Verletzendes Gespräch - wie umgehen?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Verletzendes Gespräch - wie umgehen?

Hallo Herr Dr. Nohr Ich habe mir Ihre Ratschläge zu Herzen genommen.Es gibt eine externe Bezugsperson für meinen Sohn,der er sehr viel anvertraut,mehr als mir.Dies ist für ihn seid fast 5 Jahren ein extrem wichtiger Kontakt,Patenonkel,Freund und Ersatzpapa in einem. Trotzdem habe ich am Wochenende versucht mit ihm zu reden.Es schlug in eine komplett andere Richtung ein,wie ich erwartet hatte.Er war sehr aggressiv und impulsiv mir gegenüber,was mich sehr erschreckt hat.So kenne ich ihn überhaupt nicht.Eigentlich ist er eher ruhig und bedacht,klar auch mal wütend wenn ihm etwas nicht passt,aber eben nicht so...neben den Dingen die ihn stören,machte er mir sehr verletzende Vorwürfe und zu guter letzt flog das Glas vom Tisch.Einerseits war/bin ich über seine Reaktion erschrocken,anderseits denke ich,daß dieser Ausbruch gut war und ihm Luft verschafft hat?Dennoch waren seine Äußerungen sehr hart: "Du bist Schuld das ich ein Monster bin!" "Du hättest mich nie kriegen dürfen!" Warum bringst du mich nicht um?Wieso lässt du mich nicht sterben?Dann bist Du mich los!" "Du erlaubst den Ärzten das die mir weh tun und mich quälen!" , dies als Auswahl seiner Vorwürfe.Stören tuen ihn natürlich die körperlichen Defizite,nicht laufen zu können,der gelähmte Arm,daß er relativ schnell erschöpft und müde ist..

von Homeland am 11.09.2018, 08:15



Antwort auf: Verletzendes Gespräch - wie umgehen?

Liebe Caroline, ich glaube auch, dass dieser Ausbruch nötig war und seine tiefe Verzweiflung zeigt. Diese Vorwürfe richten sich aber nicht gegen Sie, sie richten sich gegen das ungerechte Leben, das Gefühl so reduziert zu sein gerade in einem Alter, in dem andere Fußball spielen, auf Bäume klettern mit Freunden und Unsinn machen. In dieser Zeit muß/soll er die Einschränkungen akzeptieren und sich mit seinem Leben arrangieren. Das schafft er ja auch in vielen Situationen aber manchmal muß es raus dürfen. (Das war meine Idee mit der externen Person, weil die solche Ausbrüche nicht persönlich nehmen muß.) Ich bin sicher, dass es ihm bald danach leid tut, auch wenn er das nicht mitteilt.Vielleicht hat er Lust mir zu schreiben, auch wenn das viel weniger hilft, als mal richtig zu schreien. (Außerdem wäre unser Kontakt dann beendet, weil Ihr Sohn sicher sein muß, dass alles unter uns bleibt. Ist also vielleicht doch keine so gute Idee). Er muß nicht verstehen, er muß auch nicht reden, versuchen Sie also nicht, ein "verstehendes Gespräch" zu erzwingen (oder ihn zum Psychologen zu "schicken"). Und wenn er ausfallend wird, sehen Sie es nicht als Aggression gegen Sie, dann ist es eher auszuhalten. Und machen Sie mit ihm eine Hit-Liste von (veränderbaren) Zuständen, die er gerne anders haben möchte. Und dann fangen Sie mit einer an, finden, was auch bei diesen Einschränkungen Spass machen kann und erleichtert/ablenkt. Dann entsteht auch beiden ein bißchen das Gefühl, auf diese schwierige Situation doch ein wenig Einfluss nehmen zu können. Bis bald. Dr.Ludger Nohr PS Und wie Sie sehen, begleiten Viele Sie beeindruckt auf Ihrem Weg.

von Dr. med. Ludger Nohr am 12.09.2018



Antwort auf: Verletzendes Gespräch - wie umgehen?

...störend empfindet er auch die "Hilfsmittel" : Magensond(Button) , Port und SPK sind hier das kleinste Übel, da dies ja mit der Kleidung versteckt wird, Rolli, naja nicht besonders cool,aber wird akzeptiert. Was ihm extrem zu schaffen macht ist die Trachealkanüle, die er wirklich "hasst", Kanülenpflege ist ein rotes Tuch, daß er nur sprechen kann mit entsprechenden Aufsatz ein enormer Störfaktor und am schlimmsten halt die Blicke von Fremden wenn wir unterwegs sind usw. Alle 14 Tage ins Krankenhaus zur Infusion (Enzymersatz), generell häufige Arzttermine, Kontrollen und viele, unzählige, teils lange Krankenhausaufenthalte, Untersuchungen, Behandlungen und Operationen. Dann die Schulsituation die ihm nicht gefällt. Er würde so gern wieder die Schule besuchen, aber es ist derzeit einfach nicht möglich. Auch der Vater fehlt ihm seid der Trennung sehr, zumal kein Kontakt besteht, da sein Vater eine neue Familie hat und Riley dort nicht erwünscht ist. Ich verstehe, daß das alles weder schön noch einfach ist für ihn, was ich ihm auch regelmäßig sage. Aber es ist nunmal unser Alltag mit dem wir uns arrangieren müßen. Ich liebe meinen Sohn und ich denke, daß weiß er, auch das ich alles menschenmögliche versuche, daß es ihm körperlich als auch seelisch gut geht. Aber aktuell stoße ich an meine Grenzen. Seine Vorwürfe haben mich sehr verletzt und scheinbar reicht es ihm nicht, wenn ich ihm anbiete zu reden bzw ihm so gut es geht Verständnis entgegen zu bringen. Ich bin mir nicht sicher, ob ein erneuter Versuch ihn einem Psychologen vorzustellen Sinn macht? Wir haben es bereits bei 2 Psychologen versucht und abgebrochen. Es macht wenig Sinn, wenn ein sturer Junge da sitzt und nichts sagt und sich das Hörgerät aus dem linken Ohr zieht und sich das rechte Ohr mit dem Finger zuhält... irgendwie auch pfiffig. Willensstark ist er wirklich und eben auch sehr sehr intelligent. Ich möchte ihm helfen, aber wie? An den Dingen, die ihn stören kann ich nicht wirklich etwas ändern, an seinen Vorwürfen auch nicht. Ich bin mit meinem Latein am Ende Bitte entschuldigen Sie den Doppel-post und somit sehr sehr langen Text. Viele Grüße aus dem Känguruland Caroline

von Homeland am 11.09.2018, 08:54



Antwort auf: Verletzendes Gespräch - wie umgehen?

Hallo Homeland! Ich kann zwar nicht viel zu deinem Bericht sagen, aber dennoch möchte ich dir etwas mitteilen! Ich lese jedes Mal wenn du was du schreibst... Ich bewundere dich für deine Kraft und Geduld, jeden Tag aufs neue so positiv anzugehen, alles zu meistern und das Beste daraus zu machen! Dein Kind bei allem zu Unterstützen, Lösungen finden, Hilfe suchen..... Einfach da sein für ihn! Du bist eine tolle Mutter!!

Mitglied inaktiv - 11.09.2018, 21:47