Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Integrationsschwierigkeiten und emotionales Zurückbleiben

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Integrationsschwierigkeiten und emotionales Zurückbleiben

Majajo-baby

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Guten Morgen Frau Henkes, unsere Tochter Mayleen (im Mai wird sie 5) wächst mit ihrer Schwester (8) in einer intakten und behüteten Familie auf! Wir haben seit einigen Monaten Beobachtungen bei Mayleen die uns verunsichern: Zur Person: Mayleen ist ein Mädchen mit sehr "zarter Seele" und wirkt auf andere in sich gekehrt und nicht gelöst oder glücklich (außer Zuhause und im engsten/vertrauten Freundeskreis). Ein strenger Blick reicht aus, um sie "zu korrigieren". Schimpfen wir mal, bezieht sie das oft auf sich als Mensch und nicht auf die Situation. Ihre Konzentrationsspanne ist normal, aber sie lässt sich durch vieles sofort ablenken, lebt in ihrer "Traumwelt" und hat oft vom Kinderzimmer bis Küche vergessen, was sie machen sollte. Damit wir ihre Aufmerksamkeit haben, müssen wir gezielt Augenkontakt herstellen, weil sie sonst im Kopf schon weiterspielt. Sie könnte den ganzen Tag Vater-Mutter-Kind spielen.  1. Seit Oktober 2023 ist sie im Kindergarten, wo sie jedoch nur extrem schwer Fuß fasst (das bestätigen alle drei Erzieherinnen). Sie hatte viele Krankheitsphasen, wodurch sie auch recht wenig in der Kita war. Sie mochte den Kindergarten von Anfang an jedoch nicht und isoliert sich von den anderen, um alleine zu spielen. Sie wollen lieber Zuhause bleiben, bei mir (Mama).  Das kleine "Universum" von Mayleen ist ihre Familie. Sie freut sich, wenn sie mit Freunden (andere als im Kiga) spielen kann, verlangt aber nicht wirklich danach. Ihr würde die Familie reichen. Die Kita äußerte etwas erschrocken, dass Mayleen wenig Empathie zeigt, weil sie zu einem Erzieher gesagt hat, er würde "hässlich" lesen (Legastheniker). Aber wohl nicht um zu verletzen, sondern einfach gesagt, was sie denkt.  2. Zudem sagt sie seit über einem Jahr, dass sie gerne wieder ein Baby sein möchte. Auf die Frage warum: dann kann ich meinen Schnuller wieder haben und mit Mama kuscheln (was wir nun wirklich täglich ausgiebig tun). In Situationen,wo Mayleen unsicher ist, wenn sie mit Menschen, ob groß oder klein, zusammen sind, mit dem sie nicht SEHR vertraut ist, entwickelt sie Babyverhalten: Babysprache und Finger in den Mund.  Vermutung: Als Corona anfing, haben wir die ersten zwei Jahre nur mit zwei Familien Kontakt gehabt (aufgrund von meiner zu pflegenden Mutter, mussten wir extreme Vorsichtsmaßnahmen einhalten). Möglicherweise hängt Mayleen daher in ihrer emotionalen Entwicklung zurück.  Ängste: Ich hatte Sorge, dass ihr etwas traumatisches passiert sei, aber dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. (Ihre Geburt war traumatisch und die letzten zwei Monate waren schwer, weil unsicher war, ob die Oma stirbt.) Freunde sagten, wir wollten sie auf ADHS prüfen lassen.   Was würden Sie uns raten, wie wir damit umgehen sollen? Danke für ihre Zeit und Mühe, die Sie sich für eine Antwort nehmen 🌻   Herzliche Grüße Familie B


Ingrid Henkes

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Guten Tag, als erstes möchte ich Ihnen empfehlen, gelassen zu bleiben. Aus Ihrer Beschreibung geht keineswegs hervor, dass die emotionale Entwicklung Ihrer Tochter verzögert ist. Ich bin sehr verwundet über die Rückmeldung aus der Kita. Ein Erzieher sollte mit der Direktheit kindlicher Äußerungen vertraut sein und sich dadurch nicht gekränkt fühlen. Er sollte zudem sein Problem nicht auf den Schultern einer Vierjährigen abladen. Diese Äußerung Ihrer Tochter ist kein Hinweis auf fehlende Empathie. Möglicherweise hat Ihre Tochter in Ihrer Familie die Position der "Kleinen", da sie altersmäßig einen deutlichen Abstand zur älteren Schwester hat. Sie spürt, dass sie mit der Schwester nicht wetteifern kann. Daher zieht sie sich auf die Position der Kleinen zurück, die am liebsten wieder ein Baby wäre. Unbewusst mag sie sich davon Vorteile versprechen, wie Schonung und Verwöhnung. Möglicherweise hat sie einige dieser Vorteile tatsächlich. Vermitteln Sie Ihrer Tochter viele Erfahrungen, die ihr zeigen, dass das Großwerden sich lohnt. Das stärkt ihr Selbstwertgefühl. AkzeptierenSie die Schüchternheit Ihre Tochter. In geeigneten Situationen sollten Sie sie jedoch auch fordern. So können Sie sie sicher nicht verstehen, wenn sie Babysprache spricht. Mit ADHS hat das Verhalten Ihrer Tochter nichts zu tun. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


Majajo-baby

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Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Das gibt uns wieder mehr Sicherheit. Sie ist in der Tat unser "Nesthäkchen" und kommt argumentativ gegen ihre große Schwester in keiner Weise an. Wir müssen die Große immer wieder davon abhalten, die Mutterrolle/Erzieherrolle wahrzunehmen, die sie seeeehr gerne einnimmt.    Wir hoffen, dass Mayleen noch rechtzeitig lernt sich zu integrieren, damit sie im Schulalltag zurecht kommt.    Alles Gute Ihnen und bleiben Sie gesund 💐


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