Bauchweh in den ersten Lebenswochen ist völlig normal!

Bauchweh in den ersten Lebenswochen ist völlig normal!

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Bauchschmerzen, Blähungen, stundenlanges Weinen - früher nannte man diese Anzeichen bei Säuglingen
"Drei-Monats-Koliken", da sie oft nach etwa drei Monaten von heut auf morgen plötzlich vorbei waren.

Inzwischen weiß man aber, dass das exzessive Schreien, der aufgeblähte Bauch, die Schlaf- und Verdauungsprobleme Zeichen für eine sogenannte "Regulationsstörung" sind. Das Baby ist noch nicht richtig an sein Leben außerhalb des Mutterleibs angepasst und hat Schwierigkeiten, auf Reize angemessen zu reagieren. Das heißt, es kann sich einfach noch nicht allein beruhigen.

Anfängliches Bauchweh ist normal

Lange Zeit dachte man, dass Babys in den ersten Lebenswochen häufig Blähungen haben und eben deshalb viel weinen. Inzwischen vermutet man jedoch, dass die Luft im Darm und der aufgetriebene Bauch erst durch das viele Schreien verursacht werden. Tatsächlich haben fast alle Kinder in den ersten Lebenswochen Probleme mit der Verdauung. Das liegt daran, dass der Darm noch nicht richtig reif ist und die für die Verdauung nötige Darmflora erst aufgebaut werden muss. Allerdings gibt es viele Kinder, die das offenbar nicht wirklich stört - und einige, die darauf ausgesprochen sensibel reagieren. Etwa 16 Prozent aller Babys leiden in den ersten drei Lebensmonaten unter Bauchweh, Schlafstörungen und fallen durch ausgedehntes Schreien auf. Zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat sind es noch etwa 6 Prozent, dann ist es meistens vorbei.

Frühgeborene und Kaiserschnittkinder

Frühchen leiden häufiger unter Verdauungsproblemen als reifgeborene Kinder. Andererseits bedeutet es nicht, dass die Verdauung wirklich ausgereift ist, bloß weil ein Kind erst zum Termin oder danach geboren wurde. Auch bei übertragenen Kindern kommt es zu diesen Problemen. Kaiserschnittkinder haben ebenfalls häufiger Anpassungsschwierigkeiten als spontan Geborene. Auf dem Weg durch den Geburtskanal schluckt das Kind Bakterien aus der Vaginalflora der Mutter, die die Grundlage für die Darmflora bilden.
Um den kleinen Nachteil auszugleichen, sollten Sie ein Frühchen oder Kaiserschnitt-Kind möglichst zumindest ein paar Wochen stillen, da Muttermilch nun mal die gesündeste und am leichtesten verdauliche Nahrung darstellt.

Es liegt nicht an der Milch!

Ob ein Kind Blähungen und Bauchweh hat, liegt allerdings in den meisten Fällen nicht an der Nahrung. Regulationsstörungen kommen bei Flaschen- und Stillkindern gleichermaßen vor. Es macht deshalb auch keinen Sinn, beim Stillen sämtliche blähenden Lebensmittel wegzulassen, vorzeitig abzustillen oder von einer Milchnahrung auf die andere zu wechseln. Zwar gibt es tatsächlich Fälle, in denen ein Baby aufgrund einer Nahrungsmittelunverträglichkeit Blähungen und Bauchschmerzen bekommt (z.B. eine Milcheiweißallergie). Solange Ihr Baby sich altersgemäß entwickelt, regelmäßig zunimmt und normalen Stuhlgang hat, ist das aber eher unwahrscheinlich. Viel eher handelt es sich um eine Regulationsstörung.

Was ist eine Regulationsstörung?

