Hilft Abstillen, nächtl. Trennung von Mama (wegen Geburt) zu verkraften?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Hilft Abstillen, nächtl. Trennung von Mama (wegen Geburt) zu verkraften?

Liebe Biggi, ich möchte Dir hiermit erst einmal kurz für Deinen Text zum "Dauerstillen in der Nacht" danken, in dem Du über positive Erfahrungen mit Deinen und anderen LLL-Kindern geschieben hast. Ich musste direkt ein paar mal weinen (bin aber auch schwanger ;-) ). Jetzt muss ich Dir leider mein Herz ausschütten. Ich habe hier bei rund-ums-baby viel in den Texten von Dr. Posth gestöbert, dessen Auffassungen ich größtenteils gut finde. Leider hat er sich kritisch zum Langzeitstillen geäußert, dass es den Loslöseprozess behindern könne. Leider ist genau das im Moment das Problem mit meinem Sohnemann. Wir erwarten im Februar Nachwuchs, er wird 26 Monate alt sein. Auf Rat von Gyn und Hebamme habe ich ihn fast abgestillt, bis auf eine morgendliche Stillmahlzeit, die ich an sich nicht missen möchte und er auch nicht. Der Hauptgrund war/ist für mich, dass ich Angst habe, dass ich über Nacht zur Entbindung in die Klinik muss und er dadurch traumatisiert wird. Wenn ich ihn nachts nicht mehr stille, so sehen es alle, dann kann er auch mal bei den Großeltern (oder zur Not beim Papa, den ich natürlich lieber bei mir hätte) schlafen. Mittlerweile sehe ich da aber schon fast wieder rot, da er nachwievor meine Brüste zum EInschlafen braucht, und zwar zum Handauflegen (rumzwirbeln konnte ich ihm gottseidank auch abgewöhnen...) und nicht ohne mich ein- und weiterschläft. Im Moment trotzt er stark, ist wieder sehr mamabezogen und lehnt Papa teilweise richtiggehend ab (das Verhalten trat aber längere Zeit nach dem nächtl. Abstillen auf, steht also sicher nicht direkt damit im Zusammenhang). Also mein Verdacht: verzögerte Löslösung, um es in Dr. Posths Vokabular zu formulieren. Ihn werde ich dazu auch befragen aber Deine, bzw. Eure Meinung/Erfahrung dazu interessiert mich fast noch mehr. Sind denn länger gestillte Kinder erfahrungsgemäß stärker auf die Mama fixiert, bzw. fällt ihnen die Loslösung schwerer? Oder kann da nicht eher der Zusammenhang insofern bestehen, dass eben mamabezogene Kinder tendentiell länger gestillt werden, weil das Abstillen schwerer fällt und manche Mütter ungeplant zu "Langzeitstillerinnen" werden? Wie war das bei Deinen (oder Euren) Kindern? Ich habe (leider) erst Anfang des 2. Lebensjahres ein wenig über Stillen Nach Bedarf bei "älteren" Stillkindern gelesen, vorher hatten wir einen längeren Kampf um die Breimahlzeiten usw., da es bei ihm nie so geklappt hat, die Stillmahlzeiten zu ersetzen, bzw. die Stillabstände immer kürzer, statt länger geworden sind. Und die Babyzeit davor war auch.. naja, ich habe ihn nicht alleine Schreien lassen aber sehr innig war unsere Beziehung auch nicht. Eher pucken, Schnuller, Hinlegen und auch dazulegen aber nicht Rumtragen, Dauerstillen oder so. Ich muss aber dazu sagen, dass er von sich aus auch nicht so auf körperliche Nähe aus war, das Tragen im Manduca hat er erst so ab ca 5 Monaten toleriert, aber auch nicht allzu lange am Stück. Kann es sein, dass wir in der Anfangszeit keine sichere Bindung aufbauen konnten und er dies jetzt versucht, nachzuholen? Bzw. wenn, geht so etwas noch nachzuholen? Bin ich noch im richtigen Forum...? Um den Bogen zu spannen: Hatte es überhaupt irgendeinen Sinn, meinem Sohn die nächtliche Brust zu entwöhnen, im Hinblick auf die bevorstehende Geburt, bei der ich evtl. nachts nicht bei ihm sein kann? Kann eine solche Trennung ein sensibles Kind (das ist er definitiv) traumatisieren? Oder hat das alles mit Stillen/Nicht Stillen gar nichts zu tun? Kann seine Unausgeglichenheit mit dem Abstillen zusammenhängen (er bekommt viel, sehr viel Nähe, er schläft in meinem Bett, ich trage ihn trotz SS leider sehr viel, ja, wenn ich nachts aufs Klo gehe, muss ich ihn oft sogar mitnehmen, auf dem Arm....Tagsüber auch mehrere Kuscheleinheiten wenn er will....geht noch nicht in die Kita...)? Oder ist es möglich, dass er unbewusst darauf reagiert, dass in meinem Bauch was wächst? Nur wie soll es dann nur werden, wenn der Wurm da ist...? Vielen lieben Dank schonmal, ihr macht beide hier wirklich ganz tolle Arbeit; ich wünschte, diese Internetseite schon vor dem ersten Kind entdeckt zu haben ***

