Frage: soziale Schwierigkeiten

Hallo, mein Sohn ist 5 Jahre alt. Er ist mit drei in den Kindergarten gekommen und er hat sich dort nie richtig in die Gruppe integrieren können. Letztes Jahr war er dann ab März nicht mehr im Kiga und ist im September durch einen Umzug in einen neuen gekommen. Dort lief es bis jetzt super. Ich habe jetzt erfahren, dass es ihm seit kurzem sehr schwer fällt seine Gefühle zu regulieren, er relativ schnell ausrastet, vor allem wenn seiner Meinung nach etwas ungerecht ist. Er hat wohl auf einmal angefangen andere Kinder zu beißen und zu hauen. Er grenzt sich somit schnell stark von den anderen Kindern ab, die dann natürlich nicht mehr mit ihm spielen wollen. Er ist im Grunde ein total lieber, sehr sensibler und intelligenter Junge. Aber er hat Schwierigkeiten sich sozial anzupassen. Ich habe es erlebt, dass er dann total aufdreht und teilweise auf Clown macht. Es ist bei ihm irgendwie umgekehrt als bei vielen anderen Kindern. Er ist meistens daheim total lieb und ruhig und „normal“ und draußen dann plötzlich ein total anderes Kind. Auch die plötzliche Veränderung im Kindergarten macht mir Sorgen. Wie kann ich ihm helfen? Wäre z.B. Ergotherapie eine Möglichkeit? Und was kann ich privat daheim machen? Er ist auch immer sehr traurig, wenn er keine Einladung zum Geburtstag bekommt, dh er möchte dazu gehören, weiß aber nicht wie. Vielen Dank Mit freundlichen Grüßen

von wunderhoch3 am 08.07.2021, 13:30



Antwort auf: soziale Schwierigkeiten

Guten Tag, vermutlich verhält Ihr Sohn sich im Kindergarten anders als zuhause, weil er zuhause nicht mit anderen Kindern konkurrieren oder sich mit ihnen auseinandersetzen muss. Das Miteinander der Kinder im Kindergarten erfordert eine Menge soziale Kompetenzen. Diese bringen die Kinder mit fünf Jahren aber noch nicht unbedingt mit, sondern sie müssen sie erst erwerben. Offenbar ist Ihr Sohn derzeit in einer Phase, in der er bestimmen will, wie etwas geregelt wird und er ist noch nicht in der Lage andere Lösungen zu tolerieren. Wenn er seine Vorstellungen nicht durchsetzen kann, ist er frustriert und versucht, seine Idee zu erzwingen. Ihr Sohn muss also noch Frustrationstoleranz erlernen, was in diesem Alter ganz normal ist. Für Ihren Sohn ist diese Situation tatsächlich schrecklich, denn er ist überzeugt davon, dass er das Richtige will und kann es nicht ertragen, dass andere das anders sehen. Andere Meinungen zu akzeptieren, seinen verständlichen Ärger sozial angemessener zu bewältigen muss er noch lernen. Dabei helfen ihm die anderen Kinder durch ihre Reaktionen, die er ja als unangenehm erlebt. Mir erscheint es weniger so, dass Ihr Sohn sich abgrenzt, sondern dass die anderen Kinder ihn ausgrenzen, wenn er sie körperlich attackiert. Vermutlich benötigt Ihr Sohn hier Unterstützung, um zu erkennen, dass diese Dinge zusammenhängen. Wenn Sie das mit ihm besprechen, kann er feststellen, dass er etwas dazu beitragen kann, dass die anderen Kinder ihn wieder dabei haben wollen. Auch die Erzieher/Innen werden hier sicherlich versuchen, so auf Ihren Sohn und die Gruppe einzuwirken, dass er wieder integriert werden kann. Derzeit erscheint mir eine Ergotherapie nicht notwendig, weil die aktuellen Schwierigkeiten Ihres Sohnes sich noch ganz im üblichen Spektrum befinden. Dazu gehören auch die Clownerien. In diesem Alter haben Kinder oft noch nicht genügend Selbstwertgefühl entwickelt, um anderen Kindern unbefangen zu begegnen. Sie glauben noch, sich durch Imponieren - durch Clownspielen oder aggressive Dominanz - behaupten zu müssen. Dabei ist Selbstbehauptung ja auch eine wichtige und nützliche Eigenschaft. Sie können das mit Ihrem Sohn schon altersgemäß besprechen. Dabei ist es sehr wichtig, dass Sie Verständnis für seine Sichtweise und Motive zeigen, ihm aber auch aufzeigen, was er selber dazu beitragen kann, von den anderen Kindern akzeptiert zu werden. Ich bin sicher, dass dies gelingen kann, denn Kinder verzeihen in diesem Alter noch schnell und sind schnell bereit, wieder auf ein Kind zuzugehen. Vielleicht hilft es auch, wenn Ihr Sohn sich zunächst mal mit einzelnen Kindern nach dem Kiga trifft. Da können Begegnungen oft entspannter ablaufen.

von Ingrid Henkes am 09.07.2021