Annii83
Hallo zusammen, ich schreibe mal in diese Runde, in der Hoffnung den ein oder anderen Ansatzpunkt für unser derzeitiges ‚Problem‘ zu bekommen. Mein Sohn ist 5 Jahre alt, im Kern ein ruhigerer, erstmal schüchterner Typ. In Kindergarten läuft es bestens, noch nie gab es dort irgendwas in Richtung Wutanfälle oder ähnliches. Dafür zuhause seit dem er offiziell ein Vorschulkind ist umso mehr. Er hat noch eine kleine, fast 3 jährige Schwester. Die beiden streiten sich gefühlt von morgens bis abends. Dabei wird auch gehauen, gekniffen, an den Haaren gezogen etc. Mal gehe ich dazwischen, mal lasse ich es sie selber lösen. Im Grunde weiß ich gar nicht was das Beste in solchen Situationen ist. Neuerdings sind die Wutanfälle so heftig - wenn irgendwas nicht passt, rastet er aus, weint laut und heftig, schlägt um sich, und kriegt sich kaum mehr ein. Versuche zu trösten, ruhig zu bleiben, streng zu sein - ich habe diverses probiert, helfen nicht. Er sagt dann ich sei eine blöde Mami, ich solle weg, ich solle sterben (furchtbar sowas zu hören) usw. Ich kenne ihn so nicht wieder und mich stresst es von mal zu mal mehr; auch ich werde irgendwann sauer, wenn er versucht mich zu hauen und mich beschimpft. Ich halte seine Hände dann auch fest und sage ihm, das gehe nicht aber das prallt irgendwie ab. Ich kann mir nur erklären, dass es mit diesem neuen Thema ‚Vorschulkind‘ zusammenhängt, denn das Thema ist momentan omnipräsent durch KiGa, Tage der offenen Tür etc. Überfordert ihn das Thema? Aber er ist so direkt doch noch gar nicht damit konfrontiert. Kennt das jemand in dieser Phase? Und habt ihr Tipps wie ich ihn in diesen wutmomenten besser begleiten und raushelfen kann? Lieben Dank und lG Anni
Wenn man sucht, findet man immer irgendeinen äußeren Anlass für das Verhalten eines Kindes - auch wenn das mit dem Anlass vielleicht gar nichts zu tun hat. Ich denke, dass Dein Sohn noch wenig Frustrationstoleranz hat, das geht ja vielen Kindern (oft Jungs) so. Der Anlass ist da eher Nebensache. Weil ja alle Maßnahmen bisher nichts brachten, würde ich zwei Dinge tun. Zumindest bei uns haben diese beiden Sachen sehr geholfen: Zum einen kannst Du dem unerwünschten Verhalten komplett die Aufmerksamkeit entziehen. Und zum anderen dann in ruhigen Momenten anfangen, über Gefühle zu reden. Heißt: Wenn Dein Sohn mitten im Anfall steckt, würde ich weggehen. Aber nicht sauer und demonstrativ, sondern sichtlich desinteressiert, ein bisschen geistesabwesend. Ich würde das Verhalten also ignorieren und das Zimmer wechseln. („Ah, Moment, ich komme gleich wieder, ich muss schnell...“) Also nicht strafend, sondern als ob Du sowieso woanders was erledigen müsstest (Küche, um Waschmaschine kümmern, zum Briefkasten gehen etc.). Und dann solltest Du die Nerven behalten und warten, bis er wirklich fertig getobt hat. Ein Verhalten, das keine Resonanz auslöst (auch keine negative), kann vom Kind leichter als ineffektiv losgelassen werden. Wenn er dagegen ruhig ist, also so im normalen Alltag, kannst Du ganz betont mit ihm über Gefühle reden. Ein Kind, das seine Gefühle wahrnehmen und artikulieren kann, muss sie nicht mehr rein körperlich ausagieren. Das hat bei meinen Kindern sehr gut funktioniert. Konkret geht das so, dass man die Gefühlslage des Kindes bewusst oft kommentiert: „Ich sehe, du bist total fröhlich - das geht mir auch gerade so!“ oder „Oh, du wirkst traurig. Ist es weil...?“ „Ich verstehe, du bist enttäuscht, weil ich dir das nicht gebe. Aber leider kann ich dir das nicht kaufen, weil es nicht gut für dich ist.“ So in der Art. Nach einiger Zeit wird Dein Sohn es besser schaffen zu sagen, wie es ihm geht. Er wird Worte für seinen Frust (und auch für Freude) haben. Und er wird seine Emotionen besser wahrnehmen können und ihnen nicht so ausgeliefert sein - denn Wörter machen Gefühle besser greifbar. Mach‘ das mal einige Monate ganz bewusst immer wieder am Tag, er wird das bald übernehmen, wirst sehen. LG
Ich danke Dir für Deine ausführliche Antwort, da finde ich einige Anknüpfungspunkte. Ich werde es beim nächsten mal versuchen und bin gespannt wie er reagiert. Ich werde berichten. LG
Meine Tochter hat gelegentlich auch intensive Wutanfälle. Kommt zum Glück sehr selten vor, aber wenn, dann ist es heftig: hauen, beißen, treten, (be)schimpfen, schreien, weinen, toben, Sachen kaputt machen, Regale leeren... Na ja, die ganze Palette. Ich halte sie fest, damit sie mir nicht wehtut oder irgendwas zerstört. Das mache ich aber liebevoll. Ich rede ruhig mit ihr bzw. auf sie ein. Oder ich lasse sie toben ohne viele Worte. Ich bin einfach bei ihr. Irgendwann ist sie durch mit dem Anfall und wir gehen zur Normalität über. Ich bespreche das nicht weiter, frage sie nur, ob es ihr jetzt besser geht, ob es wieder gut ist. Manchmal frage ich sie nach dem Warum. Ich mache ganz bewusst kein Thema daraus. Wut muss raus, sie soll wissen, dass ich dennoch da bin und sie liebe. Bei kleinerem Frust überlege ich mit ihr gemeinsam, was hilft: in einen Boxsack hauen, in Kissen beißen, laut schreien... So lernt sie Techniken, die weniger destruktiv sind. Aber während eines richtigen Tobsuchtsanfalls hilft meines Erachtens nur liebevolles Aushalten und Abwarten...
Es tut gut zu lesen, dass das auch noch woanders vorkommt. Ich bin grundsätzlich bisher auch immer dabei, wenn er tobt. Aber ich hab zugegebenermaßen eher auf ihn eingeredet - mit dem Ziel ihn zu beruhigen - als dass ich ihn habe alles rauslassen lassen. Ich werd’s versuchen, danke Dir! LG
Diese heftigen Gefühlsschwankungen mit Wutanfällen und Trotzreaktionen beim Vorschulkind nennt man umgangssprachlich Wackelzahnpupertät. Die Kinder durchleben in dieser Phase ihre Gefühle intensiver und sie mit diesen überfordert (körperliche und seelische Veränderungen in der Zeit). Online gibt es bestimmt genug Ratschläge zu diesem Thema. Die Dauer dieser Phase kann allerdings niemand vorhersagen. Zusammengefasst: es liegt kein Erziehiehungsfehler vor. Es liegt auch nicht an mangelnder Frustationstoleranz oder exekutiven Funktionen. Ein ganz normaler Entwicklungsvorgang.
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