Liebe Frau Henkes, im Vorfeld möchte ich mich schon fürs Lesen bedanken, da der Text, fürchte ich, länger wird. Ich bitte um Umgangsempfehlungen mit meiner Tochter. Meine Tochter wird Anfang Oktober 6 Jahre alt. Mir fällt in letzter Zeit auf, dass sie oft ein fast übertriebenes Selbstbewusstsein an den Tag legt, das, so scheint es mir, manchmal nur äußerlich selbstbewusst ist, innerlich vielleicht sogar eher unsicher (z.B. sehr lautes Reden, "aufgesetztes" Lachen, absichtlich Dinge machen, die dem Gegenüber unangenehm sind). Sie imitiert dann auch manchmal andere Kinder, die sich eher oppositionell verhalten. Mein Mann und ich bemühen uns wirklich sehr, wertschätzend und bedürfnisorientiert mit unserer Tochter umzugehen und viel mit ihr zu unternehmen, bei dem sie in positivem Sinne Selbstwirksamkeit erleben kann. Es gibt wenig Regeln und eine Abmachung, deren Einhaltung uns aber wichtig sind - z.B. dass man bei Tisch bewusst isst, weil wir Lebensmittel als etwas wertvolles erachten und achten oder z.B. muss unsere Tochter von ärztlicher Seite aus den Mund geschlossen halten beim Atmen. An den geschlossenen Mund erinnern sie so oft, und sehr oft ist es so, dass wir sie nett erinnern, und 3 Sekunden später hat sie den Mund wieder offen. (Von medizinischer Seite aus ist ihr das Schließen des Mundes ohne Probleme möglich.) Mein Mann wird dann manchmal schärfer im Tonfall und leider manchmal erst dann belässt sie den Mund zu. Davor macht sie ihn zwar kurz zu, aber nach 2 oder 3 Sekunden ist er wieder offen. Oft haben wir da wirklich das Gefühl, dass, erst wenn jemand lauter wird, meine Tochter erkennt oder ernst nimmt, dass das jetzt wirklich wichtig ist. Leider sieht man in unserem Wohnumkreis viele Eltern nicht wertschätzend mit den Kindern reden und umgehen, es wird viel gedroht "wenn ...., dann ..... "etc. Meine Tochter sieht das natürlich auch und erlebt es im Kindergarten  auch, dass Kinder untereinander so umgehen. Diese Art des Umgangs wollen wir nicht, aber wir wollen auch ernst genommen werden.  Und der zweite Teil meiner Frage - vielleicht hängt aber ohnehin alles zusammen - meine Tochter kommt mir sehr intelligent vor. Sie kennt schon lange alle Buchstaben, kann fast im 10er Raum rechnen, hat einen ungewöhnlich guten räumlichen Orientierungssinn. Und auch sozial ist meine Tochter sehr weit entwickelt. Sie ist jetzt im letzten Kindergartenjahr. Es hätte die Möglichkeit gegeben, sie frühzeitig einzuschulen, wir haben uns aber aus mehreren Gründen dagegen entschieden. Bisher haben wir unsere Tochter in diese Richtung nur wenig gefördert bzw. eigentlich nicht, natürlich ihr erklärt und gezeigt, wenn sie etwas wissen wollte, aber "nur das notwendigste". Und haben sonst eher geschaut, dass wir mit ihr viel in der Natur unterwegs sind, sie sich viel bewegt, spielt, etc. Nun hat sie die Freude an Vorschulblättern entdeckt, was auch schön ist nur "leider" hört sie aus dem Umfeld jetzt oft, wie toll das ist, dass sie schon so viel kann, wie gescheit sie ist, etc. Das stimmt ja auch alles, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass meine Tochter mit diesen Aussagen noch nicht gut umgehen kann - ich habe Sorge, dass zu leicht in ihr das Gefühl entsteht, dass sie dadurch toller, wertvoller, besser als andere Kinder ist und ich merke, dass sie beginnt, ihren Selbstwert über die Leistung zu definieren und das möchten wir Eltern vermeiden. Ich muss vielleicht dazu sagen, dass mein Mann und ich beide (leider?) sehr intelligent sind und auch etliche Nachteile dessen am eigenen Leib erlebt haben, und das würden wir unserer Tochter sehr gerne ersparen. Z.B. habe ich erst sehr spät in meiner Schulzeit erfahren, dass nicht alles "von selbst" geht und hatte eine Zeit lang dann große Probleme mit dem Erarbeiten und Lernen. Haben Sie bitte Umgangsempfehlungen und/oder Input zu meinen Fragen für uns? Vielen lieben Dank!