Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Vater-Sohn Problematik

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Vater-Sohn Problematik

Rusty

Liebe Frau Henkes, wir haben einen 4 jährigen Sohn. Er ist Einzelkind, geht in die Kita seit 2 Jahren. Er ist ein lebhaftes, aufgewecktes und sehr intelligentes Kind, jedoch mit starkem eigenen Willen. Er ist altersentsprechend entwickelt.   Ich habe keinerlei Probleme mit ihm und andere Kinder und Erwachsene auch nicht. Jedoch hat mein Mann ein Problem mit ihm seit ca einem Jahr. Der Kleine lässt sich von seinem Papa nur schwer etwas sagen. Er haut oder provoziert seinen Papa auch oft, meistens wenn der Papa ihm zuvor gesagt hat, was er tun und lassen soll, zB „bleib still sitzen am Tisch ich will in Ruhe essen“, zieh dich an“, „wasch dir jetzt die Hände“, „wir gehen jetzt raus“ usw… Ich mache solche Ansagen NICHT, weil der Kleine sich dann sträubt, ich gehe da eher spielerisch ran oder mit Humor und ich komme auch IMMER damit zu einem guten Ergebnis und der Kleine fügt sich dann.    Wenn mein Mann auf der Couch liegt oder wir zusammen spazieren gehen oder Papa und Sohn gemeinsamen Kochen oder Spielen, provoziert der Kleine seinen Vater zwischendurch einfach, ohne das vorher etwas vorgefallen wäre, der Kleine haut oder pfuscht beim Spielen oder ist extrem laut und zappelig beim Kochen, was meinen Mann dann aufregt und er hat dann keine Geduld.    Mein Mann sagt ihm mehrmals, das er damit aufhören soll oder dass Hauen weh tut. Mein Mann wird dann aber auch schnell laut und aggressiv. Es schubst den Kleinem dann auch schon mal von sich weg wenn er gehauen wird. Wenn mein Mann dann laut und deutlich sagt „lass es jetzt sein, das tut mir weh!!“ „wenn du pfuscht spiele ich nicht mit dir“ oder ihn von sich weg schubst, macht den Kleinen das extrem wütend und er haut und beißt sogar daraufhin seinen Vater, dann eskaliert es total. Mein Mann wird laut und schickt ihn auf sein Zimmer. Dort wütet der Kleine dann weiter, wirft mit Sachen oder knallt die Tür. Er geht aber auch immer wieder zum Angriff über und wehrt sich stark gegenüber seinem Vater.    Es ist so, dass mein Mann eher autoritär erzieht und seine Regln durchsetzen will. Ich erziehe eher bedürfnisorientiert. Ich bin damit nicht einverstanden wenn mein Mann zu aggressiv mit den Kleinen umgeht. Wir kriegen dann jedes Mal Streit. Ich mische mich in diesen Konfliktsituationen ein und stelle mich auf die Seite des Kindes. Das ist wahrscheinlich nicht sinnvoll, weil der Kleine meinen Mann dann auch nicht mehr ernst nimmt, aber ich kann es nicht ertragen kann, wenn der Kleine dann so aggressiv angegangen oder auch manchmal noch beschimpft wird von seinem Vater.    Ich habe ihm schon mehrmals erklärt er soll ruhig und gelassen bleiben und deeskalieren. Ich sage auch meinem Mann, dass das so nicht geht wie er das macht. Es verletzt das Selbstwertgefühl des Kindes und die Autonomie. Ich habe das schon so oft mit meinem Mann besprochen auch in ruhiger Minute. Ich zeige ihm Erziehungstipps und wir haben diverse Bücher, aber er ändert sein Verhalten nicht. Er wird jedes Mal wieder laut und aggressiv gegenüber dem Kind, d.h. wenn das Kind sich nicht so verhält wie ER es für angemessen hält, am besten immer ruhig und entspannt.    Kinder sind aber keine Maschinen! Sie müssen erst lernen sich richtig zu verhalten und das tun sie indem man es ihnen vorlebt! Aber bei meinem Mann stoße ich da auf taube Ohren. Er scheint überfordert und hilflos zu sein mit seinem Sohn. Erziehungsberatungsstellen lehnt er ab.    Eine Zeit lang läuft es auch gut zwischen den beiden. Immer dann wenn mein Mann ruhig und entspannt bleibt. Sie spielen oder machen gemeinsame Sachen. Doch irgendwann eskaliert es wieder. Ich kann die beiden irgendwie nie alleine lassen. Dann habe ich immer ein schlechtes Gewissen und Angst dass, mein Mann nicht klar kommt.    Wie kann ich meinen Mann dazu bringen, dass er liebevoll in Konfliktsituationen reagiert anstatt auszurasten? Unser Sohn sagt oft auch, dass der Papa böse ist und die Mama lieb ist. Haben sie einen Rat was wir tun können, damit er seinem Vater wieder vertrauen kann?   Danke für Ihre Hilfe! 


