Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Binde ich mein Kind zu stark an mich?

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Binde ich mein Kind zu stark an mich?

Mitglied inaktiv

Meine Tochter,knapp 2,5 Jahre,ist sehr auf mich fixiert.Dies äußert sich v.a.dadurch dass sie,solange ich da bin eigentlich nur nach mir verlangt.Sie spielt mit mir,wickeln,waschen ins Bett bringen-alles Mama-Sache.Papa wird sogar teilweise weggeschubst und wenn er sie nachts beruhigen will,schreit sie solange bis ich komme.Wenn ich nicht da bin ( ich arbeite mehrmals pro Woche),Klappt es aber mit den beiden gut.teilweise betreuen die Großeltern sie,ohne Probleme.Sie fragt nur oft wann ich komme und sagt mir auch, dass sie die ganze Zeit auf mich gewartet hat wenn ich wieder da bin.Seit Januar geht sie in den Kiga.Durch Krankheit war sie vielleicht insgesamt 3 Wochen dort.Seit 1 Woche ist morgens "Drama".Sie weint und will zuhause bleiben.Ich ziehe es trotzdem durch und sage ihr immer wieder,dass nichts passiert und ich sie später wieder hole. Auch im Kiga fragt sie wohl oft wann ich komme,aber sie weint nicht allzu viel und beruhigt sich wohl auch schnell.Meine Schwester ist Erzieherin und meinte mal, dass dieses "mama-fixierte" nicht normal sei.Ich bin mir unsicher.Sie ist auch so sehr anhänglich.Ich gebe ihrem Kuschelbefürfnis auch gerne nach.Nachts schläft sie zu 90%Bei uns im Bett.Ab und an schläft sie bei sich im Zimmer, kommt dann jedoch in der Nacht zu uns.


Hallo, Kinder haben (wie Erwachsene auch) Prioritäten bei Bezugspersonen, empfinden manche näher, manche weniger anziehend, bei manchen fühlt man sich sicher, bei anderen weniger. Das hat mit den primären Kontakten zu tun (bes. Mutter) auch damit zu tun, wie diese Anderen den Kontakt gestalten, sich zeigen, anbieten. Es ist aber selbstverständlich, dass, wenn möglich, die wichtigste und näheste Person gesucht wird, besonders in schwierigen Situationen. Das haben schon viele Väter erfahren müssen, die sich nachts aus dem Bett gequält haben um zu hören, "die Mammi soll kommen". Entscheidend ist, dass sich die Väter und andere davon nicht kränken lassen, sondern weiter positiv im Kontakt bleiben. Nur so werden auch sie mit der Zeit vertraut und gesucht. Was Sie beschreiben ist also keineswegs eine zu nahe Bindung an Sie, mehr eine noch bestehende Distanz zu Anderen. Was den Kindergarten angeht kann es immer wieder Phasen geben, in denen es den Kindern aus verschiedenen Gründen schwer fällt, dort zu sein. KiGa ist für Kinder nicht nur ein Spielplatz, es ist ein auch ein Ort an dem soziale Kontakte kommen und gehen, Freude und Enttäuschung/Kränkung stattfindet und die kinder müssen das ohne ganz nahe Person aushalten und lösen. Das kann je nach Möglichkeiten und Fähigkeiten der Erzieherinnen auch überfordernd sein. Dann ist wichtig, dem Kind Raum zu geben diese Tagesabläufe und Erfahrungen mit Ihnen besprechen/austauschen zu können. Dann ist da das Gefühl, mit dem Unwohlsein zumindest verstanden zu werden und Sie können besser nachvollziehen, was dort passiert und passend reagieren. Passend heißt weder das Schwierige kleinreden, noch alles positiv zu beschreiben, sondern wahrnehmen und daraus Schlüsse ziehen. Dr.Ludger Nohr


Mitglied inaktiv

Zum einschlafen braucht Sie auch Kontakt , meist in Form von Haare wuscheln.Ich finde einerseits sehr schön das sie so ist, aber mache mir dennoch Sorgen über ihre Entwicklung.So eine richtige Papa-Phase hatten wir noch nie.Nur Momente wo sie mal mit ihm lieber was machen wollte


März2016

„Das ist nicht normal“. Was ist den bitte normal? Kinder sind genau so Individuen wie Erwachsene. Manche Kinder brauchen mehr Sicherheit von Mama, manche weniger. Ich verstehe das Problem nicht so recht. Für mich hört es sich nach einer engen Bindung von euch beiden an. Du bist und bleibst vorerst noch eine längere Zeit ihre erste Bezugsperson. Das ist doch aber nur ein Problem, wenn sie andere gar nicht zulässt und du sagst ja selbst: Alleine mit deinem Mann, Großeltern und Krippe läuft es gut. Warum sollte sie denn in deiner Anwesenheit auf ihre „Nummer 2“ zurückgreifen, wenn Mama da ist und auch kann? Ist doch nur logisch. Und Vergleiche sind da völlig unsinnig. Genieße deine Maus wie sie ist, lass dich nicht verunsichern, gib ihr die Nähe die sie brauch solange es für dich okay ist. Wenn es dich anfängt zu stören, dann müsst ihr eine Lösung finden. So aber habe ich das Gefühl: Für dich ist es kein Problem, wenn die Kommentare deiner Schwester nicht wären. Und dann gibt es auch kein Problem. Du fühlst dich wohl, deine Tochter bekommt was sie braucht - es ist alles gut! Genieße die Zeit der Nähe, ewig bleibt es nicht so und dann wirst du dich rückblickend fragen, wo dein Problem war - weil es so schön war


März2016

Und noch kleiner Tipp bezüglich der Kita: „Da passiert nichts“ könnte negativ ankommen. Stell vielleicht eher das positive da: Was macht sie dort gerne? Wen mag sie dort? Ich sage meiner Tochter, wenn sie lieber zuhause bleiben möchte: „Ich beneide dich, du kannst da wieder ganz viel rutschen. Wow, freust du dich da drauf? Und die xy ist heute bestimmt auch wieder da, sie freut sich bestimmt auch schon total auf dich! Und wenn ich dich nachher abhole, dann bauen wir einen ganz großen Turm mit deinen Bauklötzen ja?“ Hilft meistens nicht vollständig, aber überzeugt sie zumindest kurzzeitig ;)


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