Stillen nach Bedarf bei 10 Monatigem Baby (gerne an alle)

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: Stillen nach Bedarf bei 10 Monatigem Baby (gerne an alle)

Liebe Kristina, an mir nagen z.Z. so die Zweifel. Mein Daniel ist gestern 10 Monate alt geworden. Er entwickelt sich prima, ist fröhlich und ausgeglichen, ißt mittlerweile auch ganz gut. Er wird nach Bedarf gestillt, auch Nachts, d.h. teilweise alle 2 stunden, nach dem Einschlafen manchmal auch gleich wieder nach einer halben Stunde. Wenn ich nicht schnell reagiere und ihn stille, schreit er und wacht auf. Nun lese ich immer mal wieder von Müttern die ihrem Kind das nächtliche Stiilen liebevoll abgewöhnt haben (geht das überhaupt ?) und dann davon berichten, daß nach 2-3 Nächten alles super klappe, das Kind schläft durch und alle sind froh. Ich muß sagen, daß ich bei meinem großen Sohn damals eine ähnlicher Erfahrung gemacht habe, allerdings ließ sich der mit einem Schnuller beruhigen. Nun habe ich heute in der Süddeutschen Zeitungs Beilage "Kinderleben" ein Interview mit dem Kinder- und Jugendpsychater dr. Michael Winterhoff gelesen und nun bin ich echt richtig verunsichert. Ich zitiere: Frage: ist es korrekt, dass eine Mutter, die ihr Baby immerzu stillt und immerzu bei sich hat, nichts falsch macht? Antwort: Ja. Ein Säugling in der oralen Phase ist nicht in der Lage, Frustrationen auszuhalten. Wenn das Baby Hunger hat, müssen Sie es sättigen. Erst vom 8. bis 10. Monat an ist es in der Lage zu warten. Und das soll es dann lernen. Frage: Haben wir unsere Intuition verloren? Antwort: Vielleicht. Mit der Zeit verändert sich die Schreifrequenz eines Kindes. Wenn die Mutter den Säugling warten lässt, bekommt sie einen Schweßausbruch vor Streß. Nach 10 Monaten schreit das baby anders, die Mutter kann das dann aushalten. Früher hat sie das Kind dann intuitiv auch mal warten lassen. Heute ist man kopfgesteuert und sagt sich selbst: Es ist noch so klein, und du wolltest doch ein Kind. Also wird das Kind sofort befriedigt. Die wichtige Erfahrung aber, nicht sofort befriedigt zu werden, kann es nicht machen und sich in diesem Bereich der Psyche nicht weiterentwickeln. Was sind die Folgen? Die orale Phase bleibt bestehen, das führt zur Suchtstruktur..... Was sagst du dazu liebe Kristina und wie würdest du dagegen argumentieren. Muß mein Baby seine Frustrationstoleranz wirklich jetzt schon schulen und wenn ja muß es über das Stillen laufen? Ich bin gespannt auf deine Antwort! Liebe Grüße Sabine

Mitglied inaktiv - 11.03.2008, 20:08



Antwort auf: Stillen nach Bedarf bei 10 Monatigem Baby (gerne an alle)

