Sonnenblume20
Hallo, ich fürchte ich muss mir mal etwas von der Seele reden und vielleicht kann mir ja jemand ein paar Tipps geben oder kennt es ähnlich... Mein Sohn steckt mit seinen 3 1/2 Jahren immer noch tief in der "Trotz" (Autonomie-)phase. Bei meinem Großen (jetzt 10) kannte ich das in den Ausmaßen nicht, aber der Kleine bringt mich regelmäßig an meine Grenzen. Er fing mit 1 1/2 Jahren an fast täglich etwa halbstündige Schreianfälle zu bekommen, wegen kleinster Anlässe, wenn irgendetwas nicht nach seinem "Plan" verlief. Das hält bis jetzt an, in mal mehr mal weniger ausgeprägten Phasen. Mir ist eine bedürfnisgerechte, liebevolle und wertschätzende "Erziehung" sehr wichtig. Ich habe viel Renz-Polster & Co. gelesen und gehe viel auf die Gefühle meines Kindes ein, im Sinne von "Ich verstehe, dass du lieber das möchtest und deshalb wütend bist...". Ich war immer die Hauptbezugsperson für ihn, habe ihn lange gestillt, viel getragen, viel Zuwendung gegeben. Er ist geistig, sprachlich und motorisch laut Erzieherinnen (Kita seit 1. Geburtstag) sehr weit, hat noch einen großen Bruder und zwei ältere Stiefbrüder (4 und 6 Jahre). Also in der Kita läuft alles super, er ist emotional und sozial altersgemäß "kompetent". ABER: Mir gegenüber zeigt er immer wieder eine extreme Sturheit (wenn man das so nennen kann?) und verweigert phasenweise quasi alles, was ansteht, alltägliche Routinen, anziehen, eincremen, etc. Seine älteren (Stief-)brüder sind auch manchmal "trotzig", lassen sich aber recht schnell überzeugen oder ablenken, während der Kleine zwar weniger häufig "bockt", wenn, dann aber richtig. Dann lässt er rein gar nichts zu, keine Ablenkung, kein Zureden, kein Trösten, kein Schimpfen, und das mindestens 30-45 Minuten lang! Er sagt mittlerweile dann auch "Ich mache nicht was du willst! Ich mache nur was ich will!" Oft ist es so, dass er wegen Dingen weint, die eingetreten sind, ohne dass er es wollte, die man aber nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand wieder ändern kann, z.B. wenn ich geduscht habe ("Mama, du solltest nicht duschen! Zieh deine Sachen wieder an!") oder wenn jemand das letzte xy aufgegessen hat ("Das war meins, spuck das wieder aus!") Oft sind es aber auch Dinge, die aus meiner Sicht indiskutabel sind, z.B. morgens anziehen, Fahrradhelm aufsetzen, Hände waschen usw. Früher gab es Tage, da habe ich nach einer Weile verständnisvollem Zureden das schreiende Kind eben angezogen, es unter den Arm geklemmt und bin los, wenn es gar nicht anders ging. Wir lassen die Kinder gern in manchen Punkten mitentscheiden und fragen nach ihren Wünschen, bestimmte Dinge entscheiden aber nur die Erwachsenen und da bin ich dann auch konsequent (z.B. möchte ich selbst entscheiden, ob und wann ich duschen gehe, sofern beim Kind grad kein dringendes Bedürfnis ansteht). Wir bestrafen kein "böses" Verhalten und belohnen kein "liebes" Verhalten. Insofern locke ich ihn auch nicht nach dem Motto "Wenn du jetzt "lieb" bist und mitkommst, kaufe ich dir xy". Ansonsten lasse ich ihm, soweit möglich, die Zeit sich zu beruhigen. Ich selbst bleibe ruhig, sage nicht viel (er ist auch viel zu laut!), gehe ggf. etwas weg und mache was grad ansteht, bleibe aber für ihn erreichbar. Ich gehe dann alle paar Minuten auf ihn zu und frage ganz ruhig, ob er sich beruhigen möchte und mich "mal drücken" will. Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, kommt er dann völlig erschöpft (und irgendwie erleichtert) in meine Arme und kooperiert, als hätte man einen Schalter umgelegt. Manchmal bin ich dann selbst so erleichtert, dass mir die Tränen kommen. Ich weiß nicht wie ich dann hinterher mit ihm reden soll. Mittlerweile ist er, denke ich, nicht mehr so klein, dass er sein Verhalten nicht schon ein bisschen reflektieren könnte, oder? Ich sage ihm dann, dass ich mich über sein Verhalten geärgert habe oder dass es für dies und jenes (fernsehen, Buch lesen, nochmal raus gehen...) jetzt leider zu spät ist, weil er so lange wütend war/geweint hat/das Notwendige nicht gemacht hat... Manchmal weint er dann nochmal los, weil er natürlich enttäuscht ist. Ich frage mich wie lange es noch dauert, bis er aus diesem Verhalten endlich lernt und erkennt, dass es ihm letztlich selbst schadet, ihn belastet und er am Ende durch seine Sturheit mehr verliert als gewinnt (indem dann z.B. keine Zeit mehr ist für etwas Schönes). Wie sind eure Erfahrungen? Liebe Grüße
Ich finde, du machst das ganz toll, so wie du es beschreibst! Mein Großer ist auch so ein Kind, das sehr häufige, langanhaltende Wutanfälle hatte und sich sehr schwer regulieren konnte. Bei ihm war es auch mit etwa 3 Jahren ganz schlimm. Er hat sich oft eine Stunde lang nicht beruhigt, hat auch um sich geschlagen und getreten und Dinge geworfen. Ich habe es so ähnlich wie du gemacht. Zusätzlich hab ich ihm Dinge angeboten, an denen er seine Wut auslassen durfte, z.Bsp. ein Wutkissen, in das er fest hineinschlagen durfte. Wir haben ihm dann auch einen Boxsack gekauft, an dem er all seine Wut auslassen durfte. Ich habe ihm gesagt, er soll ganz schnell laufen oder ganz hoch im Trampolin springen, Gras ausreißen oder mal so laut schreien, wie er nur kann. Hat nicht immer funktioniert, manchmal wollte er auch keines dieser Angebote annehmen, aber je öfter wir es ihm angeboten haben, desto öfter hat er auch eingelenkt. Es hat aber viel Zeit gebraucht. Ich habe auch sehr früh seine Gefühle benannt und ihm zu verstehen gegeben, dass jedes Gefühl in Ordnung ist, dass man aber lernen muss, wie man mit jedem Gefühl umgeht, sodass keiner verletzt wird und nichts zu schaden kommt. Wir haben auch einige Bücher über Wut gelesen. Sein Lieblingsbuch war: "Das kleine Wutmonster". Darin kam ein Lied vor, womit sich das Wutmonster vertreiben ließ und manchmal hat es geholfen, wenn ich das Lied angefangen habe zu singen, wenn ich gemerkt habe, es bahnt sich ein Wutanfall an. Wir haben dann auch ein Wutbarometer gebastelt, mit dem er selbst sagen konnte, wie hoch seine Wut gerade ist. Ich habe ihn dann auch schon mal gefragt, was ihm denn hilft, wenn er gerade so richtig wütend wird. Er konnte sich dann mit 3,5 bis 4 Jahren doch schon gut ausdrücken, dass wir diese Situationen doch zusammen reflektieren konnten. Er hat mir auch mal gesagt, dass er dann einfach nicht mehr anders kann und es ihm schon hilft, wenn er weiß, dass ich da bin, ich ihn aber in Ruhe lasse, damit er sich einfach ausschreien kann. Das hab ich dann auch versucht zu akzeptieren und diese Situationen eben auszuhalten, auch wenn das schwer war. Im Laufe der Zeit hat er aber wirklich gelernt sich immer besser selbst zu regulieren. Jetzt ist er 8 Jahre alt und hat kaum mehr solche Ausbrüche. Selbst wenn er mal wütend ist, kann er das meistens verbal gut ausdrücken und ist dann auch viel kompromissbereiter, als