Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Der leidige Schlaf

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Der leidige Schlaf

Schubidubi

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Hallo Frau Henkes, Unser Sohn ist 10 Monate alt und ein ausgesprochener Sonnenschein. Er entwickelt sich altersgerecht und ist tagsüber sehr unabhängig, und versichert sich nur hin und wieder, ob noch jemand im Raum ist. Er wird noch gestillt, isst aber auch fleißig am Familientisch mit. An sich geht es ihm und uns prächtig. Schlaf war von Anfang an schwierig, trotz immer gleich bleibender Routine (Windel, Milch, Gute-Nacht-Geschichte, Schlaflied). Er schläft bei uns im Raum im eigenen Bett und wacht nachts 4-5 mal auf, das stört uns aber nicht. Das Einschlafen ist das Problem. Er wird nicht schläfrig ohne getragen zu werden. Die ersten 6 Monate seines Lebens hat er seinen Tagschlaf fast nur in der Trage verbracht, da er beim Ablegen sofort aufgewacht ist und ohne das Tragen auch gar nicht einschlief. Mit der Zeit wurde er mir allerdings zu schwer, da ich auch Rückenprobleme habe, und ich habe gegen den Protest meines Partners entschlossen, dass das Kind nun ohne Trage schlafen muss. Das hat auch erstaunlich gut geklappt, er hat zwar hier und da mal 10 Minuten geweint, aber ist generell auf meiner Brust friedlich eingeschlafen. Da hat er dann auch 1-2 Stunden am Stück geschlafen, am Wochenende auch gerne auf meinem Partner, und das war für uns alle völlig ok. Nachts hat mein Partner ihn im Arm gehalten, und ihn sanft auf der Stelle gewiegt und dann schlief der Kleine ruhig ein und ließ sich auch problemlos ablegen. Über die letzten zwei Monate hinweg hat unser Sohn allerdings seinen Mobilitätsschub gekriegt und wurde beim Einschlafen immer unruhiger. Vor allen Dingen auf meiner Brust einschlafen war schwierig, da er immer runtergekrabbelt ist. Wenn ich ihn dann festhielt, hat er geweint und ist dann aber auch recht schnell eingeschlafen. Während den Feiertagen hatte mein Partner jedoch Urlaub und es hat sich schnell so eingespielt, dass er den Kleinen wieder hochgenommen und herumgetragen hat, sobald er angefangen hat zu Jammern. Anfangs ist er dann nach 5 Minuten eingeschlafen, jetzt kann das schon mal eine Stunde dauern. Natürlich ist die Weihnachtspause lange vorbei und ich bin tagsüber wieder alleine mit dem Kind. Seine zwei Nickerchen landen also bei mir. Im Kinderwagen schläft er übrigens auch nur unter immensem Geschrei, und das auch nur bei totaler Übermüdung. Ich kann und will es nicht leisten, ihn so lange in den Schlaf zu tragen. Mein Körper macht das nicht mit, und ich habe Angst, dass es mit zunehmendem Gewicht nur noch schlimmer wird. Heute konnte ich nach einer Weile nicht mehr und habe den Kleinen im Arm gehalten und für eine Stunde gesungen. Eine halbe Stunde davon hat er geweint und sich aufgebäumt und mit aller Kraft versucht, von mir wegzukommen, und mich dabei ordentlich zerkratzt. Sein Vater kam dann, um ihn mir abzunehmen, und kaum hat mein Sohn ihn gesehen, hat er gestrahlt und gejuchzt. Ich habe dann meinen Partner gebeten zu gehen, was er widerwillig getan hat, und das Geschrei ging wieder von vorne los, schlimmer als zuvor. Irgendwann hat es dann aufgehört, und für noch eine halbe Stunde hat der Kleine ruhig auf meiner Brust gelegen während ich gesungen habe und ist dann eingeschlafen. Jetzt liegt er hier und schläft immer noch und ich fühle mich wie die schlechteste Mutter der Welt. Wie konnte ich mein Baby so lange schreien lassen, obwohl ich genau wusste, was er brauchte? Habe ich unsere Bindung zerstört? Schade ich ihm damit fürs Leben? Ich bin so, so unsicher, was den Schlaf betrifft, vor allen Dingen da mein Partner es so anders sieht. Ginge es nach ihm, würde er den Kleinen noch jahrelang in den Schlaf tragen. Aber ich bin ja die, die mit ihm zu Hause ist, und in der Zukunft wird mein Partner ja auch mal abends weg sein. Ich denke mir, dass unser Sohn es gewohnt ist, dass Papa ihn immer irgendwann hochhebt und trägt, aber mein Partner meint, das sei Unsinn. Auch bin ich mir nicht sicher, ob es überhaupt in Ordnung ist, ihn so festzuhalten, wie ich es heute getan habe, da es sich schon fast gewaltsam anfühlt. Ich weiß jedoch, und habe auch heute wieder gesehen, dass wenn ich ihn wegkrabbeln lasse, er sich nur hinsetzt und weiter weint. Hilfe haben wir uns vor einigen Monaten schon einmal geholt bei einer Schreiambulanz, aber die meinten letztendlich nur, dass wir ihn ruhig in den Schlaf tragen sollen, das würde sich irgendwann von alleine geben. Überall wird immer betont, wie gut und gesund das Tragen für das Kind ist, aber niemand geht darauf ein, was passiert, wenn man das einfach nicht mehr kann. Ich hoffe, meine Frage wird aus diesem langen Text deutlich. Ich bin emotional so erschöpft. Ich liebe meinen Sohn und will nur das Beste für ihn und fühle mich, als würde ich ihm ein Unrecht tun. Vielen Dank fürs Lesen.


