Anto84
Hallo H. Dr. Nohr, mein Sohn (7 Jahre) besucht die 1. Klasse. Er bekam vor der Einschulung Trennungsängste, so dass wir ihn ein Jahr zurückstellen mussten. Seitdem sind wir bei einem Kinderpsychologen. Schule klappt super. Letztens hatte ich ein Eltern-Gespräch b. Psychologen. Habe erzählt, das noch in einigen Situationen Ängste bestehen (z.B. Schulweg) u habe von einem dominanten Schulfreund erzählt. An diesem Tag hatte auch mein Sohn einen Termin. Bisher hat er dort immer Gesellschaftsspiele gespielt. Nun hat der Psychologe in dieser Std. nicht mit ihm gespielt, sondern nur mit ihm geredet. Meinem Sohn gesagt: deine Mama hat... gesagt. Warum hast du Angst? Sag es mir! Usw.. Die Oma hat meinen Sohn an diesem Tag hingebracht u. auch sie hat der Psychologe angesprochen: Ihr Enkel spielt die Angst nur vor, er ist doch groß und stark! (Mein Sohn stand daneben). Nach dieser Std hat mein Sohn viel geweint u mir vorgeworfen, das ich alles „gepetzt“ hätte. Er möchte nie mehr dort hingegehen. Er wurde richtig wütend. Müsste so ein Gespräch nicht etwas „unauffälliger“ geschehen? (Nicht „deine Mutter hat ... erzählt“). Habe dem Psychologen erzählt, dass mein Sohn nicht mehr kommen möchte. Er meinte, dass solle ihm mein Sohn selbst sagen. Mein Sohn wolle sich nur vor dem Gespräch über seine Trennungsangst drücken. Was kann ich tun? Ich möchte meinen Sohn nicht dazu zwingen.
Dr. med. Ludger Nohr
Grundsätzlich sind Elterngespräche dazu da, die Situation ausserhalb der PT zu besprechen und Probleme zu benennen. Das ist wichtig für den Therapeuten, er braucht diese Rückmeldung und das können Sie Ihrem Sohn auch so erklären. Das ist kein petzen. Der Th. selbst sollte über Inhalte der Stunden nicht sprechen, ihr Sohn kann es jederzeit. Das so über das Kind sprechen in seiner Anwesenheit ist m.E. nicht sinnvoll. Vor allem beeinträchtigt es das Vertrauen zum Therapeuten und dann wird die Zusammenarbeit schwierig. Selbst wenn er recht hätte (Kinder spielen selten Ängste vor und dann ist es meist leicht auseinanderzuhalten), sollte es anders kommuniziert werden. Das Ergebnis ist, dass Ihr Sohn nicht mehr dort hin will. Ein Abbruch ist aber immer die schlechteste Lösung. Probleme, missverständliches Verhalten usw. kann es immer in Kontaktsituationen geben. Wenn man sie lösen kann, und das sollte immer versucht werden, ist eine wichtige Erfahrung gemacht. Dies würde ich als PT vorschlagen i.S. von "was ist schiefgelaufen, wie können wir das wieder in Ordnung bringen?". (Meine jungen PatientInnen haben mir meine Fehler dann verziehen, wenn ich ehrlich und offen damit umgehen konnte.) Wenn das nicht geht, sollte es ein gemeinsames Abschlussgespräch geben, um ein traumatisches Therapieende zu vermeiden. Das wäre sonst eine schlechte Erfahrung. Dr.Ludger Nohr
cube
Wenn das wirklich so passiert ist, geht das meiner Meinung nach gar nicht und dein Sohn ist zu Recht wütend und enttäuscht. Der Psychologe darf das Vertrauen, in dem du ihm solche Dinge erzählst nicht mißbrauchen, in dem er so offen seinen Patienten damit unter Druck setzt. Ohne jetzt genaue Hintergründe zu kennen würde ich auf Basis dessen, was du schreibst sagen, das ist mal gar nicht gut gelaufen und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt/Patient als auch zwischen Patient/Angehörigen scheint dadurch arg belastet. Ohne unterstellen zu wollen, dein Sohn würde die Unwahrheit erzählen - woher weißt du, was der Psychologe gesagt hat? Hast du diesem denn auch gesagt, warum dein Sohn nicht mehr kommen will bzw. ihn gefragt, wie er den Ablauf der betreffenden Sitzung schildern würde?
