Sehr geehrter Herr Dr. Bluni,
in der 24. SSW wurde bei mir der OGTT Blutzuckertest durchgeführt. Die Werte waren nüchtern: 104, nach 1h: 160 und nach 2h: 129. Mein Frauenarzt hat gemeint, die Werte seien in Ordnung. Heute (34. SSW) war ich im Krankenhaus zu einer Kontrolluntersuchung. Dort hat man mir gesagt, dass der erste Wert zu hoch sei und ich mich einer Diabetesambulanz melden sollte.
Ist die ganze Sache für das Baby bedenklich? Was kann es für Auswirkungen auf das Baby haben?
Ich bin 1,68m groß, hatte vor der Schwangerschaft 53 kg und habe bis jetzt (34. SSW) 13 kg zugenommen.
Vielen Dank.
von
Liliane77
am 17.02.2011, 13:15
Antwort auf:
Blutzuckertest - erster Wert zu hoch
Hallo,
1. nach den neuesten offiziellen Vorgaben, die auch von den deutschen Fachgesellschaften übernommen werden, liegt nach einer Belastung mit 75 Gramm Glucose ein Gestationsdiabetes (GDM) vor, wenn mindestens einer der folgenden drei Grenzwerte erreicht oder überschritten wird (Werte aus dem kapillärem Vollblut)
nüchtern: größer/gleich 92 mg/dl (5,11 mmol/l)
nach 1 Std.: größer/gleich 180 mg/dl (9,99 mmol/l)
nach 2 Std.: größer/gleich 153 mg/dl (ca. 8,5 mmol/l)
Die Therapie des GDM erfolgt nach dem Blutzuckertagesprofil mit Zielwerten von unter 90 mg/dl nüchtern und unter 120 mg/dl zwei Stunden nach dem Essen.
Wenn Lebensstiländerungen nicht ausreichen, dann muss mit Insulin behandelt werden. In jedem Fall ist es ratsam, dass die betroffene Schwangere in einer diabetologischen Schwerpunktambulanz zur weiteren Abklärung und Therapieempfehlung vorgestellt und betreut wird.
Quellen:
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-020_S1_Die_aerztliche_Betreuung_der_schwangeren_Diabetikerin_05-2008_10-2010.pdf (AWMF-Leitlinie 015/20: „Die ärztliche Betreung der schwangeren Diabetikerin“, Stand: 2008, letzter Abruf: 13.12.2010)
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/PL_DDG2010_Schwangerschaft (Praxis-Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) Stand: 2010, letzter Abruf: 13.12.2010)
Moses, Robert G. , MD, New Consensus Criteria for GDM - Problem solved or a Pandora's box?, Diabetes Care February 27, 2010 vol. 33 no. 3, 690-691
2. eine Diabetikerin kann heute eine Schwangerschaft in aller Regel "normal" austragen und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Es ist aber zu fordern, dass sie sich schon bei der Planung, spätestens sofort nach Feststellung der Schwangerschaft, von einem diabetologisch erfahrenen Internisten und einem mit diabetologischen Problemen vertrauten Gynäkologen gemeinsam betreuen lässt.
Wichtigstes Ziel der Prophylaxe und Behandlung ist eine normoglykämische (normale Zuckerwerte) Diabeteseinstellung.
Dieses Ziel ist erreicht, wenn die Blutglukosewerte vor den Mahlzeiten unter 90 mg/dl, eine Stunde nach dem Essen unter 140 mg/dl, zwei Stunden danach unter 120 mg/dl liegen. In der ersten Schwangerschaftshälfte soll das HbA1c im oberen Normbereich, später im unteren Normbereich stoffwechselgesunder Schwangerer liegen (Normbereich mit 4,8 bis 6,0 %).
Das Therapiekonzept des Gestationsdiabetes sieh als erste Stufe eine Ernährungsberatung vor. In 90% der Fälle genügt diese Ernährungsumstellung (bei der übrigens kaum eine Patientin Hungergefühl hat), um das Therapieziel zu erreichen.
Gleichzeitig sollte eine ausreichende Bewegung der Schwangeren sichergestellt sein. Bereits ein halbstündiger Spaziergang nach dem Essen kann die Blutzuckerwerte deutlich senken.
Nur bei Schwangeren, die auch dann noch ein pathologisches Blutzuckertagesprofil (wie oben angegeben) aufweisen, ist zusätzlich eine Insulingabe notwendig.
Zur Ernährungsumstellung ist folgendes zu sagen:
Empfohlen wird eine Ernährung, die eine für die Bedürfnisse der Schwangerschaft adäquate Kalorienmenge und Zusammensetzung enthält. Der Kalorienbedarf für eine Schwangere im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) beträgt ca. 30 kcal/kg Körpergewicht. Bei Frauen mit einem Body-Mass-Index von größer 27 kg/ Quadratmeter Körperoberfläche am Beginn der Schwangerschaft sollte die Kalorienmenge auf 25 kcal/ kg Körpergewicht reduziert werden.
Die Kostverordnung soll von einer ausgebildeten Fachkraft nach Kohlenhydrat-Einheiten (KE) quantifiziert werden.
Weiteres besprechen Sie bitte mit den Experten vor Ort.
Auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Klinik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
http://www.diabetes.uni-duesseldorf.de/download/DDFI_Broschuere_Schwangerschaft.pdf (letzter Abruf:5.1.2011)
können Sie dazu eine sehr informative Broschüre für Betroffene downloaden.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 17.02.2011