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Sascha Lobo und die "Topflappigkeit" der Union

Sascha Lobo und die "Topflappigkeit" der Union

Mitglied inaktiv

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Es gibt kaum einen Autor, der so sehr schreibt, was ich denke, als Sascha Lobo, vor allem macht er das sprachlich viel schöner und treffender. Deshalb hier ein Auszug aus einem Text von ihm, der gestern in seiner Kolumne beim Spiegel erschien: "Die Topflappigkeit der Union Eine Kolumne von Sascha Lobo Ob es nun rechtsextreme Netzwerke in der hessischen Polizei oder Todesdrohungen gegen die Kabarettistin Idil Baydar sind: Die Union zaudert, zappelt und zögert. Wie soll das erst in der Post-Merkel-Ära werden? Außerhalb der hohen, aber weitgehend Merkel-basierten und damit eher Inhalte-unabhängigen Umfragewerte für die Union ist ihre politische Substanz in erbärmlichem Zustand. Der Hauptgrund ist eine Zwickmühle, in die sich Konservative selbst hineinmanövriert haben - erforderliche Neuerungen zwar zu erkennen, aber sie nicht konservativ organisiert zu bekommen. Sie analysieren richtig und setzen sich damit selbst unter Handlungsdruck. Aber die Union wirkt in der Umsetzung derart fahrig und unambitioniert, dass selbst Anhänger zweifeln, ob der Wesenskern aller konservativen Politik - wir schaffen das, auch wenn es für Nichtkonservative echt schwer wird - noch in CDU und CSU zu Hause ist. Das aktuellste und bitterste Beispiel ist der Umgang mit dem, was Bundesinnenminister Horst "Ich bin auch Antifaschist" Seehofer jüngst selbst als "größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland" bezeichnet hat: Rechtsextremismus. Die Worte sind wahr und richtig, aber faktisch geht die Union dagegen nicht hart und klar, sondern mit großer Topflappigkeit vor. An dieser Stelle ist zunächst ein - nicht vergiftetes oder ironisches, sondern echtes - Lob der Konservativen angebracht, denn ich möchte zunächst unterstellen: Anders als im ausgehenden 20. Jahrhundert scheint es der Union diesmal weitgehend ernst zu sein mit dem Kampf gegen Nazis. Noch 1992 konnte Ralph Giordano treffend sagen: "Die deutschen Konservativen und ihre Führungsriege sind unfähig, sich von rechts wirklich bedroht zu fühlen." Aber mit der AfD ist eine ernsthafte Bedrohung für Wählerstimmen entstanden. Und mit dem Mord an CDU-Regierungspräsident Walter Lübcke ist vielen Konservativen klar geworden, welche Gefahr auch für sie selbst im Rechtsextremismus liegt. Trotzdem zaudert, zappelt und zögert die Union im Angesicht des Offensichtlichen. In der hessischen Polizei existieren offenbar rechtsextreme Netzwerke, die mit einer derartigen Dreistigkeit operieren, dass sie sich schon sehr, sehr sicher fühlen müssen. Das ist kein Zufall. Die Kanzlerin ist zwar eine Art Anti-Dramaqueen, sie wird auch von vielen Linken als Garantin für die geringste Desasterwahrscheinlichkeit betrachtet. Aber unabhängig davon, ob und wie sehr das stimmen mag, trägt Angela Merkel eine große Mitverantwortung an der katastrophalen, über viele Jahre gewachsenen Selbstsicherheit der Nazis." Weiter geht es hier: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/kampf-gegen-rechtsextremismus-die-topflappigkeit-der-union-kolumne-a-bf5f7996-4d96-498d-84de-09646d918f6f


Berlin!

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Das Wort "Topflappigkeit" gefällt mir. Es beschreibt in der Tat sehr bildlich und dabei sehr zutreffend den Umgang mit den rechten Netzwerken, rechten Tendenzen in der Polizei und und und..... Sascha Lobo finde ich nicht uneingeschränkt gut. Aber er kann wirklich sehr gut und pointiert schreiben. Danke fürs Teilen


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Berlin!

Ich stimme auch nicht jedem seiner Artikel zu. Aber dieser hier trifft den Nagel auf den Kopf. Ich teile übrigens seine Auffassung, dass es schwierig bis unmöglich ist, konservative und trotzdem zukunftsfähige Politik zu machen. Und bin genau wie er skeptisch, wie es in der Ära nach Merkel weitergehen wird. Mit dem, was wir so an Kasperköpfen in Berlin aufzubieten haben. Mut macht mir das nicht wirklich.


Feuerschweifin

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Ich bin auch kein Fan von Lobo, aber der Begriff "Topflappigkeit" trifft es mMn ziemlich gut.


Feuerschweifin

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Etwas OT, aber er hat auch einen Text geschrieben über ein mögliches Szenario in den USA. Ich fand seinen Text schlüssig, auch wenn ich natürlich hoffe, dass er nicht Recht behält... https://www.spiegel.de/netzwelt/web/donald-trump-seine-strategien-fuer-den-staatsstreich-kolumne-a-ab1efdca-874c-4af9-9a02-2241be3467c1


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Feuerschweifin

Ja, den hatte ich damals auch hier eingestellt. Es sieht fast schon so aus, als wäre ich ein glühender Lobo-Fan, aber mir gefällt vor allem seine Sprache und seine Treffsicherheit im Formulieren von Zusammenhängen, die ich auch so sehe, das aber nie so ausdrücken könnte. Ansonsten finde ich schon auch öfter mal, dass er ein ganz schön eitler Sack ist. An das US-Szenario will ich nicht glauben, sondern daran, dass vorher noch der große Knall kommt, der Trump vollends unmöglich macht. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass sich in den USA eine Widerstandsgruppe klassischer Trumpwähler unter dem Motto "Republican Voters Against Trump" formiert (https://rvat.org/)


Feuerschweifin

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"Eitler Sack" trifft es mMn gut, finde ihn teilweise auch selbstgefällig. Mmh, ich weiß nicht, mich erschrecken momentan alle wahrscheinlichen US-Szenarien... Ich hoffe so sehr, dass es dort nicht in einen Bürgerkrieg ausartet.


Feuerschweifin

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Antwort auf Beitrag von Feuerschweifin

Und ja, er hat die Gabe, Dinge wirklich auf den Punkt genau auszudrücken. Habe mir beim Lesen schon manches Mal gedacht, dass er sein Handwerk wirklich fantastisch beherrscht.


Nikas

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Lobo hat sich gut entwickelt (was man von etlichen, vor allem alten, Kollegen ja gar nicht sagen kann). Hab vor einigen Jahren, als er noch auf Internet-Themen fokussiert war, erst mal nicht viel von ihm gehalten. Er ist aber nicht eitler als seine Kollegen, eher im Gegenteil. Traf mal auf ihn auf einer Messe. Er machte da nicht viel Aufhebens um sich. Okay, das besorgte ja seine Frisur. Arge Neider hatte er freilich damals (und sicherlich heute mehr denn je) unter den männlichen (farblosen) Fach-Kollegen (nicht Kolleginnen), die abfällig über ihn tuschelten und ihm halt die Bekanntheit einfach nicht gönnten; die schlechtesten Verlierer sind ja immer noch Männer. Nach meinem Geschmack könnte er noch viel drastischer und weniger mit angezogener Handbremse formulieren und beschreiben. Aber da macht er Zugeständnisse ans breitere Publikum; und unter einem Augstein. Dass er aber selbst dort inzwischen heraussticht, sagt mehr über den Zustand des Spiegel als über ihn selber.... p.s. hoffe, Dir geht's gut, lieber hase67 :-)