Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Fragen zu 12 Monate altem Kleinkind

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Fragen zu 12 Monate altem Kleinkind

AndreaW..

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Hallo Frau Henkes,   Ich habe einige Anliegen bezüglich meiner 12 Monate alten Tochter. Ich sage in letzter Zeit ganz oft „nein“, versuche daran zu arbeiten und stattdessen andere Wörter zu benutzen. Sie weiß inzwischen genau was „nein“ bedeutet und reagiert auch dementsprechend darauf. Ist zu oft nein sagen wirklich schädlich eventuell auch für die Bindung? Meine Tochter hat mir vorhin so richtig stark mitten ins Gesicht gebissen, ich konnte mir einen lauten Schrei nicht verkneifen da mir wirklich schon die Tränen kamen und ich zum Spiegel bin um mir das Blut abzuwischen. Sie hat sich erschrocken und ist weg gekrabbelt, hat mich von Weitem angeschaut. Heißt das sie hat Angst vor mir? Es gab/gibt hier in letzter Zeit einige Veränderungen: Vor 5 Monaten Trennung vom Kindsvater(sieht ihn aber regelmäßig), seit ca. einem Monat reden wir als Eltern unsere Muttersprachen mit ihr(davor haben wir immer nur spanisch mit ihr gesprochen da wir im Ausland leben) das ist natürlich auch eine Umstellung für sie und dann im September fängt die Eingewöhnung in der Krippe an. Mute ich meinem Kind zu viel zu?  Meine Kleine weint immer wenn ihr Papa sie zurückbringt, manchmal weint sie auch wenn er sie abholt. In beiden Situationen lacht sie erst und weint dann, lässt sich schnell beruhigen. An was liegt das und was kann ich tun?  Sie hat gerade sehr große Trennungsangst, ich kann mich keinen Meter entfernen. Manchmal gibt es aber so Situationen da muss ich kurz aus dem Blickfeld und sie weint dann bitterlich. Ich weiß, unbegleitetes Weinen ist überhaupt nicht gut, aber wie gesagt manchmal geht es nicht anders. Macht dies das Urvertrauen kaputt? Ich sage ja immer schon Mama kommt gleich, dies interessiert sie aber reichlich wenig..  Wir hatten letztens eine Situation die mich sehr nachdenklich gemacht hat, folgendes: Ich habe meine Tochter ins Bett gebracht zum Nachtschlaf, sie ist danach jedoch zwei Mal aufgewacht und ich habe sie wieder zum einschlafen gebracht, beim 3. mal aufwachen(alles innerhalb einer Stunde) habe ich alles versucht aber sie wollte nicht mehr schlafen. Innerlich war ich ehrlich gesagt total gestresst da ich noch so viele Dinge zu tun hatte und es schon lang über ihrer eigentlichen Schlafenszeit war. Ich bin dann etwas unsanft mit ihr aufgestanden, habe sie auf dem Boden im Bad abgesetzt und mir mein Gesicht kalt abgewaschen. Ich habe dann ganz normal „so, jetzt gehen wir runter“ gesagt und mit den Händen leicht auf meine Oberschenkel „geklatscht“, daraufhin hat sie sich erschrocken und ist zusammengezuckt. Ich habe mich dann zu ihr runtergesetzt, wieder erschrocken. Danach habe ich meine Arme ausgestreckt und ihr gesagt ich möchte sie umarmen, dann ist sie in meine Arme „gesprungen“. Es ist für mich so schrecklich, ich kam mir vor als ob sie Angst vor mir hatte. Kann das eventuell daran liegen weil sie kurz davor noch geschlafen hat? Oder sie meine Anspannung gespürt hat? Wie soll ich mich verhalten damit dieser Vorfall unsere Bindung nicht gefährdet? Danach habe ich sie mit runter ins Wohnzimmer genommen, meine Dinge erledigt, mit ihr gesprochen und irgendwann später habe ich sie dann ins Bett gebracht. Generell erschreckt sie sich öfters wenn ich „Aus dem nichts“ plötzlich etwas sage. Ist das normal?  Vor ca. einem Monat hatten ihr Papa und ich einen Streit, wir haben nicht geschrien nur normal geredet allerdings habe ich dabei geweint und könnte mich erst wieder beruhigen als ich meine beste Freundin angerufen hatte. Ich vermeide es vor meinem Kind zu weinen. Ist dies schädlich gewesen?  Der Kindsvater fängt relativ oft eine Diskussion vor dem Kind an(aktuelles Thema pünktlich abholen und wieder bringen), wir reden normal und schreien nicht, ich habe allerdings Angst es könnte schädlich für die Kleine sein. Ich versuche Diskussionen vor ihr aus dem Weg zugehen, es gelingt nicht immer, haben sie mir Tipps?    Liebe Grüße und vielen Dank,  Andrea 


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Eine Trennung ist für alle Beteiligten eine große Belastung, die viele Verunsicherungen mit sich bringt. Das gilt auch für Ihre Tochter. Zudem wird Sie sicher spüren, dass auch ihre Eltern häufig anderer Stimmung sind als zuvor. Es ist für Ihre Tochter am sinnvollsten, wenn Sie und der Vater versuchen, möglichst viel Ruhe und Beständigkeit in die Situation zu bringen. Ihre Tochter reagiert auf die Verunsicherung mit verstärkter Trennungsangst und braucht wieder mehr Ihre körperliche Nähe. Das beruhigt sie. Gewähren Sie ihr diese. Kurze Situationen, in denen Sie aus ihrem Blickfeld verschwinden, schaden der Bindung nicht. Ihre Tochter hat bereits die Erfahrung, dass Sie bei ihr sind und macht diese ja auch weiterhin. Sie merkt, dass Sie schnellstmöglich zurückkommen. Ein Nein ist ein erstes wichtiges Erziehungswort, um ein Kind an gefährlichen oder problematischen Dingen zu hindern. Dazu gehört auch das Beißen. Sie sollten das Nein als Signalwort wichtigen Dingen vorbehalten. Sie müssen nicht mit einem anderen Wort Abwechslung schaffen. Die Übergabesituation eines Kindes bei getrennten Eltern ist häufig problematisch. Sie bedeutet für das Kind einen Situationswechsel, den viele Kleinkinder noch nicht gut aushalten. Keinesfalls sollten Sie die Situation für Ihre Tochter noch durch Diskussionen oder Streit erschweren. Das ist nicht immer leicht aber das Bemühen wert. Die geschilderte Zubettbringsituation erscheint mir nicht belastend für die Beziehung zu Ihrer Tochter. Sie wird auch keine Angst vor Ihnen haben. Möglicherweise reagiert sie empfindlich auf laute, unbekannte Geräusche oder war schon übermüdet. Sie haben Ihre Tochter beruhigt. Das ist das Entscheidende. Auch Ihr Schrei nach dem Biss war völlig in Ordnung. Das lässt sich bei starkem Schmerz ohnehin nicht vermeiden. Ihre Tochter hat erlebt, dass sie mit ihrem Beißen etwas bewirkt hat. Diesmal war es aber etwas Unangenehmes, womit sie nicht gerechnet hat. Einjährige beißen oft aus reiner Funktionslust. Sie muss aber lernen, dass dies unangenehme Folgen - auch für sie - hat. Sie werden sie anschließend sicher beruhigt haben. Besprechen Sie mit dem Vater Ihrer Tochter, dass Diskussionen vor dem Kind für Ihre Tochter belastend sein können. Verweigern Sie konsequent das Gespräch und verabreden Sie sich für einen späteren Zeitpunkt. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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