Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Aggressive Hörspiele

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Aggressive Hörspiele

anna_b_c_d

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Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, unser Sohn ist 5,5 Jahre alt. Im Kindergarten ist seit einiger Zeit alles rund um „Ninjago“ sehr beliebt. Ich hatte jetzt zugestimmt, mal eine Folge Hörspiel mit unserem Sohn zusammen zu hören, um einen Eindruck zu bekommen - und ich finde es furchtbar. Deutlich mehr Gewalt und Grusel, als ich es für das Alter angemessen finde. Auch erlebe ich unseren Sohn danach sehr angespannt, jedes Spielzeug ist auf einmal eine Waffe, er „kämpft“ mit jedem Familienmitglied, kommt schwer zur Ruhe etc. Ich habe ihm das erklärt, und auch, dass wir deswegen nicht möchten, dass er weiter Ninjago hört. Das macht ihn natürlich sehr wütend (er hatte sich sehr gefreut, jetzt auch endlich das Gleiche zu hören wie seine Freunde, sich „auszukennen“), jetzt fühlt er sich seinen Freunden ggü benachteiligt. Haben Sie hier eine Empfehlung für uns? Danke für Ihre Arbeit hier und viele Grüße!


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Hallo, die Situation, "alle meine Freunde dürfen das, nur ich nicht. Ich darf nie was", wird immer wieder auftreten. Es ist nicht einfach diese Rolle auszuhalten (wir würden alle gerne haben, dass unsere Kinder uns immer toll finden, aber das geht nicht. Wir sind nicht die Freunde unserer Kinder!), aber langfristig hat sie Wirkung. Sie haben eine bestimmte Haltung zu Gewalt und Waffen und die möchten Sie sichtbar machen. Sie haben auch eine klare Idee davon, was für Ihren Sohn passend ist und was nicht, und damit muß der Sohn und die Familie leben. Diese Haltung muß man immer wieder überprüfen und anpassen. Nur so sind Sie wirklich längerfristig überzeugend, wenn Sie ehrlich und selbstkritisch sind (und nicht willkürlich, was für Kinder/die Beziehung langfristig besonders belastend ist) . Soweit der allgemeine Teil, der mir aber für eine längerfristige Haltung wichtig erscheint. Konkret können und sollten Sie Ihrem Sohn Ihre Haltung erklären, aber erstmal ist sie ihm völlig egal. Er kann in der Situation nur seinen Nachteil sehen, die Zurücksetzung gegenüber Anderen, das nicht mitreden können. Deshalb sollte das Nein immer auch mit einem Ja verknüpft sein, einer Idee, einer momentanen Erleichterung ("wir machen dafür jetzt ...) und einer Perspektive. Wir wollen ja nicht nur im Moment etwas durchsetzen (je älter die Kinder werden, desto weniger Möglichkeiten haben wir), sondern wir wollen mit der Zeit eine Sichtweise und Haltung bei den Kindern möglich machen, die auch ohne unsere Anwesenheit wirkt. (Dabei ist wichtig zu wissen, dass es trotzdem Zeiten geben wird und muß, in denen die Kinder das "Verbotene" ausprobieren, sich widersetzen. Das schliesst aber nicht aus, dass der Samen da ist und irgendwann wieder wächst.) Ich möchte damit auch sagen, dass auf Dauer besonders Ihr Vorbild , Ihre Ehrlichkeit und selbstkritische Offenheit wirksam ist, die sich auch in Verboten äußern kann, aber insgesamt vor allem eine positive Perspektive eröffnet. Kein einfacher Weg. Dr.Ludger Nohr


Mitglied inaktiv

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naja, ich fände es gut, wenn ihr besprecht, warum du es nicht gut findest. dass er lernt, hörspiel und wirklichkeit auseinanderzuhalten. dass dies eine geschichte ist. und er das gehörte nicht übertragen soll in sein leben. einfach verbieten ohne begründung finde ich persönlich nicht gut.


