Frage: Temperament - Angst vor später

Hallo Dr. Posth! Meine Tochter (*12.11.12 bei 37+3 mit 2330 und 48cm durch Wachstumsretadierung) ist ziemlich temperamentvoll! Schon meine Hebamme im Wochenbett hat sie zärtlich Wutbolzen genannt! Sie schreit Tlw so sehr, dass sie keine Luft mehr holt! Auch ist sie leider in ihren Zeichen nicht immer eindeutig, sodass es Tlw dauert bis wir wissen was sie möchte, wir hoffen dennoch auf eine positive Jahresbilanz ;) Wenn ich hier über Temperament lese, wird mir Angst und Bange vor später! Wie entgegnet man so einem Temperament erzieherisch, wenn es losgeht? Liebevolle konsequenz? Was kann man frühzeitig tun um Wutausbrüche von vornherein abzumildern? Kann man überhaupt etwas tun oder sollte man Gelassenheit üben? Momentan versuchen wir alles um sie zufrieden zu stellen und insgesamt ist sie sonst ein fröhliches, brabbelndes Mädchen! Sie schläft im Beistellbett oder bei mir, falls das wichtig sein sollte! Vielen dank für ihre Arbeit - alleine mitzulesen hilft ungemein!! VG, ines

von Templerin1006 am 29.04.2013, 08:20



Antwort auf: Temperament - Angst vor später

Hallo, ja, wie geht man mit einem offensichtlich temperamentvollen Säugling und Kleinkind um? Diese Frage lässt sich etwas leichter beantworten, wenn man einmal aufzählt, was man nicht tun sollte. Denn das sind die Dinge, die einem meistens von "den Leuten" und machnmal auch von Fachleuten empfohlen werden. So ist z.B. die Erzwingung von Triebaufschub durch Schreien-lassen und andere Maßnahmen beinahe Gift für diese Kinder. Denn das Schreien und der Triebaufschub gerade bei diesen Kindern erzeugen ungeheuer großen Stress und schädigt im Gehirn die zarten Willensstrukturen, die später die Kontrolle des Willens gewährleisten sollen (negative "emotionale Integration"). Zugegeben, diese Kinder sind anspruchsvoll, unduldsam und impulsiv. Zugleich sind sie empfindsam und nervös. Aber sie können ja nichts für ihre Veranlagung und leiden selbst an ihren Verhaltensweisen. Das darf man nicht vergessen. Und sie können alles andere als diese korrigieren, nicht sich selbst und schon gar nicht der Umwelt zuliebe. Im zweiten Lebensjahr kommen Widerspenstigkeit und heftiger Trotz dazu. Setzt man ihnen jetzt die berühmten Grenzen, damit sie sich zurücknehmen, geschieht in der Regel genau das Gegenteil. Sie werden immer aufsässiger. Kommen dann autoritäre Maßnahmen und heftige Strafen dazu, wird alles nur noch schlimmer. Aber schon im 2. Lebensjahr zeigen sich auch erste Erfolge im Verhalten durch positive emotionale Integration. Je mehr Beachtung diese Kinder gefunden haben, mit mehr Nachsicht sie behandelt wurden, je zügiger ihre Bedürfnisse befriedigt worden sind, desto weniger hartnäckig ist ihr Wille geworden und desto bereitwilliger üben sie auch schon mal Verzicht oder geben nach. Noch deutlicher wird dieser Vorteil am Übergang zum 3. Lebensjahr, wenn der Trotz normalerweise nachlässt und an dessen Stelle mehr und mehr das Verhandeln mit Worten tritt (ausreichende Sprachentwicklung vorausgesetzt). Die mit Strenge und Eingrenzung erzogenen Kinder hingegen werden jetzt immer deutlicher oppositionell und fangen an, massiv zu provozieren. Die Veranlagung zur Aggression wird jetzt dazu benutzt, die negative Haltung der sozialen Eingliederung gegenüber zur Durchsetzung eigener Interessen zu instrumentalisieren. Die Kinder werden renitent. Und so könnte man die Entwicklung fortsetzen, entweder in die prosoziale positive Richtung oder die antisoziale negative. Also Veranlagung oder Disposition und Umwelteinfluss sowie Erziehung greifen immer stärker ineinander und bestimmen letztlich das, was aus dem Temperament am Ende im Charakter und in der Persönlichkeit tatsächlich wird. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 01.05.2013



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Veranlagung/Temperament

Sehr geehrter Herr Dr Posth,Beitrag  http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/Bindung-und-Wutgebruell_53844.htm könnte z.T. v mir sein.Unterschied:Unser Sohn ist 2,5 und macht ES bei beiden,mir u Papi.Er ist extrem temperamentvoll.Ist dies Veranlagung?Wir sind beide so, allerdings leben wir es ihm NICHT vor,können uns meist gut beherrschen.Er ras...


