Sehr geehrter Dr. Paulus,
Ich bin in der 13 SSW+1 und ich habe an Sie 3 Fragen:
1/ Da ich viel übergeben musste hatte ich von einer Schwester auf der Arbeit eine Normofundin als Infusion gekriegt. Ich habe in der Rote Liste gelesen, dass man nur bei strenge Indicationen solche Lösungen geben darf.
Kann Normofundin das Baby schaden?
2/ Da die Plazentadurchblutung nicht in Ordnung ist, hat mir meine Ärztin ASS 100mg Tbl. verschrieben.
Ich habe aber gelesen, dass durch ASS Tab. kann der Ductus Arteriosus früher schlißen und können sogar Herzfehler bei dem ungeborenen Kind auftreten.
Stimmt es? Sind die ASS Tabl. für das ungeborenes Kind gefährlich?
3/ Weil ich als ärztin arbeite und ständig Kontakt mit Patienten habe, muss ich auch mehrmals pro Tag die Hände desinfizieren (Sterilium oder Spitacid). Steht durch diese Händedesinfektionsmittel ein Gefahr für mein ungeborenes Kind?
mfG
von
nada2009
am 13.12.2013, 16:29
Antwort auf:
Normofundin Infusionslösung und ASS100 und Händedesinfektionsmittel
Bei Normofundin handelt es sich um eine Elektrolytlösung zum Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten. Derartige Infusion sind bei ausgeprägtem Schwangerschaftserbrechen durchaus sinnvoll.
Acetylsalicylsäure wird in niedriger Dosierung (50-150 mg pro Tag) zur Hemmung der Thrombozytenaggregation und damit Verbesserung der Durchblutung verwendet.
In mehreren Studien konnte die Häufigkeit einer schwangerschaftsinduzierten Hypertonie bei Patientinnen mit einem hohen Risiko für eine Präeklampsie durch niedrig dosiertes ASS (Tagesdosis: 60 bis 100 mg) signifikant gesenkt werden. Einige dieser Studien zeigten einen signifikanten Anstieg des Geburtsgewichtes nach ASS-Prophylaxe bei normalem Blutdruck unter Schwangeren mit erhöhtem Präeklampsierisiko. Bei Schwangeren mit mäßiger Hypertonie und pathologischem Dopplerbefund ließ sich unter niedrig dosierter ASS-Therapie eine Zunahme von Geburtsgewicht, Kopfumfang und Plazentagewicht erreichen.
Eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie konnte eine Abnahme der Häufigkeit von Wachstumsretardierung, intrauterinem Fruchttod und Plazentalösungen unter ASS-Prophylaxe bei Schwangeren nachweisen, die in ihrer Vorgeschichte entsprechende Komplikationen erlitten hatten. Besondere Störungen der Neugeborenen nach intrauteriner ASS-Exposition ließen sich nicht erkennen.
Um die Mängel vieler kleinerer Studien zur ASS-Therapie in der Schwangerschaft auszuschalten, wurde die internationale Collaborative Low-dose Aspirin Study in Pregnancy (CLASP) mit über 9.000 Schwangeren durchgeführt (CLASP 1994). In dieser Studie ergab sich unter einer Tagesdosis von 60 mg ASS kein Nutzen für Frauen mit einem erhöhten Risiko für Präeklampsie oder intrauteriner Wachstumsretardierung. Allerdings senkte niedrig dosiertes ASS die kindliche Erkrankungshäufigkeit in einer Untergruppe von Schwangeren mit sehr früh beginnender Präeklampsie. Bei diesen Patientinnen lagen typischerweise chronische arterielle Hypertonie, Nierenerkrankungen oder eine Präeklampsie vor der 32.SSW in einer früheren Schwangerschaft vor. Die ASS-Anwendung führte nicht zu Nebenwirkungen bei Mutter, Fet oder Neugeborenem (CLASP 1997). Eine Nachuntersuchung von intrauterin exponierten Kindern im Alter von 12 und 18 Monaten ließ keine Entwicklungsstörungen erkennen (CLASP 1995). Allerdings wurde in der CLASP-Studie die Aspirin-Therapie bei 38% der Schwangeren erst nach der 20.SSW begonnen. Analysiert man das Kollektiv von Patientinnen, die vor der 20.SSW mit der ASS-Einnahme begonnen haben, lässt sich eine Abnahme der Präeklampsie erkennen.
Um Gerinnungsstörungen unter der Geburt zu vermeiden, wird ASS 100 meist zwischen der 34. und 36.SSW abgesetzt.
Die äußerliche Anwendung von Desinfektionsmitteln wie Sterilium oder Spitacid stellt keine Gefahr für das Ungeborene dar.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 15.12.2013