anna_b_c_d

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Hallo Wailord, Danke für Deine Antwort, allerdings hatte ich ja explizit geschrieben, dass wir es ihm erklärt und besprochen haben...von einfach so verbieten ist also keineswegs die Rede...


lemoneirina

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Ich möchte mal gerne fragen was man selbst angeschaut /angehört hat als Sie jung waren? Ich finde heutzutage tun wir als Eltern unsere Kinder irgendwie auch mehr von allem schützen. Wenn ich so denke was wir uns angeschaut haben und was meine Kinder anschauen, sind das Welten. Ich denke da war mehr Gewalt und alles in den Sachen was wir uns angeschaut haben. Kinder haben auch eine ganz andere Wahrnehmung als wir Erwachsenen. Ich sag jetzt nicht das Sie ihn das anhören lassen müssen, aber sich mal daran zurück erinnern wie es bei uns war als wir klein waren, hilft mir meistens. Ganz besonders bei Sachen wir gargoyle, sailormon und so weiter. Geschweige den die ganzen Märchen. Ich kenn nur den ninjago film. Also Kann ich nix wirkliches zum horspiel sagen.


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Sorry, da ich dieses Hörspiel nicht kenne, kann ich dazu auch nicht Bewertendes sagen. Deshalb habe ich versucht eine Haltung zu beschreiben. Dr.Ludger Nohr


Ulli123

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Falls ihr nicht grundsätzlich dagegen seid, sondern es nur noch zu viel für ihn findet, könnt ihr euch vielleicht auf das Vorlesen von Heften oder Büchern einigen. Dann kann er mitreden, weil er die Figuren kennt, aber man kann über die Art des Vorlesens etwas steuern, wie aufregend es ist. Evtl auch etwas abwandeln. Dass er "Waffe" spielt, finde ich eigentlich recht normal in dem Alter. Das wird auch aus dem Kiga kommen und da werden die Kinder das auch machen. Man kann ja darüber reden, dass es eben nur ein Spiel ist und dass ihr echte Waffen nicht gut findet - wirklich alle? Was ist zb mit Polizisten? Die schießen ja nur im äußersten Notfall. Noch was lustiges: In meiner Kindheit hatten wir einen Jungen im Bekanntenkreis (etwas älter als ich), der keine He-Man Figuren etc. haben durfte. Eines Tages kam er freudestrahlend vom Spielplatz und hatte sein neues Fahrrad gegen so eine Figur eingetauscht.


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Hallo, ich finde es spannend, wie sich hier im Forum auch ausgetauscht wird. So können Mosaiksteine gesammelt werden, aus denen jeder sein Bild konstruiert. Und es geht von konkreten Vorschlägen bis zu, und das sehe ich mehr als meine Aufgabe an, grundlegenderen Erziehungsvorstellungen. Auch die sind selbstverständlich diskutabel, denn auch ich vertrete nur eine Ansicht (die vielleicht etwas mehr mit einer langjährigen Beratungserfahrung und Auseinandersetzung mit dem Thema zu tun hat). Also viel Spaß beim Sammeln. Dr.Ludger Nohr


Nina677

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Hallo, ich kann dir leider keinen Tipp geben, auch kenne ich das Hörspiel nicht, möchte dir aber gerne sagen, dass ich dich total gut verstehen kann. Der Sohn meines Mannes (er wird 12) sitzt gefühlt den ganzen Tag vorm Handy /Playstation und schaut sich auch irgendwelche Kampf-/ Ballervideos (man hört es an den Geräuschen, ohne dass ich genau weiß, was er sich da anschaut). Das geht schon seit 2-3 Jahren so und wird immer mehr. Dein Satz: "Auch erlebe ich unseren Sohn danach sehr angespannt, jedes Spielzeug ist auf einmal eine Waffe, er „kämpft“ mit jedem Familienmitglied, kommt schwer zur Ruhe etc." trifft hier ganz genau so zu. Wenn man ihn mal vom Handy wegbekommt oder dass er gar raus an die frische Luft geht, nimmt er seine Gewehre mit und spielt (vermutlich) die Szenen aus den Videos / Spielen nach. Ich finds einfach nur erschreckend. Letzte Woche hat mit dem Plastik-Gewehr auf seine Schwester gezielt und abgedrückt... sowas geht gar nicht! Mein Mann sieht das Ganze nicht ganz so extrem wie ich, sagt, früher hätten sie auch "Räuber & Gendarm" gespielt, aber da sehe ich halt doch einen kleinen Unterschied. Ich finde deine Handlung toll, die würde ich mir für meinen Mann und seine Ex-Frau auch wünschen. Viele Grüße