Anto84
Hallo Cube, Danke für Deine Antwort! Ich habe den Psychologen am Telefon gefragt und dieser meinte, dass er das telef. nicht besprechen möchte. Ich soll mit meinem Sohn zum nächsten Termin kommen und ich könne evtl. auch dort bleiben, damit mein Sohn ihm selbst sagen kann, dass er nicht mehr kommen möchte. Das habe ich meinem Sohn vorgeschlagen. Er möchte aber auch nicht mit mir zusammen dort hingehen. Da hast Du natürlich Recht. Ich weiss nur von den Erzählungen meines Sohnes, was der Psychologe mit ihm besprochen hat. Vielleicht empfindet nur mein Sohn diese Stunde als unangenehm und der Psychologe war eigentlich einfühlsam. Aber er ist ja auch "erst" 7 Jahre. Da kann man vielleicht manches nicht in Worte fassen. Er war es gewohnt, dort zu spielen. Die Oma wurde ja auch angesprochen, dass mein Sohn seine Angst nur als „Vorwand“ vorbringt, damit er bestimmte Dinge nicht alleine tun muss. Hintergrund: Die Oma hat meinen Sohn hingebracht. Sie hat mit meinem Sohn in einem Vorraum der Praxis gewartet, bis mein Sohn aufgerufen wurde. Dann kam der Psychologe und hat gefragt, warum denn mein Sohn nicht alleine warten könne. (Die Oma hat sich nichts dabei gedacht. Wir haben das immer so gemacht). Dann kamen die Fragen: Wovor hast du denn Angst? Warum hast du Angst hier zu warten? Usw... Mein Sohn stand wortlos da (laut Oma) und wusste nicht, was er auf all die Fragen antworten soll. Aber ich werde nochmals alleine das Gespräch mit dem Psych. suchen. Vielleicht klärt es sich auf.
cube
Natürlich kann ich die Arbeit des Psychologen nicht beurteilen - weder habe ich das Fachwissen, noch kenne ich ihn oder deinen Sohn, um irgendetwas einschätzen zu können. Spontan würde ich sagen, ich finde es zumindest merkwürdig/ungewöhnlich, einen Patienten so konkret vor anderen und offenbar im Vorraum zu Problemen zu befragen. Zumal man sich doch diesen Dingen eher über etwas unverfänglichere Fragen nähert als so konkret ... also unser Sohn hätte da sicher auch nichts oder nur "weiß ich nicht" geantwortet. Egal, in wie weit die Schilderung des Psychologe das Ganze doch evt. in anderem Licht erscheinen lassen würde: ich finde es nicht ok, dass du deinen Sohn mitbringen sollst zu einem Gespräch, dass eigentlich DU mit dem Psychologen führen möchtest. Ich würde meinem Kind nicht zumuten wollen, daneben zu sitzen, wenn über ihn gesprochen wird. Ich würde auf ein Vorab-Gespräch bestehen und dann entscheiden, ob mein Kind irgendetwas selbst tun muss. Aber das ist wie gesagt keine fachliche Meinung, sondern eine rein private. Ich bin gespannt, was Dr. Nohr rät.
Dr. med. Ludger Nohr
Ich lese die Antworten immer erst nachher. Deshalb eine kurze Ergänzung. Ein Vor-Gespräch auf Erwachsenenebene könnte ein Schritt sein, aber den Konflikt lösen können nur Th. und Kind. Und die kennen sich ja schon einige Zeit. Wenn ich als Mutter nicht mehr den Eindruck habe, mein Kind ist dort gut versorgt (z.B. wenn es um Recht haben geht usw.), ist eine Weiterarbeit schwierig. Aber ich hoffe weiter, dass der Konflikt gelöst werden kann, weil das eine wesentliche Erfahrung wäre. Dr.Ludger Nohr