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, das ist eine schwierige Situation für alle in Ihrer Familie. Sie können Ihren Mann nicht dazu bringen, sich in Konflikten mit seinem Sohn anders zu verhalten, wenn er das nicht möchte oder einsieht. Es scheint mir weniger um einen autoritären Erziehungsstil Ihres Mannes zu gehen, als vielmehr um das Ausagieren eigener Aggressionen. Auch wenn man ein Kind autoritär erziehen möchte, muss man es nicht schubsen oder beschimpfen. Sie könnten mit Ihrem Mann besprechen, dass er das Vorbild für die männliche Identitätsfindung Ihres Sohnes ist. Sicherlich möchte er seinem Sohn angemessene Verhaltensweisen vermitteln, wie die Reaktion auf das aggressive Verhalten Ihres Sohnes zeigt. Dieses ist für Ihren Mann verständlicherweise schwer erträglich. Er muss aber vorleben, was er möchte, damit Ihr Sohn ein anderes Verhalten übernehmen kann. Im Konflikt zwischen den beiden wäre es sehr hilfreich, wenn Sie nicht die Partei Ihres Sohnes ergreifen würden (auch wenn das sehr schwer ist). Sie stellen ja fest, dass das nicht deeskalierend wirkt. Ihr Sohn macht seine eigenen Erfahrungen mit seinem Vater und lernt, ihn zunehmend besser einzuschätzen. Dabei lernt er auch, welches Verhalten des Vater durch sein eigenes Verhalten ausgelöst wird. Damit wird er allmählich besser entscheiden können, wie er sich dem Vater gegenüber verhält.  Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


Schnecki2014

Hallo! Ich habe zwar keinen Rat aus fachlicher Sicht, aber ich erkenne meine Familie wieder. Ich habe zwei 5jährige Söhne und einen Mann, der auf dem grundsätzlichen Standpunkt steht, wenn er etwas sagt, haben die Kinder das zu tun und auch schnell lauter und ungeduldig wird. Ich bin (teilweise tagesabhängig ) eher geduldig und bedürfnisorientiert. Selbe Problematik also wie bei euch. Ich würde dir aber ganz dringend raten damit aufzuhören, deinen Mann vor eurem Kind zurechtzuweisen oder deinem Sohn das Gefühl zu geben, dass dein Mann böse ist. Dein Mann macht es anders als du und ist nicht so liebevoll, aber das ist sein gutes Recht. Er darf es anders machen. Wenn dein Sohn aber sieht, dass du dich immer auf seine Seite stellst, wenn sein Vater ihn maßregelt, verschlimmerst du die Situation, weil dein Sohn dann überhaupt keinen Grund mehr hat, auf seinen Vater zu hören. Wenn dein Sohn seinem Vater nicht vertraut, dann weil er dich spiegelt und merkt, dass du das Alles nicht akzeptabel findest. Ich verstehe auch nicht, warum du die beiden nicht alleine lässt. Wenn sie nie die Chance haben, ohne deine Intervention Konflikte zu lösen, wird das nie eine gute Vater-Sohn-Beziehung. Die beiden müssen da durch, ganz ohne dich. Ich weiß es ist schwer und ich habe lange gebraucht um zu akzeptieren, dass mein Einmischen die Situation schlechter macht. Du kannst deinen Mann nicht ändern. Wenn er grundsätzlich schnell böse wird, ist das eben so und dein Sohn wird lernen, damit umzugehen. Aber nur, wenn du ihn lässt. Gerne können wir uns auch privat austauschen. LG, S


Rusty

Hallo, vielen Dank für die kompetenten Antworten.  Ich würde mich gerne mit schnecki2014 privat austauschen.  Mich würde noch interessieren, wie sich das in Konfliktsituationen "aggressive" Verhalten des Vaters auf das Kind auswirkt. Welche Spätfolgen hat es für das Kind? Wird er später in Wut- oder Stress-Situationen genauso reagieren wie sein Vater? Und wie kann ich das denn verhindern?  Viele Grüße 


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