von Vivien Si am 05.12.2012, 22:15



Antwort auf: Hilft Abstillen, nächtl. Trennung von Mama (wegen Geburt) zu verkraften?

Liebe Vivien Si, danke für dein nettes Lob, es freut und ehrt uns. Der Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs Fakt. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Die Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase, aber dein Kind spürt jetzt deine Unsicherheit und das ist etwas, was Kinder extrem schlecht vertragen. Kinder brauchen Klarheit und Zweifel sowie Unsicherheit der Eltern verwirren sie und beeinflussen ihr Verhalten, so dass sie z.B. besonders klammern oder eben sehr lange und häufig an der Brust trinken. Das Problem ist nicht das Stillen – das in diesem Alter außerdem noch vollkommen normal ist, denn statistisch gesehen findet ein selbstbestimmtes Abstillen meist irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag statt – sondern der Druck, der von außen auf dir lastet. Ich glaube nicht, dass dein Kind kein Vertrauen zu dir aufbauen konnte, ich glaube einfach, dass dein kleiner Mann sehr sensibel ist und wirklich deine Unsicherheit spiegelt. Wenn DU nicht abstillen möchtest, spricht NICHTS dagegen, dass Du weiterhin stillst und deinem Kleinen die so sehr gewünschte und ersehnte Brust gibst. Ich würde ehrlich gesagt in dieser Situation gar nicht abstillen, denn für dein Kind bedeutet das Geschwisterkind einen großen Einschnitt. Das Stillen ist für dein Kind viel mehr als nur Nahrung, es ist Geborgenheit, Nähe und Wärme und es gibt deinem Kind Sicherheit. Wenn es jetzt nicht mehr an die Brust darf und das Baby dann schon, kann es zu großer Eifersucht kommen. Hast Du schon einmal daran gedacht in eine Klinik zu gehen, in denen ein Familienzimmer angeboten wird? Dort könntest Du ohne Probleme deinen Kleinen und auch deinen Man zur Unterstützung mitbringen. Leider ist es noch die Ausnahme, aber vielleicht hast Du ja Glück! Aber auch wenn es nicht klappt, möchte ich dir sagen, dass es klappen wird. Ich habe mir damals auch furchtbare Sorgen gemacht, als ich in die Klinik musste und ich glaube, ich habe wesentlich mehr geweint, als die Kleinen ;-). Ich kann Deine Sorge gut nachvollziehen, aber aus eigener Erfahrung kann ich Dir auch sagen, dass unsere kleinen "Großen" sehr gut unterscheiden können zwischen "NichtdaseinKÖNNEN" und wollen. Dein Sohn ist in einem Alter, in dem er verstehen kann, dass Du nachts nicht bei ihm sein kannst und die beiden werden einen Weg finden, die Nächte gut zu überstehen. Mein Mann ist damals mit dem Auto durch die Stadt gefahren und die Kinder haben Lichter gezählt, bis ihnen die Augen zufielen, an anderen Tagen durften die Kinder auf der Couch in Papas Arm einschlafen und wenn es gar nicht gegangen wäre, hätten sie mich eben nachts besucht ; ). Meinem Sohn hat es damals geholfen, dass er mich anrufen durfte und ich habe ihm sein Schlaflied dann am Telefon vorgesungen. Ich habe damals auch überlegt, ob ich abstillen sollte, aber so waren es einige wenige unruhige Nächte, die meinen Mann mehr gestresst haben, wie meinen Moritz ;-), der hatte nämlich eigentlich viel Spaß mit seinem Papa und war am Abend so platt, dass es gut geklappt hat. Ganz herzllliche Grüße Biggi

von Biggi Welter am 06.12.2012



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