Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Mache ich das richtig? Bindungsfragen.

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Mache ich das richtig? Bindungsfragen.

Aghlp

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Erlauben Sie mir bitte diese Fragen zur Bindung: 1. Kann eine unsichere Bindung gegenüber einer Person innerhalb der ersten drei Lebensjahre sich zu einer sicheren Bindung ändern? 2. Weiss man, wann man frühestens die Bindungsform (sicher, unsicher..usw.) erkennen kann bzw. nach M.Ainsworth den „Fremdentest“ machen kann? Könnte ich schon Anzeichen einer Bindungsform bei meinem Baby (6. Monate) erkennen? 3. Und was ist, wenn man dem Säugling etwas beibringen möchte (beispielsweise das selbstständige Einschlafen) und das Baby protestiert (schreit) und man „eisern“ bleiben muss? Obwohl man weiss, dass das Baby schreit, um auf dem Arm einzuschlafen. Das würde ja bedeuten, dass man das Signal erkennt aber auf das Bedürfnis des Baby nicht eingehen kann, weil es ansonsten lernen würde, dass es schreien muss, um auf den Arm genommen zu werden. 4. Ich mache mir ein wenig Sorgen, da mein Sohn immer auf meinem Arm einschläft und ich ihn dann in sein Bett lege. Er wacht dann empört auf und weint. Im Grunde ist er verunsichert, weil er an einem anderen Ort als auf meinem Arm aufwacht. Kann das zu einer unsicheren Bindung führen? Entschuldigen Sie, dass ich Sie mit Fragen bombardiere. Das Thema interessiert mich sehr und ich hoffe sehr, dass Sie mir weiterhelfen beziehungsweise zurückschreiben können.


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Hallo, ich finde es immer schwierig, rein theoretische Fragen zu beantworten. Vor allem, weil einfache Kausalitäten in der Kinderentwicklung eher selten sind. Bindungsstile sind immer veränderbar, sie sind nichts, was man einmal für immer hat. Ich glaube aber, dass ein Grundvertrauen eine bessere Basis auch für negative Erfahrungen ist. Aber auch negative Früherfahrungen können, zumindest teilweise, kompensiert werden. Bindungsstile erlebt man schon früh. Der Fremde-Situation-Test von Mary Ainsworth hat versucht, ein standartisiertes Verfahren zu etablieren und er gilt nur für einjährige Kinder. Sie müssen einem Säugling nichts beibringen, vor allem nicht alleine einzuschlafen. Sie können es anbieten, versuchen, aber wer sagt, dass Sie eisern sein müssen, gegen Ihr Gefühl? Ich halte diese Art von eiserner Konsequenz bei einem Säugling für bindungsschädigend und gefühllos. Ihr Kind möchte auf den Arm genommen werden, weil es gut tut, Nähe erleben lässt und beruhigt. Ein völlig akzeptabler Wunsch. Das Kind schreit auch, weil der Wunsch nicht erfüllt wird. Wenn Ihr Sohn beim Aufwachen Ihre Anwesen spürt (oder zeitnahe bekommt), schädigt das alleine die Bindung nicht. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich mehr auf Ihr Gefühl verlassen können als auf Ratgeber, die weder Sie noch Ihr Kind kennen. Dr.Ludger Nohr


cube

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Du machst dir also Sorgen um eure Bindung bzw. willst alles richtig machen und dazu sogar den Ainsworth-Test machen? Bist du dir so unsicher bzgl. eurer Bindung, dass du diesen Test machen musst/möchtest, um Sicherheit zu haben? Was wäre denn dann, wenn dein Kind zB nicht weint, sich später von dir nicht sofort beruhigen lässt oder dich gar ignoriert bei deiner Rückkehr? Hab bitte im Kopf, das ein Test zu wissenschaftlichen Zwecken auf einer Fallzahl beruht. Ein Einzeltest nach Ainsworth alleine würde dir keine zuverlässige Auskunft über eure Bindung geben. Im Einzelfall müssen eben viel verschiedene Dinge zusammen betrachtet werden. Ein Säugling muss nicht alleine einschlafen. Und ihn schreien zu lassen, damit er etwas lernt, wird eher die Bindung bröckeln lassen als ein paar mal zu viel auf dem Arm eingeschlafen zu sein. Ich hoffe, Dr. Nohr kann dir deine Unsicherheit ein wenig nehmen, so dass du die Zeit mit deinem Baby einfach genießen kannst.


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