Hallo ihr beiden, bin total verzweifelt kommen gerade von Zahnarzt unsere Tochter Lotta 14 Monate hat wohl an den vorderen Schneidezähnen Karies, sie hat noch nie Zucker bekommen vom ersten Zahn an geputzt...jetzt soll ich nachts abstillen wegen Kariesförderung obwohl ich eigentlich noch gar nicht wollte und weiß gar nicht wie..dazu soll sie eine Narkose bekommen zwecks Bohren, Sanieren und sie muss davor 6 Std nüchtern sein d.h ab 1.30 nachts..Wie sollen wir denn das machen? Fördert das stillen wirklich Karies? Oder kann ich wenn die Zähne saniert sind nachts noch weiter stillen? ach ich bin verzweifelt möchte ihr doch keinen Kummer machen und Streß wollte eigentlich warten bis sie sich selber abstillt bzw sanft abstillen ( da hatte ich auch schon dazu geschrieben..). Vielleicht könnt ihr mir helfen? DANKE
von
schnüllschnat
am 11.07.2013, 11:27
Antwort auf:
Verzweifelt? Narkose..Karies
Liebe schnüllschnat,
ich kann es gut verstehen, dass Du traurig und schockiert bist.
Das Thema Stillen und Karies ist leider ein Dauerbrennerthema, doch durch das ständige Wiederholen, dass Stillen, vor allem in der Nacht, zu Karies führen würde, wird diese Behauptung nicht richtiger.
Selbstverständlich ist Zahnpflege ab dem ersten Zahn bei gestillten Kindern wichtig. Da gibt es überhaupt keine Diskussion, aber Stillen führt nicht zu Karies. Muttermilch greift die Zähne nicht an. Auslöser für Karies ist ein Bakterium mit dem Namen Streptokokkus mutans.
Weder Langzeitstillen noch nächtliche Stillen leistet entgegen der immer wieder geäußerten Meinung dem Karies keinen Vorschub. Lange gestillte Kinder, die auch zum Einschlafen und während der Nacht gestillt werden haben nicht mehr Karies als andere Kinder, eher im Gegenteil. Beim Stillen werden die Zähne nicht ständig mit Milch umspült, da im Gegensatz zu einem mit der Flasche gefütterten Kind, die Milch erst weit hinter den Zahnleisten in den Mund gelangt und von dort geschluckt wird. Die Milch läuft aus der Brust nicht einfach aus (wie das bei der Flasche der Fall ist), das Kind muss aktiv arbeiten und schluckt dann auch. Gestillte Kinder und auch langzeitgestillteKinder bzw. noch lange während der Nacht gestillte Kinder haben nicht mehr Karies als nicht gestillte Kinder und wenn es zu Karies kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Stillens.
Selbstverständlich ist aber auch für gestillte Kinder Zahnpflege notwendig und wenn ein Stillkind Karies hat, dann muss das behandelt werden.
Ein Kind darf zwar vor einer Vollnarkose sechs Stunden nicht mehr essen, aber für das Stillen gelten im Allgemeinen andere Regeln! Da Muttermilch sehr schnell verdaut wird, wird es in vielen Kliniken so gehandhabt, dass bei kleineren Kindern nur eine dreistündige Pause eingehalten werden muss und das lässt sich vor allem wenn der Termin der Narkose günstig gelegt wird meist einigermaßen problemlos überbrücken.
Ich zitiere dir hierzu aus dem „Handbuch für die Stillberatung" Mohrbacher, Stock, 2001:
„Muss ein Baby operiert werden, sollte die Mutter nachfragen, bis zu welchem Zeitpunkt vor der Operation sie stillen darf und wie lange es nach der Operation dauern wird, bis sie wieder zu ihrem Kind darf und es stillen kann.
