Schreibaby - was kann helfen?

Schreibaby - was kann helfen?

© Adobe Stock, millaf

Man hat sich so sehr aufs Elternwerden gefreut und jetzt das: das Kleine schreit und schreit, stundenlang und ohne Pause!

Leider gibt es sie ziemlich häufig: Babys, die scheinbar grundlos und anhaltend weinen und sich von ihren völlig verzweifelten Eltern einfach nicht beruhigen lassen.

Sie sind satt, sie sind gewickelt, sie sind auf dem Arm. Und trotzdem hören sie nicht auf zu weinen. Eltern von einem "Schreibaby" sind oft nicht nur mit den Nerven völlig am Ende, sondern zweifeln grundsätzlich an ihren Fähigkeiten als Mami und Papi. Vor allem beim ersten Kind sind viele verunsichert, ob sie vielleicht etwas falsch machen. Deshalb möchte ich im Folgenden näher auf die typischen Fragen eingehen: Warum schreit ein Baby ohne erkennbaren Grund? Wann spricht man von einem Schreikind? Und was kann dem Baby und seinen geplagten Eltern helfen?

Warum weinen Babys?

Babys müssen weinen, denn so hat die Natur ihr Überleben gesichert. Das laute, anhaltende und durchdringende Gebrüll garantiert, dass jemand aufmerksam wird und sich um sie kümmert. Im Normalfall schreien sie um anzuzeigen, dass ihnen etwas fehlt: Ich hab Hunger, mir ist zu warm, zu kalt, mir tut was weh, ich bin müde, mir ist langweilig... Ist das Problem gelöst, hören sie normalerweise auf zu weinen. Doch es gibt Babys, die weinen trotzdem weiter, selbst wenn die augenscheinlichen Bedürfnisse gestillt sind, - und ihre Eltern sind ratlos. Dann ist es wichtig zu wissen, dass Weinen nicht automatisch bedeutet, dass einem Kind etwas fehlt. Oft sind die Kleinen einfach nur mit Reizen überfordert und reagieren sich dann mit Schreien ab.

Definition Schreikind

Durchschnittlich schreit ein gesundes Baby im ersten Monat etwa 1 ½ Stunden pro Tag und im zweiten Monat etwa 2 Stunden. Wohlgemerkt "durchschnittlich" - manche sind auch mit 3 Stunden am Tag dabei. Nach dem dritten Monat gehen die täglichen Schreistunden dann meist deutlich zurück. Längeres Weinen ist also gerade in den ersten Wochen relativ normal. Von einem "Schreibaby" - oder einem chronisch unruhigen Kind, so der Fachausdruck, - sprechen wir Kinderärzte erst, wenn ein Baby an mindestens drei Tagen der Woche mehr als drei Stunden schreit und das über drei Wochen oder länger. Allerdings betrifft das immerhin 20% aller Babys - also jedes Fünfte!

Bauchweh ist nicht die Ursache sondern die Folge

Lange Zeit ging man davon aus, dass "Schreibabys" unter sogenannten "Drei-Monats-Koliken leiden - also Blähungen aufgrund des noch unreifen Darms - und deshalb weinen. Heute weiß man, dass das exzessive Schreien erst die viele Luft im Bauch und die damit einhergehenden Bauchschmerzen verursacht. Inzwischen nennt man diese Symptomatik Regulationsstörungen. Denn Schreibabys sind vor allem übersensibel und haben Schwierigkeiten, sich an das Leben außerhalb des Mutterleibes zu gewöhnen. Auf ganz normale Eindrücke wie Licht, Umgebungsgeräusche, Menschen etc. reagieren sie sehr empfindlich. Nachdem diese Kinder meist auch tagsüber schwer in den Schlaf finden, sind sie häufig übermüdet und damit noch schneller überreizt. Weil sie obendrein eher aufgeweckt und neugierig sind und sich kurzfristig leicht ablenken lassen, verkennen Eltern häufig ihr Bedürfnis nach Ruhe. Besonders ausdauernd sind die Schreiattacken der Kleinen dann meist in den Nachmittags- und Abendstunden, wenn sie von den zahlreichen Erlebnissen und Eindrücken des Tages regelrecht überfordert sind.