anna_b_c_d

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Hallo Ulli und Nina, Danke für Eure Rückmeldungen - ja, wir erleben teilweise auch, dass Außenstehende das als zu "überbehütend" sehen, aber ich habe (das drückt Herr Dr. Nohr sehr gut aus) eben eine sehr klare Haltung zu Gewalt / Waffen / Krieg spielen, und bei der bleibe ich auch. z.B. hat eine Kita-Freundin ihm neulich erzählt, dass ihr Ur-Opa im Krieg getötet wurde, und daran konnten wir (kindgerecht und ohne Details) besprechen,warum Krieg schrecklich ist und ich es nicht mag, wenn er sowas spielt. Die Idee mit den Heften / Büchern finde ich gut - er hat z.B. auch von einem Freund ein paar dieser Ninjago-Karten "geerbt" und ist sehr stolz darauf - ich lasse mir auch von unserem Sohn erklären, wer die verschiedenen Charaktere sind, was sie können, und wir haben alternative Hörspiele rausgesucht, die spannend, aber nicht überfordernd sind (z.B. "Die 3 ??? Junior"), und ich versuche auch, immer mal mit zu hören, so dass wir - neben der gemeinsamen Kuschel-Zeit dabei - dann danach besprechen können, was genau daran so "cool" war...ich glaube, das ist ein ganz guter Weg.


JessicaK.

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Hallo Anna_b_c_d, ich finde Eure Haltung topp! Ich finde, es gibt viel zu wenige Eltern, die darauf achten. Ich finde die Gewaltbereitschaft unter jungen Menschen erschreckend, und finde nicht, dass ein Kleinkind schon permanent eine verherrlichende Darstellung von Gewalt in Form von Hörspielen, Fernsehsendungen o.a. erleben muss. Der Vorschlag, Ninjago Hefte anzusehen, finde ich einen guten Weg. So kennt er sich aus (wer will schon, dass sein Kind ein Außenseiter ist), Ihr könnt darüber reden, und er wird nicht ungefiltert berieselt. Zu dem Thema „Überbehütet“ will ich sagen, dass ich finde, ein Kleinkind nicht überbehüten zu bekommen. Und ich weiß ja nicht, was andere in ihrer Kindheit gesehen und gehört haben. Als ich in dem Alter Deines Jungen war, gab es Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg Kassetten, drei Fernsehprogramme mit der Sendung mit der Maus und das war es. Und ich habe sicher nichts verpasst. Medien mit Gewalt, Sexualität u.a. gibt es schon noch früh genug. Wenn wir Eltern unsere Kinder nicht davor schützen, wer dann? Warum muss die Gewalt und der Grusel denn für so Kleine sein? Das habe ich noch nicht verstanden. Ihr macht das super, und Euer Junge wird es auch irgendwann zu schätzen wissen! Alles Gute!


An-Ni82

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Hallo zusammen, der Beitrag ist schon älter. Ich habe ebenfalls diese kritische Haltung zu Ninjago. Vor Kurzem mischte sich mein unwissender Sohn im Kindergarten allerdings in ein Ninjago Spiel ein und sagte "ich bin ein Roboter". Ihm war nicht klar dass die Roboter die "Umtrabösen" sind. Konsequenz waren auf ihn losprügelnde Kinder und ein Tritt ins Gesicht als er am Boden lag (heftige Schwellung und Rötung). Habe dann nochmal Ninjago geschaut und wundere mich wenig ... Es ist wirklich schwer einen guten Umgang mit diesem Schwachsinn zu finden!     


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