Stammzellen - Lexikon

Stammzellen Lexikon

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Wenn es um Stammzellen geht, werden häufig medizinische Fachbegriffe genannt, die für Laien nur schwer verständlich sind. 

Die wichtigsten Fachbegriffe im Zusammenhang mit der Einlagerung von Nabelschnurblut sind hier verständlich erklärt.

Adulte Stammzellen

Stammzellen, die aus Nabelschnurblut gewonnen werden, gehören zu den sogenannten adulten, also "erwachsenen" Stammzellen. Hierzu zählen auch Stammzellen aus dem Knochenmark, dem Fettgewebe oder die peripher gewonnenen Stammzellen aus dem Blut von Stammzellenspendern. Adulte Stammzellen können sich im Körper zu unterschiedlich spezialisierten Zellen entwickeln. Weil sie Ersatzzellen bilden können, übernehmen sie im Körper wichtige Reparaturaufgaben. Adulte Stammzellen aus dem Nabelschnurblut haben den Vorteil, dass sie sehr jung und vermehrungsfreudig sind. Außerdem besteht der Vorteil, dass körpereigene Stammzellen immer angenommen werden und es zu keinen Abstoßungsreaktionen kommt.

Autoimmunerkrankungen

Bei dieser Form der Erkrankung richtet sich das Immunsystem irrtümlich gegen körpereigenes Gewebe und zerstört es. Diabetes Typ I ist so eine Autoimmunerkrankung. Dabei zerstört der Körper Insulin bildende Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Die Folge: Weil der Körper kein Insulin mehr produzieren kann, ist der Kohlenhydrat-Stoffwechsel gestört und der Blutzuckerspiegel kann nicht mehr vom Körper reguliert werden. Diese Form des Diabetes tritt vermehrt bei Kindern und Jugendlichen auf und nimmt in den letzten Jahren stetig zu. Andere Ursachen hat der weit verbreitete Diabetes Typ II, der überwiegend bei Erwachsenen vorkommt. Die Stammzellenforschung ist positiv, dass es Medizinern gelingen wird, über den Einsatz von körpereigenen Stammzellen die zerstörten Zellen der Bauchspeicheldrüse wieder herzustellen.

Autologe Stammzellentransplantation

Als autologe Spende bezeichnen Mediziner eine Eigenspende. Das bedeutet, dass man sich selbst Stammzellen spendet. Stammzellen aus Nabelschnurblut, die später für das Kind oder den Erwachsenen verwendet werden, aus dessen Nabelschnurblut sie gewonnen wurden, sind autolog. Der Vorteil einer autologen Spende: Das Immunsystem reagiert auf die körpereigenen Zellen nicht mit einer Abstoßungsreaktion. Im Gegensatz dazu gibt es auch die allogene Spende. Hier handelt es sich um eine Fremdspende: Die Stammzellen, die transplantiert werden, wurden einem anderen, fremden Menschen oder einem Verwandten entnommen. Hierbei ist das Risiko gegeben, dass Abstoßungsreaktionen auftreten können.

Embryonale Stammzellen

Diese Art der Stammzellen sind Alleskönner: Embryonale Stammzellen werden nach einer künstlichen Befruchtung einer Eizelle im Labor aus der Keimblase (der sog. Blastozyste) entnommen. Sie können keinen ganzen Organismus mehr ausbilden, aber sie können sich in alle Zell- und Gewebetypen unseres Körpers entwickeln. Für die Forschung sind diese Stammzellen sehr interessant. Doch die Entnahme der embryonalen Stammzellen ist ethisch problematisch, weil dadurch der Embryo zerstört wird. Das Embryonenschutzgesetz regelt deshalb in Deutschland den Umgang mit befruchteten Eizellen: In Deutschland ist die Gewinnung und Nutzung embryonaler Stammzellen gesetzlich eingeschränkt.

