Vielen Dank für ihre Antwort auf meine letzte Frage (Gefühle unterdrücken). Nun die neue Frage:
Meine Tochter (2 Jahre, 4 Monate) spielt oft mit einem Nachbarskind (fast 3). In letzter Zeit ist der Nachbarsjunge EXTREM besitzergreifend. Meine Tochter darf keins seiner Spielzeuge anfassen und damit spielen. Alles nimmt er ihr weg. Sie lässt sich das gefallen und guckt nur verdutzt. Schließlich hängt sie nur noch auf meinem Schoß, da sie ja mit nichts spielen darf. Das finde ich schade für sie, denn wir waren ja zum Spielen gekommen.
Wie soll ich mich verhalten? Der Nachbarsjunge hat alle Vorteile auf seiner Seite (größer, älter, Junge, sein Revier). Wenn ich die Spielsachen meiner Tochter zurück gebe, heult er. Seine Mutter greift nicht ein, aber ihr Kind gewinnt ja auch immer.
Meine Tochter hat keine Probleme mit dem Teilen. Wir "üben" das auch oft mit ihren Teddys (Rollenspiele).Liegt das unterschiedliche Verhalten an dem 1/2 Jahr Altersunterschied?
Grüße von Kajamaus
Mitglied inaktiv - 11.04.2005, 22:10
Antwort auf:
Teilen lernen
Stichwort Tauschen und Teilen
Hallo, nein, das liegt sicher nicht an dem kleinen Altersunterschied. Zunächst einmal ist Teilen für Kinder eine schwierige Angelegenheit. Da sie ihr Selbst mit angeblich in ihrem Besitz befindlichen Gegenständen, also v.a. Spielzeug, aufwerten, fällt es ihnen nicht ein, etwas abzugeben oder zu teilen. Im Gegenteil, wenn sie einen hohen Bedarf nach Stärkung ihres Selbst haben, maßen sie sich schnell an, "alles" zu besitzen. Daß Ihre Tochter mit ihrem Teddy teilt, ist nicht dasselbe, denn der Teddy dient ihr als Übergangsobjekt (Stichwort), mit dem sie leicht teilen kann. Er ist kein Rivale.
Es ist nicht ganz falsch von der Mutter des kleinen Jungen, nicht einzugreifen, denn sie würde ihren Jungen kränken, wenn sie ihm das Spielzeug abnähme, um es ihrer Tochter zu geben. Entweder erobert es ihre Tochter sich zurück, oder es bleibt bei dem Jungen.
Dadurch ist natürlich das soziale Spiel unterbunden. Aber Kinder bis 3 Jahre können nur schwer sozial miteinander spielen. Meistens nehmen sie sich nur gegenseitig alles weg und fangen Streit an. Nun wird von Erzieherinnen und Eltern immer wieder darauf gedrungen, daß Friede im Kinderzimmer einkehrt und das Spielzueg einigermaßen gerecht verteilt ist, aber das ist nur ein Scheinfriede unter der Oberherrschaft von Pädagogen. In Wirklichkeit achtet jedes Kind darauf, sich blitzschnell wieder Vorteile verschaffen zu können. Am besten ist es, man befriedet die Parteien wie Blauhelmsoldaten in Krisengebieten und sorgt dafür, daß von allem genug da ist, damit kein Neid aufkommen kann. Auch ein gelenktes Spiel kann sehr hilfreich sein, bei dem das eine Kind sagen wir die Bauklötze bekommt, das andere dafür die Bälle oder das Feurwehrauto. Nachher wird getauscht. Überhaupt spielt der Tausch gegenüber dem Teilen im Kleinkindalter die viel größere Rolle. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 13.04.2005