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

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Guten Tag, zunächst einmal scheint Ihr Sohn sich doch sehr gut zu entwickeln und zu gedeihen. Das ist sehr erfreulich und die Bindung kann dann gar nicht schlecht sein. Vielleicht hilft es Ihnen sich vorzustellen, dass das Tragen im übertragenen Sinn gemeint ist. Die Bedeutung des Getragenwerdens ist ohnehin vor allem in den ersten Lebensmonaten hoch. Im Alter Ihres Sohnes ist es wichtig, dass das Kind sich getragen und gehalten fühlt. Das bedeutet, es braucht sichere und stabile Beziehungen zu den Eltern, in denen es sich angenommen, behütet und geschützt fühlt. Das ist bei Ihrem Sohn zweifellos der Fall. Er hat längst die Erfahrung gemacht, dass er bei Ihnen geborgen und sicher ist. Damit fühlt er sich getragen. Dazu müssen Sie ihn nicht mehr in den Schlaf tragen. Sie sind bei ihm und geben ihm die noch notwendige körperliche Nähe. Das hilft ihm, den Übergang in den Schlaf zu bewältigen. Es kommt übrigens häufiger vor, dass Kleinkindern dieser Übergang schwer fällt. Sie merken, dass Ihr Sohn in dieser Situation widerstreitende Impulse hat. Er will weg und weint gleichzeitig nach Nähe. Er ist zu klein, um da alleine herauszufinden. Dazu brauchen Kleinkinder einen Erwachsenen, der weiß, was Ihnen hilft. Und genau das wissen Sie. Sie halten Ihren Sohn und er kann einschlafen (auch wenn das derzeit noch etwas dauert). Ich bin sicher, dass er schneller einschlafen wird, wenn Sie stärker davon überzeugt sind, dass Sie das Richtige tun. Schon Winnicott, ein früher Kinderanalytiker, hat von der "good-enough-mother" gesprochen.Perfekt muss (und kann) eine Mutter nicht sein. Sie geben Ihr Bestes. Ein Kind über Ihre Kräfte zu tragen, ist nicht notwendig. Sie dürfen das auch ruhig anders machen als Ihr Partner. Kinder spüren sehr früh, dass die Eltern sich unterschiedlich verhalten und kommen damit in der Regel sehr gut zurecht. Wichtig ist dabei nur, dass es nicht zu einem Wettstreit kommt, wer besser mit dem Kind umgehen kann. Das würde später zu einem Loyalitätskonflikt führen. Derzeit würde es Ihre Bemühungen, Ihren Sohn ohne Tragen ans Schlafen zu bekommen, natürlich unterstützen, wenn der Vater sich ebenfalls mit ihm hinlegen oder -setzen würde. Sie können auch ruhig die Schreiambulanz nochmals aufsuchen, wenn Sie sich mehr Unterstützung für sich selbst im Umgang mit Ihrem Sohn wünschen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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