Anhaltendes Weinen - das kann helfen

Versuchen Sie, den Tagesablauf möglichst ruhig, gleichmäßig und "eintönig" zu gestalten. Verzichten Sie wenn möglich auf Ausflüge oder aufregende Ereignisse wie Besuch - vor allem nachmittags und abends - und versuchen Sie regelmäßige Fütter- und Schlafenszeiten einzuführen. Legen Sie Ihr Baby in sein Bettchen, sobald es Müdigkeit signalisiert (z.B. den Kopf wegdreht). Häufig überschätzen Eltern die Aufmerksamkeitsspanne ihres Kindes. Mit drei Monaten brauchen die meisten bereits nach ungefähr 1½ Stunden Wachsein wieder ein kleines Erholungsschläfchen.

Gestalten Sie vor allem den Nachmittag und Abend möglichst ruhig. Hier finden Sie Tipps für schöne Einschlafrituale. Die besonders kritischen Spätnachmittag- und Abendstunden kann man auch mit ein paar Tricks überbrücken: Ein Abendspaziergang mit dem Kinderwagen in ruhiger Umgebung kann wahre Wunder wirken. Auch ein abendliches Bad entspannt viele Kinder. Falls möglich sollte der Papa oder auch eine außenstehende Person wie die Oma oder eine Freundin in dieser Zeit aushelfen. Wenn Sie selber mit den Nerven völlig am Ende sind, überträgt sich diese Unruhe auf Ihr Kind und Sie können es gar nicht beruhigen.

Bitte nicht alleine schreien lassen!

Häufig bekommen Eltern den Tipp: Lass es doch einfach mal schreien. Doch der kleine Unglückswurm weint nur scheinbar ohne Grund. Sie sollten deshalb immer auf sein Weinen reagieren. Erstens kann man die Ursache für das Gebrüll meist besser erkennen, bevor ein Baby sich so richtig "hineingesteigert" hat. Und zweitens erfährt Ihr Kind so, dass jemand da ist, der sich kümmert. Es wird also langfristig weniger weinen. Allerdings müssen Sie es nicht immer unbedingt aus dem Bettchen nehmen oder stundenlang herumtragen. Denn das wäre ja auch wieder ein neuer Reiz, der zwar vielleicht kurz für Ablenkung und Ruhe sorgt, das überreizte Nervenkostüm aber noch mehr aufheizen kann. Das Kind beruhigt sich oft besser, wenn Sie nur leise mit ihm sprechen oder ihm etwas vorsingen und Ihre Hand ruhig darauf halten. Auch wenn es vielleicht etwas länger dauert, so geben Sie ihrem Baby die Chance, das Abschalten zu lernen. Übrigens: Babys bis zu einem halben Jahr können ihr Weinen noch gar nicht bewusst einsetzen, man kann sie also in dem Sinne nicht verwöhnen.

Hilfe für Eltern von Schreibabys

Die erste Anlaufstelle ist Ihr Kinderarzt. Er wird Ihr Baby zunächst einmal besonders gründlich untersuchen, um eine körperliche Ursache für sein Weinen auszuschließen, wie z.B. eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder eine nichterkannte Mittelohrentzündung. Auch die Nachsorge-Hebamme oder Stillberaterin kann Ihnen vielleicht weiterhelfen. Für total verzweifelte Eltern gibt es außerdem bei vielen Kliniken oder Beratungsstellen "Schreiambulanzen", die in akuten Notfällen weiterhelfen. Spätestens wenn Ihre Verzweiflung in Wut umschlägt und Sie Aggressionen gegen Ihr Kind verspüren, sollten Sie sich unbedingt Hilfe holen!

Mit vier Monaten hat der Spuck meist ein Ende

Leider kann es lange dauern bis die kleinen "Schreihälse" allmählich lernen, mit den Reizen besser zurechtzukommen und sich selber zu beruhigen. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass sich ehemalige Schreibabys später ganz normal entwickeln und genauso fröhlich oder ausgeglichen sind wie andere Kinder auch. Ein wenig Trost können betroffene Eltern vielleicht auch darin finden: In den allermeisten Fällen hören die Schreiattacken zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat ganz von alleine auf, nur sehr selten dauern sie bis zum Ende des ersten Lebensjahres an.

Lesen Sie hier mehr darüber, warum manche Babys ständig weinen und wie Sie Ihr Kind am besten trösten können.

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