Warum Rückbildungs­gymnastik nach
der Schwanger­schaft so
wichtig ist

Mama hält Baby an den Füßen fest

© Adobe Stock, drubig-photo

Ihr Neugeborenes will alle zwei Stunden trinken, Sie haben bis mittags noch nicht geduscht - und dann fragt Sie Ihre Hebamme ganz nebenbei: Schon für die Rückbildung angemeldet?

Zugegeben, für die meisten jungen Mütter ist die Vorstellung, in der ersten stressigen Zeit mit Baby einen Rückbildungskurs zu machen, nicht sehr verlockend. "Ich habe doch gar keine Beschwerden", sagt sich die eine oder andere, und denkt wahrscheinlich: "Muss das denn sein?"

Ja, bitte unbedingt. Beckenboden und Bänder haben in den vergangenen Monaten ganz schön viel "ertragen". Und die spontane Geburt ist für den Beckenboden eine echter Härtetest. 20 bis 30 Prozent aller Frauen leiden in den ersten Wochen nach der Geburt unter Harninkontinenz. Das erste Mittel der Wahl ist dann Beckenbodentraining. Und: Auch, wenn Sie momentan vielleicht keine Beschwerden haben - Sie schützen sich vor Folgeschäden. Denn Probleme, die durch einen geschwächten Beckenboden auftreten oder befördert werden können, zum Beispiel Inkontinenz oder Gebärmuttersenkungen, zeigen sich manchmal erst lange Zeit nach der Geburt, während der Wechseljahre.

Fachkundige Anleitung ist wichtig

Die Rückbildung beginnt mit der Stärkung der Beckenbodenmuskulatur. Danach widmen Sie sich den anderen Körperpartien, die durch die Schwangerschaft geschwächt wurden: vor allem den Muskeln an Bauch, Rücken und Beinen. Bei der Wahl Ihres Kurses sollten Sie unbedingt darauf achten, dass er durch eine Hebamme oder Physiotherapeutin durchgeführt wird. Denn gerade bei den Bauchübungen kann man einiges falsch machen. Sit-ups zum Beispiel lassen den Beckenboden erschlaffen und sind daher nicht geeignet.

Ein Rückbildungskurs wird Ihnen dabei helfen, wieder ein gutes Gefühl für Ihren Körper zu entwickeln: Viele Frauen berichten, dass sie sich in der ersten Zeit des Wochenbetts seltsam leer und unsicher fühlen. Der Beckenboden spielt eine wichtige Rolle dabei, die innere Stabilität wieder herzustellen. Denken Sie daran, dass Sie in den kommenden Wochen und Monaten viel Zeit mit Tragen verbringen, den Rücken rund machen werden - wenn Sie Ihren Beckenboden richtig aktivieren können, wird er Ihnen die nötige Kraft schenken.

Noch nicht überzeugt?

Sie meinen, nach einem Kaiserschnitt bräuchten Sie keine Rückbildung? Oder nach einem halben Jahr sei es eh zu spät für Beckenboden-Übungen?

Hier lesen Sie unsere Antworten auf die sieben häufigsten Einwände gegen einen Rückbildungskurs.

  • Ich habe gar keine Inkontinenzprobleme - dann funktioniert da unten doch bestimmt alles ganz gut, oder?

    Auch wenn Sie jetzt keine Beschwerden haben - es wäre ein Trugschluss anzunehmen, dass das auch immer so bleiben wird. Wussten Sie, dass jede vierte Frau über 45 unter einer schwachen Blase leidet? Und das beste Mittel gegen Inkontinenz ist nun mal ein starker Beckenboden. Je früher Sie damit beginnen, diese versteckten und doch so wichtigen Muskeln kennenzulernen, desto besser. Im Idealfall führen Sie die Übungen, die Sie in Ihrem Kurs lernen, daheim dauerhaft weiter. Und beugen damit Problemen vor, die vielleicht in einer zweiten oder dritten Schwangerschaft auftreten können.

  • Ich hatte "nur" einen Kaiserschnitt - Beckenbodentraining ist doch gar nicht nötig oder?

