DoSe
Hallo Frau Dr. Dotzauer, unser Sohn ist 1 Jahr alt. Wir halten ihn zum Schlafen zuerst senkrecht, kuscheln ihn hinunter. Dann will er bereits in die Waagerechte und dann fordert er die Finger ein. Wenn wir ihn hinlegen, geht es nur mit unseren Fingern. Auf der einen Seite fordert er diese ein, auf der anderen Seite kommt er damit nicht zur Ruhe. Immer wenn man denkt er würde einschlafen, geht wieder ein Zucken durch seinen Körper und es beginnt von vorn. Das geht über eine Stunde so. Wenn ich ihm die Hand nicht gebe, regt er sich so auf, bis an Schlaf nicht mehr zu denken ist und man abbrechen muss. Auch die langsamere Variante, dass ich ihm die Finger immer früher entziehe, scheitert bereits am ersten Schritt. Selbst wenn ich glaube er schläft, wacht er sofort wieder auf, wenn ich die Hand wegnehme. Ein Kuscheltier schlägt er weg. Nachts holen wir ihn irgendwann zu uns. In unserem Bett schläft er dann auch schnell wieder ein bis zum nächsten Wachwerden. Dann dreht er sich von einer Seite auf die andere. Fordert die Finger ein, schlägt sie wieder weg. Braucht sehr viel Körperkontakt, würde am liebsten in mich reinklettern, dreht und wälzt sich und findet nicht zur Ruhe, obwohl er schlafen will. Er kratzt sich auch massiv am Kopf und an den Ohren. 1 1/2 Stunden dauert das in der Regel. Dazwischen schläft er max. nur noch 2 1/2 Stunden am Stück. Tagsüber schläft er gegen 9 / 9:30 für 1 bis 1 1/2 Stunden und dann nochmal um 14 Uhr für 15 bis 30 Minuten. Um 18 Uhr ist er meistens so müde, dass wir anfangen ihn bettfertig zu machen. Mit freundlichen Grüßen DoPa
Guten Morgen, Viele Kinder brauchen zum Ruhigwerden und Einschlafen die Co-Regulation ihrer Eltern. Es ist aber ganz wichtig wie diese Co-Regulation aussieht. Optimalerweise altersgemäß und so, dass im Laufe der Zeit das Kind lernt eigenregulative Fähigkeiten zu entwickeln. Das ist wichtig, denn beim mehrfachen Erwachen in der Nacht im Schlafphasenwechsel (normal!) kommt es darauf an, ob das Kind eine Idee davon hat, wie es selbstständig am Schlafen bleiben kann, oder ob es die Hilfestellung der Eltern vermisst und diese einfordert. Jeder will sein Kind in den Schlaf begleiten, aber in der Nacht soll das Kind das selbstständig können... woher ist die Frage? In Ihrem Fall benutzt ihr Sohn Ihre Finger als Regulationstool. Er hat sich das angewöhnt und liebt auch die interaktive Komponente, denn an den Fingern hängen ja die Elternteile dran, welche dann den Beruhigungs- und Einschlafjob übernehmen. Leider entfernen sich die Finger mit einer 100% Sicherheit immer dann, wenn er eingeschlafen ist. Er erlebt jedesmal beim Zwischenerwachen, dass der Schlaf ihm die Finger/Mama weggenommen hat. Deshalb lernt er sehr auf die Finger/Mama aufzupassen und vermeidet intensiv das Einschlafen. Das ist dann die von ihnen geschilderte Situation. Wie kommen Sie aus dieser Situation wieder raus? 1. Kuscheltier (gerne fingerähnlich zB Oktopus - aber egal Hauptsache Sie sind von dem Tier überzeugt), braucht einen Namen und eine hohe Wertigkeit. Es wird tagsüber in Tröste-, Beruhigungs- und Entspannungssituationen fleißig dem Kind gegeben "angedient" und mit emotionaler Bedeutung aufgeladen! ZB beim kleinen Aua... (Es gibt dazu Reels auf meinem Insta-account) 2. Die elterlichen Finger werden komplett abgewöhnt. Gerne schrittweise, aber komplett! Wenn Sie die Finger aufrecht erhalten, werden Sie nicht nur jetzt, sondern noch lange Schlafprobleme haben. Er wird kein passives Übergangsobjekt nutzen, solange sie sich als interaktives, besseres, sozusagen überoptimales "Kuscheltier" zur Verfügung stellen. 3. Um die Müdigkeit und den Schlafdruck zu erhöhen, kann es auch hilfreich sein ihn von seinen 2 Schläfchen auf ein Mittagsschläfchen umzustellen (das dauert einige Wochen- nicht von jetzt auf gleich). Er ist dann zum Einschlafen ganz anders drauf und wünscht sich ins Bett, wenn Sie gut darauf aufpassen, dass er nicht überdreht. Da heißt es Führung übernehmen. 4. Natürlich braucht es Ihre Co-Regulation und vorallem auch schon früher eine klare Führung durch den Abend. Ich nenne das Abendroutine. frühes Abendessen, Spielzeit, letzte Milchnahrung, Wickelzeit, Schlafzimmer, Sortierkörbchen (Highlight auf Insta) oder ruhiges Schoßspiel (um näher an den Schlaf hinzu führen), dann etwas tragen und runterkuscheln aber ziemlich unbequeme Haltung und den Schlaf eher hinauszögern, sodass der intrinsische Wunsch beim Kind entsteht unbedingt liegen/schlafen zu wollen. Erst wenn sich das Kind ins Bett wünscht, kommt es ins Bett. 5. Gemeinsames Hinlegen ins Elternbett und Verabschiedungsritual (singen, schmusen, Bussi, drücken) und dann sich schrittweise aus dem Einschlafprozess herausnehmen. 1. Wegschauen und keine/möglichst wenig Finger! und wegschlafen (Fake-Schlaf), 2. leicht wegdrehen und keine/möglichst wenig Finger! und wegschlafen, erst wenn das klappt: 3. wegdrehen und keine Finger. wenn das klappt wegrücken, dann Kind umsiedeln ins eigene Bett und Elternteil liegt daneben! und alles von vorne: wegschauen, wegdrehen, wegrücken, auf jeden Fall wegschlafen. Warum? Weil ein schlafender Elternteil nicht mehr zur Regulation zur Verfügung steht un d auch nachts Eltern in der Regel schlafen wollen. Auch wenn der Elternteil natürlich immer wieder "aufwacht" und doch co-reguliert und aufpasst dass nichts eskaliert... Ich weiß, dass es sich leichter schreibt als umsetzt, aber diese Schritte stehen für Sie an und können viel verändern Alles Gute dabei Herzliche Grüße Daniela Dotzauer