Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Laut geworden

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Laut geworden

Peeech32

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Liebe Frau Henkes,  vor zwei Tagen ist mir etwas wirklich Blödes passiert, für das ich mich noch immer ohrfeigen könnte, doch kann ich es natürlich nicht mehr ungeschehen machen.  Ich habe meinen 10 Wochen alten Sohn mit der Flasche gefüttert. Er ist normalerweise ein guter Trinker, aber zu dem Zeitpunkt war der Wurm drin. Er hatte Hunger, hat aber während des Trinkens immer wieder abgesetzt und geweint. Ich wusste einfach nicht, woran es lag. Habe es mit Pausen, Beruhigung etc. versucht, aber er trank einfach schlecht. Da ich mir sehr schnell Sorgen mache, bin ich nervös und ängstlich geworden und habe ihn dann laut und in einem nicht sehr freundlichen Ton gefragt, was eigentlich sein Problem sei. Diese Reaktion tat mir Sekunden später so unendlich leid und ich habe mir viele Vorwürfe gemacht. Ich habe Angst, dass ich dadurch unserer Beziehung geschadet habe und er mich nun negativ wahrnimmt oder schlimmer noch: Angst vor mir hat und kein Vertrauen aufbauen kann. Ich selbst habe zu meiner Mutter ein sehr schlechtes Verhältnis. Sie hat mich als Kind und Jugendliche sehr schlecht behandelt (viel emotionale und körperliche Gewalt), wofür ich sie noch heute hasse. Ich habe mir geschworen, es besser zu machen und niemals etwas zu tun, was meinem Kind oder unserer Beziehung schadet. Jetzt fühle ich mich schon nach 10 Wochen so, als hätte ich versagt. Insbesondere, da ich nicht einschätzen kann, welche Auswirkung meine Reaktion auf ihn nun hat.    Ich hoffe, Sie können mir ein wenig weiterhelfen.    Herzlichen Dank   


Ingrid Henkes

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Guten Tag, machen Sie sich keine Sorgen. Auch wenn es in diesem Moment für Ihren Sohn vielleicht nicht schön war, wird ein solch einmaliges Ereignis keine schädlichen Folgen haben. Ihr Sohn hat schon mit zehn Wochen das Gefühl, dass seine Bedürfnisse von Ihnen gut und zuverlässig erfüllt werden. Säuglinge sind da ganz robust und können kurzfristige Irritationen dieses guten Gefühls in der Regel gut aushalten. Bedenken Sie bitte nur, dass Sie in Ihrer Beziehung die Einzige sind, die regulierend eingreifen kann. Wenn Sie beide aufgeregt oder ängstlich sind, können nur Sie Abhilfe schaffen. Ihr Sohn kann das noch (lange) nicht. Machen Sie eine kurze Pause zum Luftholen, bevor Ihnen der Geduldsfaden reißt oder Sie zu nervös werden. Das hilft manchmal schon, um sich darauf zu besinnen, dass es in solchen Situationen erstmal um die Beruhigung aller Beteiligten geht. Nach Ihren eigenen Kindheitserfahrungen haben Sie sich für Ihr Kind sehr viel vorgenommen. Das kann leicht zu erhöhtem Stress führen. Winnicott, einer der ersten Kindertherapeuten, hat gesagt, eine Mutter sollte es gut genug machen, damit das Kind sich gut entwickeln kann. Das bedeutet, sie muss es so gut machen, wie es ihr möglich ist. Dazu gehören auch kleine Pannen oder Unbesonnenheiten. Das ist einfach menschlich und dies dürfen Kinder von Anfang an erleben. Gestehen Sie sich das ruhig zu. Sie sind dann immer noch sehr weit vom Verhalten Ihrer Mutter entfernt. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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