Perfektionismus/Angst vor unbekannten Aufgaben (5 Jahre, Sohn)

Sehr geehrter Dr, Posth, Sohn (Mai 09), zeigt Angst/Verweigerung/Bockigkeit bei unbekannten Aufgaben und Personen. zB U-Untersuchung beim Kia: er antwortet nicht, macht Aufgaben nicht, bzw. anders als er soll. Schreit, weint. Jetzt Vorschulkind Kiga: er sagt Ich mach beim Vorschulprogramm nicht mit, alle anderen freuen sich. Bockt. Sagt nicht Gu...


Angst vor Baden und Scheibenwischern

Guten Tag Frau Doktor Henkes, unser Sohn ist knapp 2,5 Jahre alt, gut entwickelt, spricht z.B. größtenteils in ganzen Sätzen, erinnert uns gerne daran z.B. Müll rauszubringen, wenn wir spazieren gehen wollen, ist gegenüber Erwachsenen recht extrovertiert, bei gleichaltrigen Kindern allerdings zum Teil etwas zurückhaltend, hilft jedoch kleineren...


Angst vor Rauchmelder

Hallo Frau Henkes, Bei meiner Tochter zu Hause ging vor einer Woche der Rauchmelder an. Meine Enkelin (2) hat sich sehr erschrocken . Jetzt ist es so, das sie aus Angst gar nicht nach Hause möchte. Sie ist total an schreien und man merkt, das sie Angst hat. Der Rauchmelder wurde sofort weggelegt. aber das nützt alles nichts. auch haben wir i...


Kind hat Angst vor fremden Menschen .

Hallo ich hoffe sie können mir helfen oder mir einen Tipp geben .  unser Sohn 2 1/2 hat Angst vor fremden Menschen .  wenn wir draußen unterwegs sind und er läuft und dann eine fremde Person auf ihn zu kommt oder ein Auto vorbei fährt hat er Angst . Er ruft dann immer direkt Angst und will auf dem Arm .  auch wenn wir auf dem Spielplatz sind . ...


Angst vor Kindern nehmen

Hallo Frau Henkes, mein Sohn ist 3 und seit diesem Monat im Kindergarten. Er tut sich aber mit anderen Kindern schon immer Wahnsinnig schwer, das merkt man jetzt wieder ganz besonders. Er hat so zwei Kinder, mit denen er gerne spielt. Also Nachbarskinder. Und auch sein Cousin. Aber bei anderen Kindern wie im Kindergarten erstarrt er regelrecht, i...


Angst vor Arzt nehmen

Guten Tag, Unser Sohn (1,5 jahre) hat leider Angst vorm Arzt bekommen.  Er musste einige Blutabnahmen und Infusionen ertragen ( alle unvermeidbar). Sobald wir eine Arztpraxis oder das Krankenhaus betreten weint er. Weder das Abhören noch andere Untersuchungen gelingen ohne das er schreit.  Letztens hat er sogar bei der Einschreibung im Ki...


Angst vor dem Kindergarten

Guten Tag Frau Henkes, Ich hoffe Sie können mir etwas weiterhelfen bei der Einordnung der Situation.  Unser Sohn wird nächste Woche drei Jahre alt.  Er besucht seit 1,5 Jahren die Kita.  Davon war er ein Jahr lang im Krippenbereich und ist nun schon ein halbes Jahr bei den größeren Kindern. Die Eingewöhnung in der Krippe lief recht schleppend, a...


Angst vor Wasser

Hallo Frau Henkes,  mein Sohn ist 14 Monate alt und hat immer sehr gerne gebadet. Vor 2 Wochen ist er im Sitzen weggerutscht und untergetaucht. Er hat sich sehr erschrocken und geweint. Seitdem ist Baden unmöglich geworden. Er schreit und weint ganz schlimm, sobald ich ihn ins Wasser setze. Ich habe schon mehrere Sachen probiert: mit ihm baden,...


Angst vor dem Kindergarten

Sie haben mir letzte Woche schon so toll geholfen.    Nochmal kurz zur Situation:  Meine Tochter ( 4  1/2) war immer gerne in den Kindergarten gegangen. Hatte nie Probleme mit Trennungen etc.    Seit 2 Wochen reagiert sie total emotional überfordert und ich habe heute im Gespräch mit dem Kindergarten erfahren das es einen Jungen gibt de...