Frage: GDM

Hallo Dr. Costa, ich finde Ihre Antworten immer sehr erfrischend, auch wenn man etwas länger darauf warten muss. Darum wende ich mich nochmal an Sie. Ich schrieb vor einiger Zeit schonmal, wegen meines auffälligen OGTT. Nachdem nun alle meine 2-Stunden-Werte in Ordnung waren, sollte ich meine 1-Stunden-Werte messen. Diese jedoch waren ständig zu hoch (der Gipfel des Übels waren stolze 10,1 mmol/l)! Das ist natürlich viel zu hoch, sodass ich von der Diabetologin eine Insulintherapie verordnet bekommen habe. So ganz funktioniert das noch nicht, weil mein Körper wohl das Insulin so spät resorbiert und ich mit Ess-Spritz-Abständen arbeiten muss. Übrigens sind meine 2-Stunden-Werte immernoch völlig in Ordnung, weil sich innerhalb dieser einen einzigen Stunde mein Blutzucker um 3-5 mmol/l senkt ... also rasend schnell. Durch das Insulin bin ich nun auch noch ständig unterzuckert (also nicht schlimm, aber bei mir häufen sich nun solche Werte wie 3,2 kurz vor dem Essen) wodurch das Spritzen wieder zu einer Wissenschaft ausartet. Meine Diabetologin meinte "Um Gottes Willen. Bei einem solchen Wert muss man SOFORT nach dem Spritzen auch was essen" ... also kann ich dann doch wieder nicht mit dem Ess-Spritz-Abstand arbeiten und nehme in Kauf, dass mein Insulin später resorbiert wird. Meine Diabetologin hat nun gemeint wir müssen diese "Unterzucker-Werte" und ebenso auch die "Überzucker-Werte" wegbekommen. Ich hätte nie gedacht, dass Schwangerschaftsdiabetes zu solch einer Wissenschaft ausarten kann. Ich bin auch vollkommen überfordert. Ich möchte natürlich alles richtig machen, aber mein Körper reagiert jeden Tag anders auf die Kohlehydrate ... also ist das ganze eine unberechenbare Sache. Ich bin aber wirklich stolz, dass ich am Nachmittag schlemmen kann (Softeis ect.) ohne, dass mein Blutzucker im Nirvana verschwindet ... allerdings kann ich nicht richtig frühstücken. Es ist egal was ich morgens an Brot esse (Brötchen, Brot, Toast .. egal was) ... nach einer Stunde ist mein Blutzucker weit über der Grenze und komischerweise macht es keinen Unterschied, ob ich ohne Insulin, mit 2 Einheiten oder mit 4 Einheiten Insulin esse ... der Wert nach dem Essen ist immer der gleiche! Ich habe das mit dem wohlverdienten kräftigen Frühstück heute auch aufgegeben. Ich versuche das nun schon seit 2 Wochen in den Griff zu bekommen und es klappt nicht. Nun komme ich langsam zu meiner Frage (ich hoffe mein "Roman" zu der Frage verärgert Sie nicht): Ich habe mich nun reichlich belesen. Weniger über die GDM sondern viel mehr um den Stoffwechsel des Menschen (besonders natürlich den Kohlehydratstoffwechsel). Weiß nun also wo sich das ganze abspielt, welche Rolle die Bauchspeicheldrüse und Leber spielt, welche Hormone ect. dabei die größten Rollen spielen und was das für Auswirkungen hat ect.! Können Sie mir erklären, warum ich morgens an meinem Stoffwechsel nichts gerüttelt bekomme? (die Diabetologin meinte, dass der morgendliche Stoffwechsel am schwersten durch Insulintherapie einzustellen ist) Warum ist das so? Welche Auswirkungen haben denn diese Unterzuckerungen auf mein Kind ? Bis auf leichte Kopfschmerzen bekomme ich garnicht mit, dass ich so unterzuckert bin. Ist es egal in welchem Maße man an GDM leidet, sodass das Risiko nach der Schwangerschaft an Diabetes II zu erkranken bei allen gleich bleibt? Wie sieht es denn mit dem GDM in der Stillzeit aus? Ich habe meine Tochter fast ein Jahr lang gestillt und wollte meinen Sohn in den gleichen Genuss kommen lassen, aber wenn sich dadurch der Diabetes verlängert, überleg ich mir das noch ein Paar mal. Es ist für mich wirklich mittlerweile keine Angelegenheit mehr, die nebenher läuft. Ich überlege manchmal sogar, ob ich nicht die Zervixinsuffiziens inclusive 12-Wöchigen strengen Liegens bei meiner Tochter diesmal der GDM bevorzugen würde. Und DIESER Gedanke ist schon abstrus, denn ich lag nicht gerne (aber dafür konsequent) ... aber es war wesentlich angenehmer als die jetzige Geschichte! Letzte Frage: Wie schlimm schätzen Sie denn diese wirklich nur kurzzeitigen hohen Blutzuckerwerte ein? Diese beschränken sich ja nun nur noch auf das Frühstück (und liegen da immer zwischen 8 und 9 mmol/l). Leider kann ich zum Wachstum und Fruchtwassermenge ect. meines Kindes noch garnichts sagen. Mein Frauenarzt weiß von dem Schwangerschaftsdiabetes, meinte aber, dass man da nur abwarten kann und ich auf den nächsten Regelultraschall warten muss. Diesen habe ich in der 30. Woche, was in knapp 2 Wochen der Fall ist! In diesen 2 Wochen bin ich also noch ungewiss, ob ich denn mit meinem Essverhalten schon Schaden angerichtet habe oder nicht! Meinen ersten auffälligen OGTT hatte ich bereits in der 20. Woche! So und nun entschuldige ich mich schonmal für meinen Roman und wünsche Ihnen noch eine schöne Woche. Ich habe gelesen, dass Sie gerne mal Schokolade naschen und hoffe Sie essen beim Lesen meines Beitrags ein Stück für mich mit :)!! Vielen Dank! LG Diana

