Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Vater wichtiger als Mutter

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Vater wichtiger als Mutter

luciah

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Hallo, mein Sohn ist 2 Jahre und 2 Monate alt. Als mein Sohn 8 Monate alt war, hab ich mich von seinem Vater getrennt. Ich habe damit zu kämpfen, dass mein Sohn sehr stark auf seinen Vater fixiert ist. Er freut sich immer sehr auf ihn. Wenn er ihn sieht, geht die Sonne auf, wenn ihn sein Vater zu mir zurückbringt, freut er sich dagegen kaum auf mich. Das, obwohl er seinen Vater seit 1 ½ Jahren nur 1,5x / Woche sieht und er den Rest seiner Zeit bei mir verbringt. Ich befürchte, dass ich etwas falsch gemacht habe; im 1. Lebensjahr hab ich einen Kurs besucht und war nicht durchgehend für ihn da, meine Mutter hat mich sehr unterstützt, wir haben schon damals fast bei ihr gewohnt. Mein Sohn hat mit 9 Monaten auch 10 Tage durchgehend bei seinem Vater verbracht, als ich krank war. Habe im Forum gelesen, dass, wenn die primäre Bindung nicht sicher ist und erst die Loslösung für eine sichere Eltern-Kind-Beziehung sorgt, der Vater im Zentrum steht. Hab auch daran gedacht, dass der Vater die primäre Bezugsperson ist, er hat wenig Zeit mit ihm verbracht, ist aber sehr feinfühling. Obwohl ich mich sehr anstrenge, und sehr viel Zeit mit meinem Sohn verbringe, habe ich das Gefühl, dass sein Vater trotzdem Nr. 1 ist. Ich freue mich für meinen Sohn, dass er ein gutes Verhältnis zu seinem Vater hat, habe aber Angst, dass sich mein Sohn irgendwann dazu entschließt, zu seinem Vater zu ziehen. (Unser Verhältnis ist sehr schlecht und wir streiten um das Besuchsrecht) Habe alte Antworten von Dr. Posth gefunden: "Die "beschleunigte Loslösung" soll die "Rettung" des Kindes durch den Vater bei einer unsicheren oder gestörten Bindung beschreiben. In solchen Fällen führt dann der Vater das Kind zu sich selbst und erfüllt dabei auch noch fehlenden Bindungsanteile. Die Mutter bleibt im Hintergrund…." "Wenn z.B. die Bindung nicht optimal im 1. Lebensjahr zustande gekommen ist, dann kann ein starker Vater, der sehr einfühlsam, zugewandt und beständig ist, das Kind in eine -wie ich es nenne- beschleunigte Loslösung führen. Dann wird es für die Mutter schwer, die Bindung noch "nachzurüsten"." Denken Sie, dass sich unsere Beziehung tatsächlich nicht verbessern kann (mein Sohn ist über 2 Jahre) und bzw. dass sich das noch ändern kann? Kann ich für meinen Sohn genauso wichtig wie sein Vater werden? 


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Ihr Sohn freut sich so auf den Vater, weil der ihm nicht ständig zur Verfügung steht, wie Sie das tun. Sie sind der sichere Alltag, der ihm die Beständigkeit garantiert, während die Zeit mit dem Vater immer das Besondere ist. Das ist kein Anzeichen einer unsicheren Bindung. Ihr Sohn ist vielmehr sicher, dass Sie immer da sind. Das mutet manchmal ungerecht an, weil Sie die ganze Last zu tragen haben, während der Vater angehimmelt wird, obwohl er sich viel weniger um Ihren Sohn kümmert. Das sollten Sie aushalten. Sie wissen, wieviel Sie für Ihren Sohn tun. Später wird er das auch zur Kenntnis nehmen können. Jetzt ist er dazu noch zu jung. Eine gute Beziehung zum Vater ist für Ihren Sohn sehr bedeutsam. Schließlich muss er sich an ihm männlich orientieren. Auch für Sie kann die gute Beziehung hilfreich sein. Schließlich unterstützt der Vater Sie bei der Betreuung, wenn sie krank sind. Ihr Sohn kann sich noch viele Jahre nicht dazu entscheiden, zum Vater zu ziehen. Das könnte erst in der Adoleszenz ein Thema werden. Bis dahin vergeht noch viel Zeit. Die Überlegungen zur Loslösung können Sie ignorieren. Ihr Sohn ist nicht unsicher an Sie gebunden. Die Begeisterung für den Vater hat die beschriebenen anderen Ursachen. Kann es sein, dass Sie zwar Ihrem Sohn das gute Verhältnis zum Vater gönnen, jedoch nicht Ihrem ehemaligen Partner die Zuneigung und Begeisterung des Sohnes? Möglicherweise hilft es Ihnen (beiden), Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Folgen der Trennung besser zu verarbeiten und Ihren Sohn aus den Auseinandersetzungen herauszuhalten. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


3wildehühner

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Ich möchte dich beruhigen. Eine Bindungsstörung benötigt viel mehr, als die von dir geschilderten Ereignisse!   Dass dein Sohn sich so auf den Vater freut, hat vermutlich den Hintergrund, dass er nur so wenig Zeit mit ihm verbringt. Da ist dann zu einem der Zeitfaktor ein möglicher Grund, aber zudem auch, dass das Kind mit dem Vater keinen richtigen Alltag erlebt, sondern mehr oder weniger rund um die Uhr "bespaßt" und "betüddelt" wird. Könnte der Vater euren Sohn häufiger betreuen und so auch den Alltag mit ihm erleben? Die Elternbeziehung zum Kind ist kein "Wettstreit"! Kinder lieben beide Elternteile. Auch bei Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern leben, gibt es Phasen, wo mal der Vater, mal die Mutter in der "Gunst" im Vordergrund stehen. Arbeite an dir und deiner Einstellung. Freue dich wirklich über die positive Beziehung deines Kindes zu seinem Vater; leider ist es nicht immer so, dass Väter sich um ihre Kinder nach der Trennung kümmern möchten. Ein Kind ist nicht dazu geboren, seine Eltern glücklich zu machen.


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