    Natürlich ist eine vaginale Geburt eine größere Herausforderung für den Beckenboden als ein Kaiserschnitt. Aber eine Sectio bewahrt auch nicht unbedingt vor einer späteren Inkontinenz. Eine große und wissenschaftlich stark beachtete Studie aus Norwegen hat gezeigt, dass Frauen, die eine vaginale Geburt hatten, später zu 21 Prozent eine Urininkontinenz entwickeln. Bei Kaiserschnitt-Patientinnen war dieses Risiko mit 15,9 Prozent zwar geringer, aber dennoch deutlich vorhanden. Das heißt: Es kommt auch schon während der Schwangerschaft zu entsprechenden Veränderungen und Beeinträchtigungen des Beckenbodens. Deswegen wird auch Frauen mit Kaiserschnitt dringend ein Rückbildungskurs empfohlen.

  • Extra einen Kurs besuchen? Wenn ich zuhause mit einem Ratgeber trainiere, ist das doch bestimmt genauso gut.

    Kein Termindruck, keine Absprache mit dem Partner - klar, aus praktischen Gründen spricht einiges für das Üben daheim. Es gibt auch sehr gute Ratgeber-Bücher oder entsprechende DVDs. Ideal wäre es, wenn Sie damit langfristig zuhause trainieren. Aber vielen Frauen fällt es am Anfang wirklich schwer, den Beckenboden zu lokalisieren. In einem Kurs können Sie dann schnell Unterstützung bekommen und sind sich am Ende sicher, dass Sie wirklich die richtigen Muskeln anspannen. Außerdem spricht noch ein angenehmer Nebeneffekt für den Rückbildungskurs: Hier lernen Sie garantiert die ein oder andere sympathische Mutter kennen, mit der Sie bald auf Kinderwagentour gehen werden. Und manchmal entstehen aus solch anfänglichen Zweckbündnissen echte Freundschaften!
  • Wenn ich "Rückbildung" höre, denke ich immer an Gesprächskreis und meditative Musik. Da schlaf ich schon beim Gedanken dran ein!

    Dann haben Sie völlig falsche Vorstellungen. Vielleicht werden Sie während des Trainings manchmal denken "Ich kann nicht mehr" - aber dann, weil Ihnen die Puste wegbleibt. Auch Rücken, Beine, Po, Bauch und Arme werden bei vielen Rückbildungsübungen ordentlich gefordert. Statt Einschlafen ist Schwitzen angesagt!

  • Mein Kind ist schon acht Monate alt und ich habe den Rückbildungskurs bisher noch nicht gemacht - jetzt bringt der doch wahrscheinlich eh nichts mehr, oder?

    Um den Beckenboden zu trainieren, ist es jedenfalls nicht zu spät. Denn dabei handelt es sich ja um einen Muskel, der auf Training anspricht. Und das macht er auch noch acht Monate nach der Geburt. Zwar übernehmen die Krankenkassen die Kosten für den Rückbildungskurs meistens nur, wenn er innerhalb der ersten neun Monate nach der Geburt gemacht wurde. Das heißt aber nicht, dass er danach nicht mehr sinnvoll ist. Wenn für Sie erst jetzt der Augenblick gekommen ist, sich damit auseinanderzusetzen, dann sollten Sie auf jeden Fall loslegen. Erkundigen Sie sich nach einem speziellen Beckenboden-Training. Zu spät ist es definitiv nicht!

  • Ich war vor der Schwangerschaft sportlich und will auch nach dem Wochenbett wieder Sport treiben. Reicht das nicht vollkommen aus, um meinen Beckenboden zu trainieren?

    Im Gegenteil: Es gibt sogar einige Sportarten, die den Beckenboden zusätzlich belasten. Auch für sportliche Mütter gilt daher: erst Beckenboden stärken, dann wieder zum alten Training zurück.

  • Ein Kurs ist ja schön und gut. Aber wie soll ich denn meinen Beckenboden dauerhaft schützen, wenn mein Baby ständig getragen werden will?

    Der Kurs soll Ihnen gerade dabei helfen, belastende Bewegungen so auszuführen, dass Sie Ihnen nicht schaden. Dafür brauchen Sie aber zunächst professionelle Anleitung und ein wenig Geduld. Wenn Sie den ersten Schritt geschafft haben und die Muskelgruppe spüren und aktivieren können, dann wird Ihnen das auch im Alltag helfen. Mit etwas Übung werden Sie Bewegungen aus Ihrer Mitte heraus steuern können. In unserem Artikel "Den Beckenboden im Alltag trainieren" finden Sie zu diesem Thema viele Anregungen.

Zuletzt überarbeitet: Januar 2019

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