Mitglied inaktiv - 27.04.2010, 19:24



Antwort auf: GDM

In erster Linie entschuldige ich mich für die gelegentlichen Verspätungen, aber ich schaffe es nicht immer, just an den Dienstagen und Donenrstagen zu antworten - ein bißchen Ruhe brauche ich dazu, weil die Fragen oftmals nicht einfach zu beantworten sind. Außerdem wäre es niemandem geholfen, wenn ich kurze und unpersönliche Antworten schreiben würde, oder ? Ihre Ausführungen sind wirklich musterhaft, sie machen deutlich, wie gewissenhaft und verantwortungsbewusst Sie sind. Diesen Text werde ich meinen Mitarbeitern vorlegen, damit sie sozusagen "live" sehen können, welche Probleme ein Gestationsdiabetes verursachen kann. Zuerst also größtes Lob meinerseits! Wenn nur ab und zu ein Wert "aus der Reihe tanzt", beeinflusst das den Schwangerschaftsverlauf nicht wesentlich. Zu hohe Einzelwerte führen dazu, dass das Kind mehr Insulin produzieren muss. Wenn es Einzelwerte sind, schafft es das Kind ohne größere Probleme. Der erhöhte morgendliche Wert könnte hängt damit zusammen hängen, dass die Insulindosis abends zu hoch ist, Sie zunächst in der Nacht sehr niedrige Werte und dafür am nächsten Morgen, wie ein Bumerang erhöhte Werte haben. Ich bin sicher, dass Ihre Diabetologin das in den Griff bekommt - solche Spezialisten wissen am besten Bescheid. Insgesamt führt eine gleichbleibende Ernährung und körperliche Aktivität dazu, dass sich die Werte stabilisieren. Wenn also alles gleich ist (aufgenommenen Zuckermenge, körperliche Aktivität und Insulinmenge), sind auch die gememssenen Werte in etwa gleich. Brot, Kartoffeln, Nudeln und ähnliche Lebensmittel führen zu einer raschen Erhöhung des Blutzuckers und im Normalfall zu einer ebenso raschen Insulinausschüttung. Manch andere Lebensmittel haben nicht die gleiche Wirkung. Insofern wäre mein erster Tipp, diese Lebensmittel zu meiden. Nach Beendigung der Schwangerschaft normalisieren sich die Werte fast bei allen Schwangeren, auch während des Stillens. Insofern würde ich Ihnen empfehlen, auf jeden Fall zu stillen.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 01.05.2010