Einige Ärzte verlangen, dass ein Patient acht Stunden vor einer Operation nichts mehr oral zu sich nehmen darf. Doch diese Richtlinien sind in Veränderung begriffen. Kürzlich durchgeführte Untersuchungen (Litman 1994; Schreiner 1994) weisen darauf hin, dass es sinnvoll ist, die folgenden Zeitabstände zwischen letzter Nahrungszufuhr und Operation einzuhalten: sechs Stunden für künstliche Säuglingsmilch (Spear 1992), drei Stunden für Muttermilch und zwei Stunden für klare Flüssigkeiten. Die Mutter sollte die Frage der Wartezeiten mit dem Chirurgen und dem Anästhesisten bereits im Vorfeld abklären. Viele Ärzte sind bereit, sich den Bedürfnissen eines gestillten Babys anzupassen. Außerdem sollte sich die Mutter überlegen, wie sie ihr Baby in den Stunden unmittelbar vor der Operation, wenn es nicht gestillt werden darf, ablenken und trösten kann.
Wenn die Mutter vorher danach fragt, kann sie eventuell unmittelbar nach der Operation wieder zu ihrem Baby und kann es im Aufwachraum stillen. Für viele Babys und Mütter ist das Stillen in dieser Zeit sehr beruhigend."
In einer solchen „Krisensituation" wie es eine OP oder ein umfangreiches Diagnoseverfahren ist, ist auch ein Schnuller in den meisten Fällen nicht wirklich eine Hilfe. Du kannst dein Kind halten, es streicheln, trösten, ihm deinen Finger zum Saugen anbieten und ihm immer wieder gut zureden.
Ich hoffe, Du hast den Schock bald verarbeitet!
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 11.07.2013
Antwort auf:
Verzweifelt? Narkose..Karies
Hallo Schnüllschatt,
es gibt keinen Zusammenhang zwischen LZS und Karies. Zwei aktuelle Studien dazu (auf pubmed sind noch viel mehr, einfach "prolonged breastfeeding, dental caries" eingeben).
Nunes et al.: Association between prolonged breast-feeding and early childhood caries: a hierarchical approach. Community Oral Dent Epidemiol., 2012
Studie mit 260 Kindern. Fazit:"Prolonged breast-feeding was not a risk factor for ECC while age, high sucrose consumption between main meals and the quality of oral higiene were associated with disease in children." (LZS ist kein Risikofaktor für frühkindlichen Karies, wohingegen Alter, hoher Zuckerkonsum zwischen den Mahlzeiten und die Qualität der Zahnhygiene mit dieser Krankheit bei Kindern assoziiert war.)
So, und dann eine Studie mit über 17000! Mutter-Kind Paaren, die bis zum Schulalter begleitet und beobachtet wurden.
Kramer et al.: "The effect of prolonged and exclusive breast-feeding on dental caries in early school-age children. New evidence from a large randomized trial". Caries Research, 2007
Fazit hier: "Our results, based on the largest randomized trial ever conducted in the area of human lactation, provide no evidence of beneficial or harmful effects of prolonged and exclusive breast-feeding on dental caries at early school age."( weder positive noch negative Effekte des LZS konnten im Bezug auf frühkindlichen Karies nachgewiesen werden).
Nichtdestotrotz hat Euer Kind frühkindlichen Karies und da solltet Ihr wirklich zusammen mit dem Praxisteam Ursachenforschung betreiben und Euch nicht mit einem "Liegt am LZS" abspeisen lassen. Am einfachsten zu überprüfen ist die Putztechnik. Laß Dir das am besten von der ZMF zeigen, die auch die professionellen Zahnreinigungen macht, die sieht oft schon am Gebiß Deines Kindes, wo es hakt. Vielleicht hat Dein Kind besonders weichen Zahnschmelz, putzt ihr mit fluoridhaltiger Zahnpasta? Wenn Dein Kind eh in Narkose liegt, würde ich auch fragen, ob dann vielleicht die Zähne einmal mit fluoridiert werden können.
Wo an den Schneidezähnen sitzt denn der Karies? An der Rückseite oder in der Lücke? Auch Obst zwischendurch, gerade Banane enthält sehr viel Zucker. Besonders tückisch sind langsam gemümmelte Zwiebäcke, Brötchen, Salzstangen, besonders wenn noch Reste in der Lücke sitzen. Die Amylase im Speichel zersetzt die Stärke zu Glukose, die die Bakterien auch wunderbar füttern.
Deshalb, ich würde das Zahnarzt-Team nerven und mich an die Helferinnen halten, die oft einfach auch ein bißchen mehr Zeit haben, zu analysieren, wo das Problem ist.
Euch alles Gute!
von
emilie.d.
am 11.07.2013, 14:20