Kryokonservierung

Der Begriff leitet sich von dem altgriechischen Wort "kryos" ab und bedeutet Kälte. Diese Form der Kältekonservierung setzt spezielle Kühl- und Lagerungstechniken voraus, wie z. B. Kryotanks. In diesen Spezialtanks aus Edelstahl befindet sich Stickstoff. In den Tanks herrscht eine Temperatur von etwa -180 Grad Celsius. So können die Stammzellen über Jahrzehnte im Kälteschlaf bleiben, bis sie eines Tages aufgetaut und verwendet werden können.

Nabelschnurblut

Das restliche Blut, das nach dem Abnabeln des Kindes in der Plazenta und Nabelschnur verbleibt, nennt man Nabelschnurblut. Ende der 1980er Jahre entdeckte die Forschung, dass dieses Blut besonders reich an jungen, vitalen und teilungsfreudigen Stammzellen ist. Das Nabelschnurblut enthält deshalb so viele Stammzellen, weil sich der Blutbildungsprozess des kindlichen Körpers im letzten Schwangerschaftsdrittel verändert. In den frühen Phasen der Schwangerschaft übernehmen Leber und Milz des Kindes die Blutbildung, danach geht die Blutbildung ins Knochenmark des Kindes über. Diese Verlagerung findet über den Blutkreislauf des Kindes statt, deshalb befinden sich bei der Geburt so viele Stammzellen im Nabelschnurblut. Stammzellen aus Nabelschnurblut gehören zu den multipotenten Stammzellen. Sie können sich in verschiedene Zelltypen entwickeln, jedoch keinen kompletten Organismus bilden.

Punktion

Um das Nabelschnurblut auffangen zu können, sticht man mit einer dünnen Nadel in die Nabelschnur. Damit punktiert man die Nabelschnurvene. Ähnlich wie bei einer gewöhnlichen Blutabnahme, kann das Blut nun durch die Kanüle in den Blutbeutel fließen.

Rubinstein Verfahren

Der chilenische Arzt und Wissenschaftler Pablo Rubinstein ist ein Pionier auf dem Gebiet der Stammzellforschung. Er beschäftigte sich seit den 1980er Jahren mit der Gewinnung von Stammzellen aus Nabelschnurblut. 1992 gründete er die erste öffentliche Nabelschnurblutbank am New York Cord Blood Center. Seinen Namen trägt das weltweit verbreitete Verfahren zur Trennung und Reinigung der Stammzellen aus dem Nabelschnurblut. Dabei werden die Stammzellen von anderen Blutbestandteilen abgesondert, um ein möglichst reines und sofort einsetzbares Stammzellpräparat zu gewinnen.

Regenerative Medizin

Ein neues Feld der Biomedizin und gleichzeitig Hoffnungsträger für viele Menschen ist die Regenerative Medizin. Sie basiert auf der Fähigkeit des Körpers, sich selbst zu reparieren. Die Regenerative Medizin versucht diese Fähigkeit zu nutzen und weiterzuentwickeln. Der Organismus soll dabei mit seinen eigenen Ressourcen geheilt werden. Stammzellen spielen dabei eine bedeutende Rolle. Sie haben die Fähigkeit, kranke Zellen zu ersetzen. Schon heute kommen 80 % aller Nabelschnurblute, die für die eigene Anwendung eingelagert wurden, im Rahmen der Regenerativen Medizin zum Einsatz. Aus den darin enthaltenen Stammzellen können z. B. individuelle Medikamente hergestellt werden. Wissenschaftler und Mediziner gehen davon aus, dass man in Zukunft sogar ganze Organe aus den eigenen Stammzellen nachbilden kann. Bereits heute gibt es schon Studien dazu, wie die Herzfunktion von Patienten mit Herzinfarkt über eine Stammzellentherapie nachweislich verbessert werden kann. Auch bei Krankheiten wie Parkinson, Diabetes Typ I, Querschnittslähmung und Hirnschäden erhofft man sich in der Regenerativen Medizin neue Heilungsansätze durch die Weiterentwicklung der Stammzelltherapie.

Zuletzt überarbeitet: Januar 2019

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