Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Regressieren und leben in Traumwelt

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Regressieren und leben in Traumwelt

salatblatt

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Meine Tochter (4 Jahre und 1 Monat) zeigt zur Zeit eigenartiges Verhalten.  Seit etwa 2,5 Wochen benötigt sie wieder eine Windel, die Wochen vorher ging sie bereits alleine aufs Klo.  Allerdings steckte sie noch mitten im Trocken-Werden-Prozess.    Zeitgleich zum wieder Windel tragen spielt sie wieder oft Baby, will so gehalten werden und ist sehr nähebedürftig.  Wenn wir auf dem Spielplatz oder bei anderen Kindern sind, dann muss ich immer in ihrer Nähe sein.    Auch schläft sie derzeit schlecht und kommt schon früh in unser Bett, davor hat sie monatelang konstant durchgeschlafen.    Neuerding lebt sie sehr stark in einer Traumwelt, spiel Feuerwehr und benennt sich nach einer Figur aus der Fernsehserie Feuerwehrmann Sam und benennt uns Eltern teilweise auch nach Figuren aus der Serie.  Auch ihr imaginärer Freund ist wieder aufgetaucht. :) Durchlaufen Kinder in diesem Alter einen Entwicklungsprozess? Auffällig ist, dass sie grade sehr in ihr Spiel vertieft ist und auch teilweise länger alleine spielt.    Ansonsten ist nichts besonderes vorgefallen, was den "Rückfall" zum Baby (Windel, Tragen, nachts oft wach) und den Rückzug in ihre Traumwelt erklären könnte.    Ich kenne dieses Verhalten von ihr bei motorischen Schüben, als sie Laufen gelernt hat wollte sie z. B.  nicht mehr Essen, sondern nur stillen/Flasche und war sehr viel anhänglicher als sonst.    Kann das jetzt auch der Fall sein?   Ich versuche entspannt zu bleiben, aber dass sie z. B.  ich wieder eine Windel braucht nervt mich schon etwas.  Aber das trocken werden stand eh auf wackeligen Beinen und war noch lange nicht abgeschlossen. 


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Kinder haben immer mal wieder Phasen, in denen vor allem die psychische Entwicklung voranschreitet. Dann können plötzlich neue Gefühle und vor allem Ängste im Unbewussten auftauchen, die ein Kind zu verarbeiten lernen muss. So kann es auch zu Alpträumen kommen, gegen die das Kind dann die Nähe der Eltern sucht. Auch intensive Phantasiespiele kommen zum Einsatz, um die Angst zu bewältigen. So ist ein Feuerwehrmann doch ideal geeignet, ein eventuell entstehendes bedrohliches Feuer zu löschen. Möglicherweise hilft Ihrer Tochter gerade eine kleine Regression auf eine frühere Entwicklungsstufe, um sich den möglichen Bedrohungen, die sie sich immer besser vorstellen kann, zu entziehen. Als Baby muss  man sich um nichts kümmern und versteht auch noch nichts von der Welt. Solche Phasen sind vorübergehend. Wenn Ihre Tochter mit ihren Ängsten besser umgehen kann, wird sie sich auf einer neuen Entwicklungsstufe wieder altersgerecht verhalten. Unterstützen Sie Ihre Tochter, indem Sie deren Ängste ernstnehmen ohne sie überzubewerten. Vermitteln Sie ihr im Rollenspiel, dass es sehr gut ist, einen Feuerwehrmann im Haus zu haben. Aber brennen wird es bei Ihnen sicher nicht. Sie als Eltern sorgen dafür. Sie können ihr auch bestätigen, dass es zwar manchmal guttut, sich wieder wie ein Baby zu fühlen, dass Babys andererseits aber einfach noch nicht so viel machen können, was für Ihre Tochter jetzt sicher langweilig wäre. Ich wünsche ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


salatblatt

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Liebe Frau Henkes (und weitere Mitleser),   vielen Dank für Ihre Antwort. Ich komme erst jetzt dazu zu schreiben, da wir grade krank waren. Quasi einen Tag, nachdem ich die Frage gestellt hatte, hat meine Tochter das Regressverhalten abgelegt und ist fast wieder die alte. "Fast", da sie einen merkbaren Entwicklungssprung gemacht hat. Sie spielt neuerdings lange Zeit alleine und intensiv (ca., 1-1,5 Stunden) und die Windel hat sie auch wieder abgelegt, seitdem sie so intensiv spielt. Dies soll ein kleiner Mutmacher sein für alle Eltern, deren Kinder auch zwischendurch in "Babyphasen" zurück fallen. :)   Viele Grüße Salatblatt


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