er es als jüngeres Kind war. Ich war auch immer konsequent und bin bei meinem Wort geblieben. Genauso hab ich gewissen Grenzen vorgegeben und innerhalb dieser konnte er viel selbst entscheiden. Er hat auch immer sehr viel Struktur gebraucht und liebt es heute Listen für alles mögliche anzulegen. Und ich habe versucht sein Selbstwertgefühl zu stärken, denn in unserer Gesellschaft ist es schon noch tief verankert, dass negative Gefühle nicht willkommen sind und den Kindern wird oft indirekt und unbewusst vermittelt, dass man nicht traurig und wütend sein darf und dass man schlimm ist, wenn man wütend ist, dass etwas nicht mit ihnen stimmt, etc. Deshalb war mir wichtig meinem Sohn zu zeigen, dass er genau richtig ist, so wie er ist, dass er wertvoll ist mit all seinen Stärken und Schwächen und dass er geliebt wird, egal was er macht. Es gibt dazu auch einen tollen Podcast finde ich "Mira und das fliegende Haus", dabei geht es kindgerecht genau darum, dass jeder gut ist, wie er ist. Oft sind Kinder nämlich selbst unsicher und verunsichert, weil sie ja im Grunde alle unsere Erwartungen erfüllen wollen und wenn sie es dann aber nicht schaffen oder sie eben nicht aus ihrer Haut heraus können, ärgert sie das ja zusätzlich. Mein Großer hat mir mal gesagt, als er älter war: "Weißt du Mama, eigentlich will ich ja gar nicht so wütend sein. Ich mag das selbst nicht, aber ich kann oft nicht anders. Es fühlt sich an, als ob ich platze und all die Wut muss aus mir raus. Warum bin ich so oft wütend?" Wir hatten an diesem Tag dann ein ganz langes, intimes Gespräch und es hat uns beiden sehr gut getan. Mir, weil er sich mir anvertrauen konnte, einfach weil er gewusst hat, er darf seine Wut rauslassen und ich gebe ihm den Raum dazu und ich bin ihm nicht böse, wenn er nicht so funktioniert wie er soll oder wie die Gesellschaft es sich von Kindern erwartet und ihm, weil er genau gespürt hat, er darf darüber reden, er ist deshalb nicht schlecht oder schlimm, weil er öfter wütend ist als andere Kinder. Wir haben sehr viel daran gearbeitet und ich habe immer versucht einfühlsam zu sein und auf ihn einzugehen. Natürlich hat mir das selbst oft viel Kraft und Energie gekostet und immer schafft man es auch nicht so, wie man es möchte, weil man vielleicht selbst gerade einen schlechten Tag hat oder selbst nicht gut drauf ist. Aber auch das hab ich ihm dann gesagt: "Es tut mir leid, dass ich dich heute auch mal angemotzt habe und dass ich nicht so für dich da sein konnte, wie du es gerade gebraucht hast. Aber ich war heute selbst erschöpft, wütend, traurig, etc..." Was halt gerade war und er hat das dann verstanden und gesehen, dass auch ich nicht perfekt bin und nicht nur er negative Gefühle hat. Ich versuche selbst auch meine Gefühle mitzuteilen und authentisch zu sein. Denn Kinder spüren so viel mehr als wir denken. Und ich bin bis jetzt immer gut damit gefahren, dass ich kindgerecht ehrlich und authentisch war. Ich wünsche euch alles Gute auf eurem Weg!
Hi du!
immer wieder schön zu lesen, dass es anderen nicht anderes geht als einem selbst.
Ich hab gerade Jesper Juul gelesen, der sagt dazu so ungefähr: freu dich, dein Kind übt mit dir soziale Interaktion. Und wenn es dir dabei gelingt (und so klingt es), immer schön bei dir selbst zu bleiben, um so besser.
Ist bloß total anstrengend. Aber war nicht alles eine Phase?
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