Die Polypen - nutzen oder schaden sie den Kindern?

Die Polypen - nutzen oder schaden sie den Kindern?

© Adobe Stock, nyul

"Polypen" - was für ein ulkiges Wort - doch genau wie kleine Kraken sehen diese Organe im hinteren Rachen aus. Korrekt nennt man sie Rachenmandeln oder Adenoide.

Sie bestehen, wie die Gaumenmandeln, aus Lymphgewebe und bilden mit ihnen und mit weiteren kleineren Lymphgewebsknoten im gesamten Nasen-Rachen-Raum eine Abwehrmauer gegen Krankheitskeime.

Keine Seltenheit: Große Polypen sind für viele Kinder normal

Und je mehr diese Lymphorgane kämpfen müssen, desto stärker und größer werden sie. Gerade im Kleinkindalter wird das Immunsystem aber in besonders hohem Maße gefordert, alle neu in den Körper eindringenden Krankheitserreger zu erkennen und gleichzeitig auch zu bekämpfen. Demzufolge sind große "Polypen" und große Gaumenmandeln für Kinder etwas völlig Normales, ja sogar eine besonders aktive und sinnvolle Waffe des Körpers.

Aber nicht nur die üblichen Infekte der Luftwege, sondern auch eine Allergie kann Lymphgewebe und damit auch die "Polypen" anschwellen lassen. Und es gibt auch Kinder, bei denen von Geburt an die "Polypen" relativ groß sind.

Wann schaden vergrößerte Polypen?

Das hängt sehr individuell davon ab, wie groß die anatomischen Verhältnisse im Nasen-Rachen-Raum beim einzelnen Kind sind. Ist der Rachen schmal und eng, dann kann das rasch dazu führen, dass die ganz normal vergrößerten "Polypen" die Atmung behindern. Die Kinder bekommen nur noch wenig Luft durch die Nase, atmen ständig mit offenem Mund, sie schnarchen und im schlimmsten Fall können nächtliche Atemaussetzer, eine Schlafapnoe, die Folge sein. Bei reiner Mundatmung fällt zudem die Reinigungs- und Anfeuchtungsfunktion der Nase für die Atemluft weg, was Infektionen begünstigt. Der Sinn der "Polypen" kann sich damit ins Gegenteil verkehren.

Ein weiteres Problem ist, dass die "Polypen" genau am Eingang der Tube, der Belüftungsröhre für das Mittelohr sitzen. Vergrößern sie sich, können sie ihre Wächterfunktion verlieren, die Belüftung des Mittelohrs verhindern und damit Mittelohrentzündungen begünstigen. Zusätzlich kann es sein, dass so Mittelohrentzündungen nicht richtig ausheilen und sich im Mittelohr Sekret ansammelt. Dieses dämpft die Bewegung des Trommelfells und das Kind wird schwerhörig. Leider passiert das genau in dem Alter, in dem die Kinder sprechen lernen und dabei auf ein intaktes Gehör angewiesen sind.

Müssen vergrößerte Polypen immer operiert werden?

Mit dem zunehmenden Alter eines Kindes werden die Infekte seltener, die Abwehr muss weniger arbeiten und deshalb verkleinern sich ab dem Schulalter die "Polypen" ganz von allein. Bei den meisten Kindern kann man ohne Sorgen diese Entwicklung abwarten. Natürlich muss auch eine Allergie ausgeschlossen werden, bevor an eine Operation gedacht wird.

Gute Erfahrungen bei Kindern mit chronisch behinderter Nasenatmung auch ohne Nachweis einer Allergie habe ich - genau wie vor allem die Kinderärzte in den USA - mit der Anwendung eines entzündungshemmenden Nasensprays über mehrere Monate hinweg gemacht.

Kinder- und Hals-Nasen-Ohren-Arzt gemeinsam - und das sollte immer eine Empfehlung von beiden sein - raten in folgenden Fällen zur Operation:

  • wenn bei einem Kind die Nasenatmung so schwer und anhaltend behindert ist, dass die "Polypen" zu mehr statt zu weniger Infektionen beitragen
  • wenn ein Kind nicht nur schnarcht, sondern richtige Atemaussetzer hat
  • wenn sich ein chronischer Erguss im Mittelohr gebildet hat, der anhaltend das Hören einschränkt und die Sprachentwicklung behindert

In vielen Fällen sollten die Eltern aber einfach Geduld aufbringen, die natürliche Entwicklung abwarten, so dass sich mit dem Alter das Problem von allein löst. Nicht selten reicht es auch, auf den Sommer, sprich auf die infektarme Zeit zu warten.

Doch wenn es wirklich sein muss: Die Operation nur der "Polypen" und auch die zusätzliche Absaugung des zähen Sekrets aus dem Mittelohr (und wenn nötig die Einlage von Belüftungsröhrchen) ist ein kleiner Eingriff, der in der Regel keinen Krankenhausaufenthalt nötig macht. Die Risiken des Eingriffs sind sehr klein, die Beschwerden nach der Operation gering. Und der Erfolg kann verblüffend sein, manche Kinder blühen danach richtig auf.

Mit deutlich höherem Risiko und erheblich größerer Belästigung der Kinder durch Beschwerden nach der Operation ist die gemeinsame Entfernung auch der Gaumenmandeln verbunden. Diese ist nur selten vor dem 6. Lebensjahr erforderlich und man sollte sehr gründlich überlegen, ob sie wirklich sein muss. Selten machen übergroße Gaumenmandeln, die das Kind sogar am Schlucken hindern oder chronisch entzündete Gaumenmandeln eine Operation unumgänglich.

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