht von beiden Eltern so akzeptiert würde, also z.B. eine Konkurrenz um den ersten Platz stattfinden würde. Sie haben verschiedene Rollen, sind deshalb auch unterschiedlich wichtig, weil sie verschiedene Menschen sind. Und ich glaube es ist gut, dass der väterliche Anteil auch in dieser frühen Zeit schon Platz findet. Triangulierung oder auch Loslösungsphase bedeuten ja mehr die Öffnung zu einer breiter werdenden Umgebung, anderen Menschen, neuen Situationen. Da ist eine sichere Basis bei beiden Eltern sicher eher hilfreich als verunsichernd. Wie sie mit Trennungen umgehen wird, wird sich zeigen. Da sollte man keine Annahmen machen, die einen selbst verunsichern. Diese Fähigkeit wächst und startet mit kleinen Schritten. Also, Sie haben eigentlich eine komfortable Situation und können in Ruhe die Entwicklung Ihres Kindes abwarten und sich an der seelischen und körperlichen Bewegung erfreuen. Dr.Ludger Nohr
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