Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Tochter fast 6

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Tochter fast 6

Natascha 1981

Sehr geehrter Dr Nohr Unsere, Tochter wird im Mai 6 jahre alt, und ist aufgrund der derzeitigen Situation viel zu Hause. (Wir arbeiten beide in systemrelevanten Berufen, d. H. Sie geht ca 3 Tage pro Woche Vormittag in den Kindergarten) Leider sind wir gefühlt nur mehr am schimpfen, sie rebelliert gegen einfach alles anziehen, Zähne putzen, alles wird zum Kampf..... Wie können wir die Situation entschärfen? Alleine spielen kann sie sich auch gar nicht und braucht im wahrsten Sinne des Wortes eine Rundumbespaßung, mittlerweile komme ich sehr an meine Grenzen.... Lg


Liebe Natascha, ich glaube, wir müssen alle erstmal akzeptieren, dass diese Situation völlig neue Fragen aufwirft und ganz andere Fähigkeiten braucht, die wir zum Teil erst wieder entwickeln müssen. Das gilt auch für Ihre Tochter. Vor allem reagieren Kinder auf die veränderte Situation viel weniger rational als die meisten Erwachsenen, d.h. die emotionale Verunsicherung drückt sich vielfältig aus. Und das Repertoire der Kinder, solch lange Zeiten zu gestalten, ist natürlich viel geringer. Die Erwartung, dass Ihre Tochter diese Zeit jetzt schon gut alleine gestalten könnte, ist wohl noch eine Überforderung. Wenn man sich also jetzt die Frage stellt, was diese Situation auch positiv miteinander verändern könnte, man nicht immer nur alles wie immer macht plus ..... , dann kann sich eine völlig neue Sichtweise ergeben. Wenn Sie versuchen könnten, das Verhalten Ihrer Tochter nicht nur als störend oder provozierend zu erleben, sondern darin auch ihre momentanen Grenzen zu sehen, könnten sich andere Gemeinsamkeiten und Erfahrungen ergeben. Konkret könnte das auf diesem Hintergrund heißen, in den Tag gemeinsame Zeiten einzuplanen, Schönes miteinander zu gestalten um dann auch klare Zeit für "Sachzwänge" zu haben. Überlegen Sie mit ihr Möglichkeiten der Beschäftigung, des Kontakts usw. und ermöglichen Sie ihr damit, zu lernen mit solchen Situationen umzugehen. Für Kinder sind klare Strukturen wichtig, sie vereinfachen Abläufe und machen die Tage überschaubarer. Versuchen Sie diese schwierige Situation auch als Möglichkeit zu sehen, nicht nur als zusätzliche Belastung. Dann könnte die ganze Familie davon profitieren. Dr.Ludger Nohr


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