Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Emotionale Entwicklung und Bindung

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Emotionale Entwicklung und Bindung

Feuerschweifin

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Sehr geehrte Frau Henkes, ich habe Fragen zur emotionalen Entwicklung von Kindern und zur Bindung. Kind ist ca. 2,5 Jahre alt. In der Kita handelt das Kind sehr sozial, ist freundlich und lieb zu den anderen Kindern, bringt ihnen auch einfach so mal ihr Trinken. Die Eltern leben getrennt, das Kind lebt bei der Mutter. Kind durchlebt gerade die Trotzphase. Momentan ist nicht viel Körperkontakt zur Mutter gewünscht. Solch eine Phase gab es schon mal, danach suchte das Kind wieder mehr Körperkontakt zur Mutter, und gerade ist wieder eine Phase, in der das Kind nicht viel kuscheln und umarmen möchte. Ab und zu schon, aber eben nicht häufig. Wenn die Mutter es fragt, sagt es oft "nein", was auch vollkommen in Ordnung ist. Situation 1: Das Kind sieht seine Mutter weinen (was eine Ausnahme ist und sonst nicht vorkommt) und reagiert darauf nicht. Die Mutter erklärt dem Kind, dass sie gerade traurig ist, das aber nichts mit dem Kind zu tun hat. Kind verhält sich der Mutter gegenüber in dieser ganzen Situation wie immer, eben so als würde die Mutter nicht weinen, reagiert auch nicht auf die kurze Erklärung. Es unternimmt keine "Tröstversuche", indem es beispielsweise ein Kuscheltier bringt. Es reagiert einfach gar nicht auf das Weinen und verhält sich so wie immer, also so, als würde die Mutter nicht weinen.  Ist das Verhalten in der Situation mit der weinenden Mutter altersbedingt noch im normalen Rahmen oder weist es auf eine gestörte Bindung zwischen Mutter und Kind hin? Situation 2: Den ganzen Alltag (Organisation, Arzttermine, Kita, Krankenhausaufenthalte etc.) regelt die Mutter. Regelmäßiger Umgang mit dem Vater findet statt. In den Zeiten mit und bei dem Vater darf das Kind viel mehr von den Dingen tun, die bei der Mutter eingeschränkt werden (mehr Süßigkeiten und nichtgesundes Essen, Fernseh schauen, später ins Bett und solche Dinge). Wenn der Vater kommt, freut sich das Kind immer sehr, rennt hin, umarmt ihn. Bei Umgangswochenenden geht das Kind ohne Probleme mit dem Vater mit und freut sich. Wenn es aber zur Mutter zurückgebracht wird, dann reagiert es distanziert der Mutter gegenüber, begrüßt sie nicht und möchte zunächst keinen Körperkontakt. Auch wenn die Mutter das Kind aus der Kita abholt, ist es momentan so, dass das Kind nicht sofort kommt und die Mutter des öfteren zur Begrüßung nicht umarmen möchte. Das war auch mal anders früher. Momentan also eine ganz andere Reaktion der Mutter gegenüber als dem Vater gegenüber.  Die Trotzphase scheint auch fast nur die Mutter zu betreffen. Zähneputzen, eincremen etc. sind oft ein Kampf. Sobald der Vater anwesend ist, möchte das Kind, dass er diese Dinge durchführt, und das funktioniert mit viel weniger Weigern als bei der Mutter. Sind Oma, Opa oder ein anderer vertrauter Erwachsener anwesend, will das Kind auch oft lieber von diesen zB angezogen werden als von der Mutter. Das funktioniert dann auch ohne Meckern und Schreien. Deutet das unterschiedliche Verhalten der Mutter und dem Vater gegenüber auf eine gestörte Bindung zwischen Mutter und Kind hin? Vielen Dank für Ihre Einschätzung!


Ingrid Henkes

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Guten Tag, Kinder zeigen schon sehr früh ein unterschiedliches Verhalten Mutter und Vater gegenüber. Das liegt daran, dass beide Elternteile unterschiedlich sind, anders mit dem Kind umgehen, ein unterschiedliches Geschlecht haben u.a.. Ein Hinweis auf eine gestörte Bindung ist das nicht. Kinder fühlen sich auch je nach Entwicklungsstand und aktueller Phase mal mehr zum einen und mal zum anderen Elternteil stärker hingezogen. Was Sie beschreiben, lässt eher auf eine sichere Bindung Ihres Kindes schließen. Sie sind die Hauptbezugsperson, regeln den Alltag. Sie sind sozusagen die sichere Bank, auf die immer Verlass ist. Die anderen Bezugspersonen im Umfeld des Kindes sind das Besondere und Seltenere. Sie beschreiben einen gelockerten Umgang mit Regeln, ein gewisses Verwöhnen. Das ist ab einem gewissen Alter sehr attraktiv für Kinder. Weil Ihr Kind sich Ihrer so sicher ist, kann es sich leichter anderen Menschen zuwenden. Manchmal wirkt das ziemlich ungerecht. Sie haben die meiste Arbeit mit Ihrem Kind und erleben derzeit nicht die positiven Auswirkungen davon, während die anderen sozusagen nur zu Besuch kommen und Begeisterung auslösen. Für Ihr Kind ist es sehr wichtig, dass es diese Loslösungsschritte von Ihnen wagen darf, ohne um die gute Beziehung zu Ihnen fürchten zu müssen. Es verhilft ihm zu altersgerechter Autonomie und gefährdet Ihrer beider Beziehung nicht. Auf Ihr Weinen hat Ihr Kind vermutlich nicht reagiert, weil es damit überfordert war. Sie haben ihm ja auch erklärt, es habe nichts mit ihm zu tun. So hat es sich dann auch verhalten. Ich wünsche ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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