Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

überbehütung

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: überbehütung

Bine.30

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Lieber Herr Dr. Nohr, mein Mann neigt immer mehr dazu die Kinder extrem überzubehüten. Er arbeitet von Zuhause und ist dadurch sehr einbezogen in die Erziehung. Er versucht wirklich alles um die Kinder vor negativen Erfahrungen zu bewahren. Unsere große Tochter (6) ist ein eher ängstliches Kind und bekommt auch manchmal Albträume oder einen Nachzschreck. Für mich ist das halt so. Mein Mann macht mir dann immer Vorwürfe, ich hätte nicht genug von ihr ferngehalten. Auch das gesamte Umfeld wird immer genau instruiert, was alles zu unterlassen ist. Keine Märchen vorlesen, kein TV, nur bestimmte Spiele, Tabuthema Tod, Alter, Krankheit, Unfall usw. Er versucht unsere Tochter von Übernachtungen usw. abzubringen. Ich habe das Gefühl, es wird immer schlimmer, umso weniger er alle Negativfaktoren aufgrund der zunehmenden Selbständigkeit ausschalten kann. Auch das Durchsetzen von Regeln und Konsequenzen durch mich versucht er den Kindern zunehmend zu ersparen, indem er wie ein viertes Kind Partei für die Kinder ergreift. Mein Mann wurde mit Aggression und Gewalt erzogen. Die ersten Kinderjahre war er sehr aufbrausend. Das hat er jetzt gut im Griff. Aber das andere Extrem bereitet mir auch Sorgen. Ich bin selbst Grundschullehrerin und habe reichlich mit Helikoptereltern zu tun. Das nutzt mir hier aber leider nichts. Mein Mann sieht mich als überstrenge Kinderquälerin, vor der er die Kinder schützen muss. Ich habe den Eindruck, er projeziert etwas hinein. Ruhige Gespräche eskalieren entweder sofort, weil er mich direkt wieder als gefühlslosen Feldwebel sieht, oder er hört mir zu, verhält sich aber im nächsten Moment wieder als Freund und Beschützer der Kinder. Eine Therapie scheidet aus, da mein Mann keinen Anlass sieht und findet ich übertreibe. Tatsächlich ist die große aber sehr ängstlich für ihr Alter und hat Mühe sich gegenüber anderen abzugrenzen, da mein Mann ja jegliche Situationen, in denen sie sich abgrenzen müsste, von ihr fernhält. Die mittlere hat gewisse Probleme in der Frustrationstoleranz und in Regeln einhalten, was dazu führt, dass die Kinder im Kindergarten oft keine Lust haben mit ihr zu spielen und sie wurde auch schon von den Erziehern bestraft, weil sie sich nicht an Regeln gehalten hat. Warun auch, wenn es Zuhause immerzu Ausnahmen gibt und sie vor Konsequenzen ihrer Handlung verschont bleibt. Haben Sie einen Tipp für mich? Ich liebe meinen Mann und er ist ein sehr liebevoller engagierter Vater.


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Die Haltungen von Eltern zum Thema Erziehung sind oft unterschiedlich, weil beide ihre Geschichte mitbringen, verschiedene Menschen sind. Oft ergänzt sich das gut und Kinder lernen, dass es verschiedene Haltungen zum Leben gibt. Erst wenn Sie das Gefühl haben,Ihre Kinder leiden darunter, zeigen Auffälligkeiten, sollte gemeinsam überlegt werden. Leider artet das schnell in Vorwürfe und Rechtfertigungen aus. Vielleicht hilft, ohne Vorgabe in ein Gespräch zum Thema, "wie entwickeln sich unsere Kinder und was hat das mit uns zu tun?" zu gehen. Beide Seiten tragen Hilfreiches und Störendes bei, beide haben "mit Recht" ihre Vorstellungen von Entwicklung. Wenn sie miteinander finden können, dass die Synthese mehr ist als die Einzelteile, wenn der Vorwurf draussen bleibt und man auch die Wertschätzung für die Haltung des anderen zeigen kann, dann hat man Chancen sowohl für die Kinder, als auch für das Paar, etwas zu gewinnen. Versuchen Sie mal diese Art von Dialog und nicht DISkussion. Viel Erfolg. Dr.Ludger Nohr


Bine.30

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Vielen Dank Dr Nohr!!


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