Wenn ein Baby über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen an drei Tagen pro Woche mindestens drei Stunden ohne erkennbaren Grund schreit und sich nicht beruhigen lässt, spricht man von einem Schreibaby oder von einer Regulationsstörung. Häufig beginnt das Schreien im Laufe des Nachmittags, findet seinen Höhepunkt in den Abendstunden und dauert noch bis in die Nacht hinein. Das Baby schläft tagsüber meist nur kurz und schläft auch schlecht ein. Es lässt sich auch durch Herumtragen, Körperkontakt oder Ablenken kaum beruhigen. Häufig liegt die Ursache darin, dass das Kind so übermüdet ist, dass es auf jeden Reiz hypersensibel reagiert. Blähungen und Verdauungsprobleme nimmt es dadurch noch stärker wahr. Durch das anhaltende Schreien gelangt zusätzlich Luft in den Darm, was für weitere Probleme sorgt. Dieses Muster zu durchbrechen ist schwierig bis unmöglich und bringt verzweifelte Eltern nicht selten an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Da es sich nun mal um einen ureigenen Menschheitsinstinkt handelt, auf das Weinen des eigenen Babys zu reagieren, gibt es tatsächlich nichts Zermürbenderes! Eltern mit einem Schreibaby sollten sich deshalb möglichst bald Hilfe holen, bevor Ihre eigene Gesundheit - oder die des Kindes ernsthaften Schaden nimmt.

Organische Ursachen abklären lassen

Sprechen Sie zunächst in jedem Fall mit Ihrem Kinderarzt. Der wird abklären, ob keine organischen Ursachen wie ein Leistenbruch oder eine Mittelohrentzündung vorliegen und Ihrem Baby Schmerzen bereiten. Außerdem kann er ihnen geeignete Anlaufstellen nennen, wie beispielsweise eine Schreiambulanz oder eine Eltern-Kind-Psychotherapie.

Das kann sonst noch hilfreich sein

Legen Sie Ihr Baby tagsüber regelmäßig schlafen, bevor es richtig müde ist. Viele Kinder schlafen leichter ein, wenn sie noch nicht total "über den Punkt" sind. Legen Sie es dazu im abgedunkelten Schlafzimmer in sein Bett und setzen sich nur leise redend oder singend daneben. Denn alle "Aktivitäten" wie Schaukeln etc. lenken zwar kurz ab, das überreizte Nervenkostüm wird dadurch aber oft noch mehr angeregt.
Achten Sie insgesamt auf eine ruhige, "reizarme" Umgebung und einen geregelten Tagesablauf mit festen Essens- und Schlafenszeiten.

Versuchen Sie, das "Schreimuster" zu durchbrechen. Wenn Ihr Baby immer am frühen Abend am meisten weint, machen Sie um diese Zeit einen Spaziergang mit dem Kinderwagen. Probieren Sie es mal mit einem Bad - das entspannt, beruhigt und macht müde - oder auch mit einer Babymassage.

Viele Kinder sind allerdings zu diesem Zeitpunkt schon so überdreht, dass beruhigende Maßnahmen nicht mehr weiterhelfen. In diesem Fall sollten Sie sich mit Ihrem Partner soweit wie möglich abwechseln, damit jeder mal ein bisschen ausruhen und so wieder zu Kräften kommen kann. Nehmen Sie jede Hilfe an, die Sie kriegen können - z.B. von der Nachbarin, die mit dem Baby spazieren geht oder lassen Sie Ihr Kind für ein paar Stunden in der Obhut der Oma oder einer guten Freundin. Außenstehende reagieren nämlich oft nicht so gestresst auf das Geschrei eines Babys wie seine eigenen Eltern (siehe Urinstinkt). Machen Sie sich klar, dass weder Sie noch Ihr Baby irgendeine Schuld trifft und halten Sie durch! Zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat sind die anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten bei fast allen Babys plötzlich vorbei. Die Regulationsstörung "verwächst" sich später übrigens völlig. Ehemalige Schreibabys sind später genauso fröhlich oder ausgeglichen wie alle anderen.

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