Liebe Sabine, ich würde recht lange brauchen, um sachlich korrekte Gegenargumente zusammen zu stellen, mit denen ich diesem Arzt entgegen treten könnte. Was nicht bedeutet, dass es sie nicht gibt - allein, mir fehlt die Zeit dafür... Wichtig ist meines Erachtens, dass ein Fünkchen Wahrheit drin stecken kann: Dass nämlich die Bedürfnisse der Kinder sich verändern und auch ihre "Toleranzgrenze" mit zunehmendem Alter höher liegen KANN. Allerdings glaube ich nicht (wie immer), dass sich dies verallgemeinern lässt nach dem Motto: Mit einem Jahr MUSS ein Kind dies oder jenes ertragen. Aber: Das Sicherheitssystem, das jeder Mensch in sich trägt, lässt sich in der Tat trainieren, und wenn man permanent jedes bisschen "Frust" vom Kind fernhält, dann KANN es passieren, dass es diesem einen Kind schwerer fallen wird als einem anderen, bestimmte Dinge zu "ertragen" (allein, weil ihm die Erfahrung fehlt...). Ich stimme Sabrina und Esther zu: Bestimmte Sachen sind tabu: Ferbern etwa, also rein nach Schema F und ohne Rücksicht auf die individuelle Situation des Kindes ein "Programm" durchzuziehen. Das macht nicht stark, das macht nur Angst. Gleichzeitig ist es eine gewisse Gradwanderung, was wir unseren Kinder zumuten können, und beim ersten Kind sind wir da alle meist noch viel ängstlicher als beim 2. Da wissen wir schon: Wenn es in der Wippe vor der Dusche steht und unsere Stimme hört, uns vielleicht sogar sieht, dann ist es nicht "dramatisch", wenn es weint, während wir uns duschen. Das kann es ertragen. Und meist merken wir bei den 2. oder 3. Kindern, dass diese nicht unbedingt eine niedrigere Frustrationstoleranz haben als die meist doch viel stärker "beschützten" 1. Kinder... Wie das nun wissenschaftlich ausschaut mit der Suchtstruktur und der oralen Phase, kann ich nicht beurteilen, dazu fehlt mir schlicht das nötige Fachwissen. Interessant könnte für Euch der Text sein, den ich gleich mal separat als Beitrag hier einstelle (er ist ziemlich lang, aber lesenswert). Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 12.03.2008



Antwort auf: Stillen nach Bedarf bei 10 Monatigem Baby (gerne an alle)

Hallo, ich denke ein Baby muss genug Frustration aushalten. Z. B. im Auto, wenn man nicht gleich anhalten kann oder an der Kasse beim bezahlen oder wenn man beim Friseur oder Arzt ist. Es gibt immer mal Zeiten, wo meine Kleine trinken will, es aber einfach nicht sofort geht. Da wird sie ja auch frustriert. Ich habe mal gelesen, dass sich einjährige Kinder an den Befehl "nein" nur vier Minuten erinnern können. Was soll dann ein 10 Monate altes Baby denken, wenn ich es, damit es mit Frustration umzugehen weiß, ewig auf die Brust warten lasse?! Daher denke ich, dass man den Wünschen und Bedürfnissen eines Babys so schnell wie möglich nachkommen sollte. Frustrationen müssen die Kinder eh noch früh genug aushalten. Grüße Sabrina

Mitglied inaktiv - 11.03.2008, 20:57



Antwort auf: Stillen nach Bedarf bei 10 Monatigem Baby (gerne an alle)

Hallo Sabine, mein Sohn Leonard ist am Sonntag genau 10 Monate alt geworden und ich lasse ihn nicht schreien. Wobei ich tatsächlich finde, dass er jetzt schon unterschiedlich schreit. Er hat ein ganz besonderes Schreien für "ich will das nicht" oder "ich will jetzt aber", das dann aufkommt, wenn es NICHT um grundbedürfnisse, sondern Alltägliches geht. So z.B. darf er nicht am Kabel oder (gesichterten) Steckdosen spielen, oder mit dem Frühstücksmesser oder ähnliches. Wenn er dann brüllt ist das sehr leicht von echtem Verzweiflungsbrüllen zu unterscheiden. Dieses befriedige ich nicht. Ich nehme ihn zwar hoch und versuche ihn abzulenken, aber mehr nicht. Dagegen halte ich es für wichtig, jedes andere Schreien zu befriedigen. Vielleicht übertreibe ich auch (siehe mein Beitrag über deinem), aber ich lasse ihn nicht schreiend im Bett, nur weil ich glaube, er müsse mit 10 Monaten lernen, zu warten. Meine Tochter, die das mit 8 Monaten ja lernen musste kann jetzt mit 2 1/2 überhaupt nicht warten, nicht 1 Sekunde. Da hat sich trotz des "warten lassens" die Psyche scheinbar nicht weiter entwickelt. Viele Grüße Esther

Mitglied inaktiv - 11.03.2008, 21:02



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