Antwort auf: GDM

Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Antwort. Ich finde Ihre Art und Weise zu Antworten perfekt und warte daher auch gerne ein Paar Tage länger darauf :)! Ich danke Ihnen auch für das Lob! Es liegt mir in der Natur gerade solche Dinge zu verstehen. Wahrscheinlich habe ich deshalb auch ein überdimensionales Bücherregal ;)! Ich freue mich auch, dass mein Text Ihren Kollegen etwas verdeutlichen könnte. Ich muss zugeben, ich habe schon vorher ein Paar Fakten über den GDM gewusst und dachte zunächst wirklich, dass das eine einfache Sache ist. Es handelt sich ja schließlich nur um ein Paar Wochen, in denen man gezielter und bewusster Essen muss. Und wenn das nicht ausreicht, dann spritzt man sich eben ein Paar Einheiten Insulin und bekommt die Sache so in den Griff. Nun habe ich die Tatsachen vor Augen und sehe, dass es alles andere als einfach ist. Mit einer Ernährungsumstellung, mit der meine Werte in Ordnung waren habe ich in einer Woche 2 Kilo abgenommen und in der 2. Woche ging das nächste Kilo und ich war schlaff und matt und ausgelaugt. Das ist für mein Kind wohl auch eher kontraproduktiv gewesen, also habe ich das Insulin bekommen. Wieder habe ich ein Paar Tage lang durch Erfahrungssammlung herausgefunden, dass es eben nicht einfach nur spritzen ist. Sowas wie den Ess-Spritz-Abstand muss man erst einmal herausfinden und auch solche Probleme, die ich im ersten Text schon schrieb. So ganz allmählich (ich arbeite nun schon 4 Wochen daran) geht es bergauf. Mit der körperlichen Aktivität könnte ich noch arbeiten, aber auch hier muss ich aufpassen. Meine Tochter ist gestern 1 Jahr alt geworden und bei ihr hatte ich eine Zervixinsuffizienz. Mein Schleimpfropf ging in der 25. Woche ab und genau zu diesem Zeitpunkt bildete sich der Trichter und mein Gebärmutterhals verkürzte sich schlagartig auf stolze 10 mm. Konsequentes Liegen, Partusisten und viel Ruhe (auch innerlich - ich glaube fest daran, dass das geholfen hat, dass ich optimistisch in jede neue Woche gegangen bin) haben mir also dazu verholfen ein gesundes, bestens entwickeltes Kind zu entbinden, was es fast bis zum Termin geschafft hat, obwohl der Muttermund Woche für Woche weiter auf ging und mein Frauenarzt mir mehrfach versprach, dass wir uns nun nicht nochmal sehen werden vor der Entbindung :)! Dieses möchte ich vermeiden und hab es jetzt auch schon in die 29. Woche geschafft ohne dem Schleimpfropf zu verlieren. Was mein Muttermund sagt, werde ich erst nächste Woche erfahren, aber ich bleibe optimistisch. Eine Liegeschwangerschaft ist mir mit meiner 1-jährigen Tochter auch einfach nicht möglich :)! Daher auch ein wenig Vorsicht in meinen Aktivitäten :)! Nun danke ich Ihnen auch noch für den Zuspruch zum Stillen. Ich tue dies gern für meine Kinder und bin nun auch in der Hinsicht wieder guter Hoffnung. Vielen Dank und einen schönen Sonntag wünsche ich noch!

Mitglied inaktiv - 02.05.2010, 10:41



Antwort auf: GDM

Wunderbar - und danke für die rasche Antwort.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 03.05.2010