Hallo,
ich habe während der bislang 6monatigen Stillzeit 4 Kilo zugenommen, was ich durchaus der Menge an Essen zuschreiben kann. Der Hunger, vor allem auf Süßes, ist sehr groß. Ich habe bei Ihnen gelesen, dass der Kalorienbedarf auch nur um ca. 300 kcal erhöht ist während der Stillzeit.
Ich würde nun gerne wieder ins Fitnessstudio und zusätzlich weniger essen. Ich kann jedoch nur sehr schwer einschätzen, wieviel Training noch ok ist und ob es auch erlaubt ist, abends das Essen wegzulassen oder nur ein wenig Rohkost zu essen, ohne dass die Milchbildung nachts darunter leidet. Meine Tochter ist leider noch nicht sehr begeistert von der Beikost und nimmt auch keine Flasche, weswegen ich Angst habe, zu wenig Milch zu produzieren.
Sollte ich abnehmen (allerdings nehme ich nur ab, wenn auch mal der Magen knurrt), wird die Milch dann genauso gleichwertig aus meinen Fettreserven produziert?
Eine Hebamme einer Freundin meinte, dass sie regelmäßig 5 x täglich essen muss, sonst würde die Milchmenge weniger (trotz Übergewicht).
Ich fühle mich nicht wohl mit der stetigen Zunahme und würde mich freuen, einen Tipp zu bekommen, abzunehmen ohne dass die Milch weniger wird. Bei den empfohlenen 1800 kcal pro Tag nehme ich leider nicht ab.
(Schilddrüse wurde schon untersucht).
Vielen lieben Dank für Ihre Antwort.
Liebe Grüße
von
Lilli2809
am 21.07.2022, 14:15
Antwort auf:
Gewichtszunahme
Liebe Lilli2809,
selbstverständlich kann eine stillende Mutter auch Gewicht abnehmen, doch "echte" Fastenkuren und Fastentage sind in der Stillzeit in jedem Fall nicht sinnvoll.
Zwar gibt es inzwischen neuere Untersuchungen, die keinen Zusammenhang mehr zwischen dem Abbau der Fettdepots und dem Schadstoffgehalt der Muttermilch finden konnten. Dennoch ist es besser langsam abzunehmen und so auch dem JoJo Effekt auszuweichen.
Auch Trennkost ist nicht empfehlenswert (u.a. da bei dieser Ernährungsform Blutzuckerschwankungen auftreten können).
Es spricht jedoch nichts gegen eine moderate Diät.
Eine stillende Frau sollte ihre tägliche Kalorienmenge jedoch nicht unter 1800 Kalorien sinken lassen und nicht mehr als 500 g pro Woche (2 kg im Monat) abnehmen.
Zu qualitativen Veränderungen kommt es nur in geringem Maß.
Obwohl sich Frauen in verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Kulturen sehr unterschiedlich ernähren gibt es so gut wie keine Unterschiede in der Zusammensetzung der Muttermilch. Es ist sehr schwierig bis unmöglich, die Milchzusammensetzung deutlich über die Ernährung zu beeinflussen. Dies mag ein Schachzug der Natur sein, um das Überleben des Babys zu sichern.
Du solltest es mit dem Sport gerade zu Beginn etwas langsam angehen und auf Sportarten, die eine hohe Belastung der Oberarmmuskulatur mit sich bringen, oder bei denen ein hohes Risiko für Stöße gegen die Brust (z.B. Barrenturnen) besteht eher verzichten. Prinzipiell kannst du jedoch jede Sportart betreiben und es gibt auch (voll) stillende Spitzensportlerinnen. Viele Frauen empfinden einen gut sitzenden Sport BH als angenehm, aber auch dies ist kein Muss.
Es ist ein Ammenmärchen, dass Sport die Milchmenge zurückgehen ließe oder die Milch sauer macht oder was sonst noch so alles erzählt wird und immer wieder in der Regenbogenpresse aufgewärmt wird.
Entgegen anderslautenden Veröffentlichungen in Zeitschriften, gibt es auch keinen Grund, das Stillen nach sportlicher Betätigung hinauszuschieben.
Im Jahr 1992 berichteten die Zeitungen über eine Untersuchung, die sich mit der Zusammensetzung der Muttermilch vor und nach anstrengendem Training befasste und Vergleiche dazu anstellte, wie die Babys auf die vor dem Training bzw. nach dem Training abgepumpte Milch reagierten (Wallace 1992). Nach dem Training wurde in der Milch eine Erhöhung der Milchsäure festgestellt. Die Babys hätten die Milch nach dem Training weniger gerne angenommen. Die Schlussfolgerungen aus dieser Untersuchung erregten großes Aufsehen: stillende Mütter sollten ihre Babys vor dem Training stillen oder Milch für eine spätere Mahlzeit abpumpen und es vermeiden, unmittelbar im Anschluss an das Training zu stillen, eventuell sogar etwa 90 Minuten lang nicht.
Diese Schlussfolgerungen sind aus mehreren Gründen zu hinterfragen. Zunächst einmal erhielten die Babys die Vor und Nachtrainings Milch mit einer Tropfpipette, einer neuen, für sie ungewohnten Art der Fütterung. Die Forscher zogen aber nicht in Betracht, dass diese veränderte Fütterungsmethode die Babys in Bezug auf ihre Akzeptanz der Milch beeinflusst haben könnte. Bei der Durchsicht der Literatur zum Thema Stillen und Sport führten Dewey und McCrory (1994) noch weitere Beispiele für die eingeschränkte Aussagekraft dieser Studie an. Die Mütter in dieser Untersuchung trainierten bis an ihre Leistungsgrenze, aber die Empfehlungen der Forscher unterscheiden nicht zwischen moderater und maximaler sportlicher Betätigung. Die Milchsäurewerte sind bei maßvoll trainierenden Müttern wahrscheinlich viel niedriger. Außerdem waren die Unterschiede in der Akzeptanz der Vor bzw. der Nachtrainingsmilch durch die Babys nur gering, auch wenn die Mütter angaben, dass die Babys die Milch nach dem Training weniger akzeptierten. Auf einer Scala von 1 (Schreien) bis 9 (Lachen) erreichte die Einschätzung einen Punktwert von 6,7 für die durchschnittliche Vortrainingsmilch und 4,7 für die durchschnittliche Nachtrainingsmilch. Es kommt noch dazu, dass keine der Mütter davon berichtete, dass ihre Babys bei einer früheren Gelegenheit negativ auf das Stillen nach dem Training reagiert hatte.
Nach der Durchsicht verschiedener Studien kamen Dewey und McCrory zu dem Schluss, dass Sport bei stillenden Müttern die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit verbessert und sportliche Betätigung während der Stillzeit bei den meisten Frauen kein Gefahrenpotential birgt. Auch "ist es in den meisten Fällen unwahrscheinlich, dass sich aus der veränderten Akzeptanz der Muttermilch aufgrund erhöhter Milchsäurewerte nach dem Training Probleme ergeben".
Allerdings solltest Du unbedingt darauf achten, dass der Beckenboden wieder erholt ist, ehe du Sportarten betreibst, die den Beckenboden belasten.
Ich wünsche dir also viel Erfolg :-).
Liebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 21.07.2022